1. FC Magdeburg – FC Carl Zeiss Jena, 12. Spieltag, 3-0 (2-0)
Was für eine beeindruckende Vorstellung des 1. FC Magdeburg gegen den FC Carl Zeiss Jena am 12. Spieltag in der Regionalliga Nordost! Wer gedacht hatte, dass Köpfe und Beine der Blau-Weißen nach dem Pokalfight gegen Leverkusen unter der Woche erschöpft und schwer wären, musste sich eines besseren belehren lassen – bis auf eine kurze Phase von etwa 20 Minuten in der ersten Halbzeit hatten die Magdeburger die Partie gegen Jena voll im Griff, waren über das gesamte Spiel hinweg die insgesamt bissigere, aggressivere, kompromisslosere und deutlich effektivere Mannschaft und siegten so am Ende auch in der Höhe völlig verdient mit 3-0 vor 7.021 Zuschauern gegen den alten Rivalen von den Kernbergen.
Die Anfangself war im Wesentlichen die gleiche wie gegen Leverkusen, für Nils Butzen rückte allerdings Lars Fuchs zurück ins Team. Butzen gehört in dieser Begegnung gar nicht zum Kader und hat wohl mit einer kleineren Verletzung zu kämpfen; René Lange drückte über die gesamten 90 Minuten die Bank. Sieht ganz danach aus, als würde die Denkpause für Lange noch ein wenig andauern…. Taktisch ergab sich im Übrigen eine recht interessante Konstellation, weil Blau-Weiß hinten quasi mit einer Fünferkette begann, bei der Schlosser links und Hammann rechts den offensiveren Part gaben und (zumindest in der ersten Hälfte) ziemlich hoch standen, sich aber auch immer mal wieder in besagte Kette zurückfallen ließen. In der Innenverteidigung dann Schiller und Puttkammer und Bankert irgendwie auch (als verkappter Rechtsverteidiger oder dritter Innenverteidiger, je nach Bedarf), davor im defensiven Mittelfeld Brandt und Sowislo. Offensiv gab es mit Lars Fuchs links, Christian Beck zentral und Christoph Siefkes rechts ein Dreigestirn.
Diese Aufstellung führte dazu, dass der FCM insgesamt sehr flexibel agieren konnte und das auch tat, was mich erst ziemlich verwirrte und mir dann aber sehr gut gefiel. Jena nicht so, die sich in den ersten Minuten schwer taten gegen eine Magdeburger Mannschaft, die in etwa da weitermachte, wo sie gegen Leverkusen aufgehört hatte: Kein Ball wurde verloren gegeben, bei missglückten Abspielen sofort nachgesetzt und jeder Zweikampf wurde hart und kompromisslos geführt. Dadurch, dass der Gegner aber auch einiges an individueller Klasse auf den Platz bringen konnte (Jovanovic!) und im Prinzip in der ersten Hälfte immer gefährlich blieb, entwickelte sich ein intensives und äußerst spannendes und unterhaltsames Spiel. Unserer Mannschaft war es dann vorbehalten, nach reichlichen 10 Minuten den Führungstreffer zu erzielen: nach einer Ecke köpfte unser etatmäßiger Torjäger Christian Beck den Ball mustergültig ins Tor. Das 2-0 dann eine sensationelle Freistoßfackel von Nico Hammann, quasi eine Niklas-Brandt-Gedächtnisgranate ;-). Von der Nordtribüne aus war schön zu sehen, wie der Ball ordentlich flatterte und dann auf der linken Seite des Kastens einschlug. Prädikat: Traumtor.
Was man den Gästen aber zugute halten muss ist, dass sie nie den Kopf in den Sand gesteckt haben, sondern bis zum Abpfiff versuchten, zum Torerfolg zu kommen. So hätte es auch gut und gerne mit 2-1 in den Halbzeit gehen können, gab es doch kurz vor dem Pausentee noch die eine oder andere Standardchance für die Jenaer. Beim letztendlichen Torabschluss blieb Carl Zeiss aber die gesamte Spielzeit über weitestgehend harmlos. Wenn ich mich richtig erinnere, musste Keeper Glinker sogar erst etwa in der 80. Minute das erste Mal aus dem Spiel heraus ernsthaft eingreifen.
Das Engagement auf dem Platz übertrug sich auch gleich auf die Ränge – die Nordtribüne hatte mal wieder einen außerordentlich guten Tag erwischt! Aus der gut gefüllten Gästekurve war eigentlich kaum etwas zu hören und allerspätestens, nachdem auf ein „Ihr seid scheiße, wie der RWE!“ der Gäste unsererseits ein „Ihr seid leise, wie der RWE“ folgte war klar, wer stimmungstechnisch hier den Takt angab. Für mich das persönliche Highlight der ersten Hälfte.
Nach der Pause ergab sich unten auf dem Rasen eigentlich das gleiche Bild wie in Halbzeit 1, wobei Blau-Weiß es nun ein wenig defensiver anging und sich zunächst bis kurz hinter die Mittellinie in die eigene Hälfte zurückzog. Das änderte sich aber relativ schnell, als klar wurde, dass Jena an diesem Tag nichts wirklich Substanzielles mehr würde dagegen setzen können – im Gegensatz zur ersten Hälfte blieben jetzt auch die Standards der Gäste im Prinzip gänzlich ungefährlich. Dazu kamen einige abenteuerliche Abschläge des Jenaer Torwarts, die natürlich nun von der Nordtribüne, vor der er die zweite Spielhälfte verbringen musste, jedes Mal entsprechend kommentiert wurden. Der FCM in der zweiten Hälfte für meinen Geschmack wirklich bockstark und folgerichtig in der 68. Minute dann auch mit der 3-0-Vorentscheidung durch Christian Beck, der wohl endgültig wieder der Alte ist und einen Kopfball unhaltbar an den linken Innenpfosten zirkelte, von wo aus die Kugel den Weg ins Tor fand. Schöne Bude!
Der Rest des Spiels war dann nach längerer Zeit mal wieder eine richtig schöne Party mit lauten, alten Gassenhauern, Block-Polonaise, Hüpfeinlagen und allem, was eben so dazugehört. Doch, das hat mal wieder richtig großen Spaß gemacht! Danke, Jungs!
Nach dem Spiel gegen Leverkusen und jetzt dem gegen Jena kann man sich schon nur noch völlig verwundert am Kopf kratzen, wenn man an die Auswärts-Negativtour oder das Katastrophenspiel gegen die TSG Neustrelitz denkt. Da steht inzwischen irgendwie eine ganz andere Mannschaft auf dem Platz und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass das nur und ausschließlich an der Gesundung des Silvio Bankert liegen soll. Was auch immer nach dem Neustrelitz-Spiel passiert ist, hat jedenfalls seine Wirkung nicht verfehlt. Noch so ein Beleg: Nach Abpfiff, Ehrenrunde und Einklatschen mit der Kurve konnte man noch einen ziemlich heftigen Disput zwischen Marcel Schlosser und Kevin Kruschke beobachten, bei dem es der Gestikuliererei nach wohl um eine Spielszene ging, in die Kruschke involviert gewesen sein muss. Jedenfalls war der Kollege Schlosser mit irgendetwas überhaupt nicht einverstanden und hat dem jüngeren Kruschke da offensichtlich mal so richtig die Meinung gegeigt – und das nach einem überzeugenden Heimsieg. So möchte man das sehen von Spielern, die eben auch als vermeintliche Führungsspieler nach Magdeburg geholt worden sind!
Nach dem Pokalspiel sagte Trainer Jens Härtel richtigerweise, dass wir in dieser Form nur sehr, sehr schwer zu schlagen sein werden – das Spiel gegen Jena hat gezeigt, dass da definitiv etwas Wahres dran ist. Die Frage ist jetzt nur, ob es endlich mal gelingt, dieses Engagement, diesen unbedingten Willen und diese enorme Einsatz- und Spielfreude konstant zu halten und Spieltag für Spieltag wieder abzurufen. Ihr auf dem Rasen und wir auf den Rängen – und zwar in jedem Spiel. Dann klappt es auch weiter mit den richtigen Ergebnissen!