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Drittelbilanz 2014/2015

10 von 30 Partien sind inzwischen in der Regionalliga Nordost absolviert und somit ist es an der Zeit für die hier im Blog schon mehrfach angekündigte erste Zwischenbilanz. Nach eher emotionalen letzten Wochen, die den erschreckenden Wandel des 1. FC Magdeburg vom Staffelsiegeranwärter zum potentiellen Abstiegskandidaten gesehen haben, tut vielleicht zur Abwechslung mal wieder ein etwas analytischerer Blick auf die derzeitige Situation und den bisherigen Saisonverlauf ganz gut. Auch wenn es schwerfällt und gelegentliche emotionale Entgleisungen wohl kaum zu vermeiden sein werden.

Schauen wir also zunächst auf die bisherige Punkteausbeute: nach 10 absolvierten Spielen stehen hier für die Größten der Welt 11 Punkte zu Buche, was Platz 12 in der 16er-Liga bedeutet. Der Abstand zum ersten Abstiegsplatz beträgt lediglich 2 Punkte; auf den ersten Rang, den derzeit der FSV Zwickau innehat, sind es 11 Punkte Rückstand. Folgerichtig brauchen wir vom Aufstieg bzw. vom Staffelsieg nicht mehr zu sprechen und tun gut daran, uns derzeit erst einmal nach unten zu orientieren. Dies sieht inzwischen erstaunlicherweise auch die sportliche Leitung so, wie jüngst in der Lokalpresse zu vernehmen war – eine Kehrtwende von 180 Grad („Kallnik hält am Saisonziel fest“ – Volksstimme vom 18.10. | „Von der Meisterschaft brauchen wir nicht mehr reden“ – Volkstimme vom 21.10.) innerhalb von nur 4 Tagen. Bezüglich des auf die Liga bezogenen Saisonziels ist die Mannschaft also bisher deutlich hinter allen Erwartungen zurückgeblieben und wird diese in der derzeitigen Verfassung mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht mehr erfüllen können. Mal zum Vergleich: In der Spielzeit 13/14 holte man in den ersten 10 Spielen 17 Punkte, in der Saison 12/13 waren es nach 10 Begegnungen sogar 18 Zähler.

Der Grund für die Misere liegt dabei – rein vom Zahlenwerk – auf der Hand: Während man zuhause von 5 Spielen immerhin 3 gewinnen konnte und mit 10 Punkte und 10:4 Toren in der Heimtabelle auf dem vierten Platz rangiert, gingen auswärts 4 von 5 Spielen verloren und kassierte man 11 Gegentore. Das bedeutet Platz 14 in der Auswärtstabelle, schlechter sind nur der SV Babelsberg und der ZFC Meuselwitz. Neben grotesken Auftritten wie gegen Halberstadt und den Berliner AK waren auch Spiele dabei, in denen man sich zumindest Torchancen erarbeitete, sich allerdings vorwerfen lassen muss, diese nicht mal ansatzweise konsequent genutzt zu haben. Tja, und wenn Du vorne die Dinger nicht machst und hinten mindestens einmal in jedem Spiel pennst bzw. den Gegner zum Tore schießen einlädst, kannst Du halt auch keine Spiele gewinnen.

Deutlich besser sieht es da schon in den Pokalwettbewerben aus. Das Spiel in der ersten Runde des DFB-Pokals konnte sensationell gewonnen werden, in der zweiten Runde wartet nun bekanntermaßen die Elf von Bayer 04 Leverkusen. Hier ist die Mannschaft also mehr als im Soll. Im Landespokal steht man souverän im Viertelfinale und trifft dort am 14.11. auf die SG Union Sandersdorf. Das wird sicher keine einfache Begegnung (zumal, wenn die Ergebnisse und das Auftreten der Mannschaft sich in den bis dahin noch ausstehenden 4 Spielen nicht deutlich ändern), sollte aber allein aufgrund der Ligenzugehörigkeit beider Teams eine klare Sache für Blau-Weiß werden.

Auch in der Zuschauergunst steht der 1. FC Magdeburg, sicherlich anfangs auch noch getragen von den guten Ergebnissen in der letzten Spielzeit und dem erfolgreichen Auftritt im DFB-Pokal, sehr gut da und ist mit einem Schnitt von 6.224 Zuschauern pro Spiel (Quelle: FuPa.net) voll im Plan. Allerdings ist zu befürchten, dass der Schnitt sich weiter nach unten verändert (die Partie gegen Neustrelitz wollten ’nur‘ noch 5.040 Zuschauer sehen), sollte die Mannschaft nicht bald wieder bessere Ergebnisse einfahren. Zuschauertechnisch kommt uns derzeit allerdings der Spielplan ganz gut entgegen, weil direkt im nächsten Liga-Heimspiel das Traditionsduell gegen den FC Carl Zeiss Jena ansteht. Sollte man also in Bautzen punkten und sich gegen den Champions-League-Teilnehmer aus Leverkusen achtbar aus der Affäre ziehen, könnte es auch zuschauertechnisch für die Partie gegen die Thüringer noch mal etwas Schwung geben. Bei aller Freude über die Pokalerfolge und Zuschauerzuspruch bleibt aber letzten Endes der Punktspielbetrieb das tägliche Brot und eben der Aspekt, an dem sich Mannschaft, Trainer und sportliche Leitung messen lassen müssen. Und da kann man nach 10 Ligaspielen eben nur konstatieren, dass derzeit ein paar Dinge ofenbar gewaltig schief laufen. Was sind also (mögliche) Ursachen für die momentan insgesamt sehr unbefriedigende Situation?

Solche wirklich mit einer gewissen Sicherheit bestimmen zu wollen, ist aus Fan-Perspektive immer mehr oder weniger ein Blick in die Glaskugel – dazu ist ein sehr großer Teil von uns, meine Wenigkeit eingeschlossen, viel zu weit weg von der Mannschaft und so Dingen wie der täglichen Trainingsarbeit, der Spiel- und Taktikbesprechungen usw.. Vieles bleibt also Spekulation, weil die öffentlich sichtbaren Dinge wie Punktspiele etc. notwendigerweise nur ein kleiner Ausschnitt dessen sind, was den Erfolg – oder in unserem Fall den Mißerfolg – letzten Endes insgesamt ausmacht. Trotzdem gibt es den einen oder anderen Punkt, der zumindestens mal erwähnenswert ist.

Einer davon sind die Neuzugänge. Mit Ausnahme von Niklas Brandt, der sich (aus meiner Sicht völlig zu Recht) einen Stammplatz erkämpfen konnte, gelang es noch keinem neu hinzugekommenen Spieler, sich in Magdeburg entscheidend durchzusetzen. Jan Glinker ist erst seit zwei Partien die Nummer Eins im Tor und hat zumindest mich ganz persönlich bisher noch nicht davon überzeugen können, dass er Matthias Tischer leistungsmäßig so viel voraus hat, dass man diese Beförderung ohne Wenn und Aber gutheißen könnte. Silvio Bankert, in fittem Zustand in der Innenverteidigung sicher absolut gesetzt, hatte bereits früh mit Verletzungen zu kämpfen. Das ist für natürlich für Bankert selbst, aber auch für die Mannschaft richtig unglücklich gelaufen und kann leider immer passieren; inzwischen hat sich Bankert aber immerhin schon wieder bis auf die Ersatzbank zurückgekämpft, was Mut macht für das zweite Saisondrittel. Die bisher größte Enttäuschung ist sicherlich Marcel Schlosser, der mit vielen Vorschusslorbeeren aus Jena kam und sich im bisherigen Saisonverlauf erstaunlich oft auf der Bank wiederfand (er stand bei 9 Ligaeinsätzen 4 Mal in der Anfangself und wurde 5 Mal eingewechselt). Über die Gründe kann man hier nur mutmaßen, aber die Situation ist sicherlich zu allererst für Schlosser selbst ziemlich unbefriedigend.

Fakt ist also, dass von drei vermeintlichen Top-Neuzugängen (Jan Glinker lasse ich mal außen vor) lediglich einer regelmäßig spielt und insofern für das erste Saisondrittel von einer wirklichen Qualitätssteigerung durch Neuzugänge im Vergleich zur Vorsaison eigentlich kaum gesprochen werden kann. Die anderen Sommertransfers Kevin Kruschke, Sven Reimann und Nicolas Hebisch fielen für mich (hier nachzulesen) bereits zum Zeitpunkt ihrer Verpflichtung eher in die Kategorie ‚Ergänzungsspieler’ und haben mich mit den bisher erhaltenen Spielanteilen in dieser Meinung bestärkt. Es mag aber durchaus sein, dass die Spieler insgesamt mehr Qualität mitbringen als diejenigen, die für sie Platz machen mussten, was anhand des bisher Gesehenen aber nur schwer zu beurteilen ist.

Ein anderer Punkt, der in die derzeitige Situation hineinspielt, ist dann doch auch der der Verletzungen. Die (be)trafen vor allem den Bereich der Innenverteidigung, wenn man jetzt mal in der Kategorie ‚Stammpersonal‘ denkt: Silvio Bankert habe ich bereits angesprochen, Felix Schiller kam zum einen nicht optimal in die Saison und setzt zum anderen sperren- und verletzungsbedingt jetzt schon seit dem Plauen-Spiel (4. Spieltag) aus. Dazu kommt Christopher Handke, der ebenfalls (und aus den gleichen Gründen) erst 7 Spiele absolvieren konnte, davon 6 von Beginn an. So war und ist Jens Härtel gezwungen, auf der Innenverteidigerpositionen immer wieder Änderungen vorzunehmen, die unserem Spiel augenscheinlich nicht wirklich gut tun. In diesem Zusammenhang gibt es aber tatsächlich einen Lichtblick, und der hört auf den Namen Torge Bremer. Der erst 20jährige wurde aufgrund der verschiedentlichen Ausfälle notwendigerweise in den Mix geworfen und macht meiner Meinung nach seine Sache bisher wirklich sehr ordentlich. Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann wäre das ein Innenverteidigerduo Bankert – Bremer, in dem der Junge vom Erfahrenen profitiert, sich über weitere Einsätze noch mehr Sicherheit erspielt und weiter steigern kann.

Außerdem im Lazarett befindet sich seit einiger Zeit schon Christoph Siefkes, der bisher lediglich auf 4 Regionalligaeinsätze kam und offenbar bisher nicht adäquat ersetzt werden konnte – was uns wieder zur Frage der Kaderplanung und damit zusammenhängend der Transferstrategie bringt. Insgesamt ist es eben so, dass Jens Härtel als neuer Trainer im Wesentlichen auf die Spieler setzt und setzen muss, die auch in der vergangenen Saison schon hier waren. Hinsichtlich des Ziels, von der Qualität und der Mentalität her Spieler verpflichten zu wollen (oder vermeintlich verpflichtet zu haben), die uns wirklich weiterbringen, ein schlechtes Zeugnis.

Hinzu kommt dann noch der Eindruck, dass die Mannschaft (noch) nicht verstanden zu haben scheint, was Jens Härtel eigentlich von ihr will – ein Punkt, der auch in den lokalen Medien zuletzt geäußert wurde und nach 10 Spielen sowie einer kompletten Sommervorbereitung durchaus erstaunlich ist. Während in den vergangenen Jahren eine – wenn auch ziemlich ausrechenbare – Spielidee zu erkennen war, die im Wesentlichen hohe Flanken von den Flügeln auf den Kopf von Christian Beck vorsah, wirkt in dieser Saison und insbesondere mit dem Einsetzen der Niederlagenserie vieles planlos und hat es mitunter den Anschein, als wüssten die Spieler in den entscheidenden Momenten gar nicht, was sie jetzt eigentlich machen sollen. Und wenn man dann noch eine chronische Kreativitätslücke im Mittelfeld hat, ist unter diesen Umständen auch in der vierten Liga ein ansehnliches, planvolles, durchdachtes und ergo erfolgreiches Spiel kaum möglich. Ein Lars Fuchs allein kann es dann auch nicht komplett herausreißen.

Fazit: Die Ausbeute aus den ersten 10 Spielen darf man gut und gerne und gemessen an den mal gemachten Ansagen als katastrophal verbuchen. Mut macht aber auch in dieser Situation, dass mit Silvio Bankert ein vermeintlicher Führungsspieler wieder in den Kader drängt und dass es mit Torge Bremer zumindest einen Spieler gibt, der in der aktuellen Lage vielleicht sogar einen Schritt nach vorn machen konnte. Mut macht außerdem, dass es in der Mehrzahl der 10 Partien nicht an Gelegenheiten mangelte, die Mannschaft also trotz der schlechten Ergebnisse durchaus in der Lage ist, Fußball zu spielen. Weniger Mut macht die eigentlich nicht vorhandene Körpersprache und Gegenwehr im letzten Auftritt gegen Neustrelitz, in dem der gemeine Fan eigentlich Attribute wie Kampf, Leidenschaft und Einsatz erwartet hätte, mit denen man den Ball dann einfach auch mal über die Linie zwingen muss. Das ist ein Mentalitäts- und Einstellungsproblem; ersteres ist schwierig zu korrigieren, zweiteres schon eher. Hier ist jetzt Jens Härtel gefragt, zu zeigen, was er wirklich drauf hat. Zusätzlich bedenklich ist, dass das Team nach 10 Spielen noch immer nicht erkennen lässt, Härtels anspruchsvolles System im notwendigen Maß verinnerlicht zu haben – für den Trainer neben der psychologischen Arbeit sicherlich die größte Baustelle. Sollte er die und ergo auch die Mannschaft in den Griff kriegen, kann man sich zur Winterpause neu sortieren und in der zweiten Saisonhälfte einiges wieder gerade rücken. Andernfalls könnte es relativ schnell relativ dunkel werden – und das würde dann nicht nur der Trainer, sondern mit Sicherheit auch das Umfeld nicht allzu gut verkraften.

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