„Eines ist klar – der 1. FCM im Aufstiegsjahr!“
Eine Woche ist vergangen, seitdem die Größten der Welt in Offenbach den Aufstieg in die 3. Liga perfekt machten. Eine Woche, in der der Mannschaft von über 10.000 Fans auf dem Alten Markt ein triumphaler Empfang bereitet wurde, in der bereits die ersten Neuverpflichtungen für die kommende Spielzeit verkündet wurden und in der die Spieler einen Party-Kurztrip nach Mallorca unternahmen. Eine Woche auch, in der so langsam, aber sicher einsickerte, was in der Spielzeit 2014/2015 passiert ist: Wir haben es endlich, nach 25 Jahren Amateurfußball, in den gesamtdeutschen Profibetrieb geschafft. Bevor sich nun auch der Blog in eine (kurze) Sommerpause verabschiedet, ist es an der Zeit, etwas ausführlicher auf eine in vielerlei Hinsicht bemerkenswerte Spielzeit zurückzublicken.
Die begann zunächst erst einmal mit einem neuen Trainer. Jens Härtel heuerte an der Elbe an und übernahm das Team von Andreas Petersen, der in den beiden Jahren zuvor sehr erfolgreich gearbeitet hatte, den Club wieder konkurrenzfähig machte und den Verein zu zwei aufeinanderfolgenden Landespokalsiegen führte. Kein leichtes Erbe für Härtel, der noch dazu von RB Leipzig nach Magdeburg wechselte, wo er zuvor die A-Junioren betreute. Zugegebenermaßen war auch ich etwas skeptisch, ob das wohl funktionieren kann – allerdings nicht aufgrund von Härtels vorheriger Trainerstation, sondern eher angesichts der Tatsache, dass er im Prinzip innerhalb einer Spielzeit den Staffelsieg und den Aufstieg bewältigen sollte. Und das mit einer neuen Spielidee und taktisch anspruchsvollen Ideen, die ja auch erst einmal verinnerlicht werden wollen.
In der Rückschau bleibt nur zu sagen, dass diese Skepsis glücklicherweise unbegründet blieb, allerdings dauerte es eine Weile, bis die Mannschaft verstanden hatte, was Härtel ihr vermitteln wollte. Das Resultat war der 12. Platz nach 10 Spielen und ein Rückstand von 11 Punkten auf den FSV Zwickau. Auch hier im Blog herrschte Frust und Enttäuschung und es sah alles danach aus, als würde man mal wieder ohne Not eine gute Ausgangsposition verspielen und nach zwei Jahren Aufbauarbeit wieder von vorne beginnen. Allerdings zeigte sich in dieser Phase eine neue Qualität beim Club, die ganz eng mit dem Namen „Mario Kallnik“ verbunden ist: Statt (wie sonst üblich) alle Pläne über den Haufen zu werfen, irgendwelche Ultimaten auszusprechen und möglicherweise sogar den Trainer zu feuern, ging man in der Führungsetage der Blau-Weißen einen anderen Weg. Man stärkte Jens Härtel demonstrativ den Rücken und übernahm unter anderem dadurch die Initiative, dass sich Mario Kallnik im Rahmen eines Fanabends am 15.10.2014 der Anhängerschaft und vor allem den Vorwürfen und der Kritik stellte. Über zwei Stunden lang und hier (via Youtube | Sportfotos MD) in voller Länge nachschaubar.
Das folgende Spiel zuhause gegen Neustrelitz wurde zwar verloren (was dann eben den besagten 10. Platz einbrachte), im Anschluss ging es aber bergauf und startete die Mannschaft mit dem 6-0 bei Budissa Bautzen eine Serie, die inzwischen Legende ist. Bis zum Saisonende verlor man ab da nur noch eine einzige Begegnung, und zwar die bedeutungslose letzte zuhause gegen Viktoria Berlin. Der Lohn waren eine Rieseneuphorie im Umfeld, die sich auch im Zuschauerschnitt von 8.577 (!) niederschlug, sowie der Staffelsieg, den man am 29. Spieltag bei der zweiten Mannschaft von Hertha BSC unter Dach und Fach bringen konnte.
Bemerkenswert ist dieser Lauf im Nachhinein auch deshalb, weil die Größten der Welt während der Saison schmerzhafte Ausfälle zu beklagen hatten: Zwar blieb das Gerüst der Mannschaft insgesamt einigermaßen stabil, dafür fiel aber der bärenstarke Niklas Brandt die gesamte Rückrunde mit einer verzwickten Knochenhautentzündung und einigen weiteren gesundheitlichen Problemen aus. Sein Ersatz, Sven-Torge Bremer, konnte zwar ebenfalls überzeugen, dann aber aufgrund einer Verletzung in den letzten 10 Spielen auch nicht mehr mitwirken. Übrig blieb also Sven Reimann, der bis zum 19. Spieltag gerade einmal 208 Minuten Regionalligaluft schnuppern durfte und sich aber im Saisonendspurt und vor allem der Relegation zu einem ganz wichtigen Faktor entwickelte.
Auf der Torhüterposition kam es ebenfalls zu Wechseln, und zwar gleich zweimal: In die Punktspiele startete Jens Härtel zunächst mit Matthias Tischer, der nach dem 9. Spieltag allerdings seinen Stammplatz an Konkurrent und Neuzugang Jan Glinker verlor. Dieser wiederum hielt seinen Kasten im weiteren Saisonverlauf weitestgehend sauber und musste insgesamt lediglich 6x hinter sich greifen – bis ihm am 27. Spieltag in der Begegnung bei Carl Zeiss Jena das Innenband im Knie riss und fortan ‚Tischi‘ wieder zwischen den Pfosten stand.
Geschadet haben diese notgedrungenen personellen Veränderungen dem Mannschaftserfolg allerdings nicht – was deutlich für die Kaderzusammenstellung und das Gespür der sportlichen Leitung spricht. Großartig auch, mit welchem Vertrauen Jens Härtel sehr jungen Spielern Verantwortung überträgt, was neben Sven Reimann insbesondere auch für Tarek Chahed gilt, der für mich, auch wenn er nur 118 Regionalliga- und 48 Relegations-Minuten sammeln konnte, eine der überaus positiven Überraschungen der abgelaufenen Spielzeit ist.
Eine andere sind die Auftritte der Mannschaft in den ersten beiden Runden im DFB-Pokal. Interessanterweise kamen sowohl die Begegnung gegen den FC Augsburg als auch das Kräftemessen mit Bayer 04 Leverkusen eigentlich zu absoluten Unzeiten: Vor der Partie gegen Augsburg steckte man gerade in einem nicht ganz so überzeugenden Saisonstart und trug jüngst noch die Hypothek einer blamablen 2-4-Auswärtsniederlage bei Germania Halberstadt mit sich herum. In der zweiten Runde hatte man zwar in der Liga gerade den viel zitierten Bock umgestoßen, allerdings auch direkt im Anschluss an die Begegnung das schwere Spiel gegen Jena vor der Brust. Aber was soll man sagen in einer Saison, in der so gut wie alles passt? Augsburg wurde mit einem 1-0-Sieg aus dem Wettbewerb gekegelt, Leverkusen musste gegen uns ins Elfmeterschießen und hatte Glück, nicht in der regulären Spielzeit gleich zweimal auszuscheiden. Müßig, zu erwähnen, dass die Begegnung gegen Jena anschließend völlig verdient und absolut überzeugend mit 3-0 gewonnen wurde.
Der eigentliche Wahnsinn begann aber erst nach Punktspielschluss, das eigentliche Meisterstück nämlich machten sowohl Jens Härtel als auch seine Jungs in der anschließenden Relegation. Was war das insgesamt für eine unheimlich krasse Woche! Zunächst am 27.05.2015, einem Mittwoch, das Aufstiegs-Hinspiel in Magdeburg gegen die Kickers aus Offenbach. 370 km einfache Strecke? Unter der Woche? Scheißegal! Ab ins Auto, ab ins HKS und ab auf eine Gefühlsachterbahn, an deren Ende schließlich ein viel zu niedriger 1-0-Erfolg stand. 370 km wieder zurück, 3 Stunden schlafen, noch zwei Tage arbeiten und am 31.05. schließlich das absolute Endspiel. Offenbach, ausverkauftes Haus, sehr angespannte Atmosphäre – und das Gegentor in Minute 24. Dann die großen Auftritte von Schiller, Fuchs, Hebisch und Co., ein Offenbacher Platzsturm und am Ende tatsächlich der 3-1-Auswärtserfolg. Der FCM war wieder da! Der FCM war in der 3. Liga.
Ich denke, dass uns die ganze Tragweite des in dieser Saison Erreichten in vollem Umfang erst in einigen Wochen und Monaten bewusst werden wird, wenn wir dann vor womöglich ausverkauftem Haus gegen Dynamo Dresden spielen oder mit mehreren tausend Blau-Weißen in Rostock einreiten. Bis dahin bleibt zu bilanzieren, dass der 1. FC Magdeburg vielleicht erstmals seit der Wiedervereinigung in einer einzigen Saison wirklich so ziemlich alles richtig gemacht hat. Und das ist nach 25 Jahren Amateurfußball ein verdammt gutes Gefühl.
Und sonst?
Auch der Blog hat in der Saison 2014/2015 insgesamt eine tolle Entwicklung genommen: Über 500 Menschen gefällt er inzwischen auf Facebook, über 300 Nutzer folgen dem @FCMBlog auf Twitter, die Seitenaufrufe stiegen kontinuierlich und der regelmäßige LeserInnenkreis ist ebenfalls größer geworden. Dafür an dieser Stelle einfach mal ein riesiges Dankeschön! Der Zuspruch freut mich sehr und ist gleichzeitig natürlich Ansporn und Motivation, die Entwicklung des Clubs auch in Zukunft hier im Blog regelmäßig zu begleiten. Die 3. Liga stellt dabei allerdings eine neue Herausforderung dar: Es gibt mehr Spiele, die Aufmerksamkeit steigt und gleichzeitig gibt es da ja immer noch den eigenen Anspruch, qualitativ ordentliche Sachen abzuliefern, nicht einfach nur irgendwie dabei zu sein und sich vor allem weiter treu zu bleiben. Es gilt also, sich Gedanken zu machen, wie es weitergehen kann und soll. Fest steht aber, dass „Nur der FCM!“ den Schritt in die 3. Liga selbstverständlich mitgehen wird.
Was bleibt also unter dem Strich von der Saison 2014/2015? Nun, das ist vor allem eins: Dankbarkeit. Dankbarkeit, über den Fußball einmal mehr neue, großartige Menschen kennengelernt und tolle Kontakte geknüpft zu haben. Dankbarkeit auch, dieser Mannschaft beim Zusammenwachsen und Erfolge feiern zugesehen haben zu dürfen. Dankbarkeit einfach, in dieser historischen Saison dabei gewesen zu sein.
FC Magdeburg – Du bist niemals alleine! Wir sind die Größten der Welt!
Habt einen schönen Sommer – wir lesen uns in Liga 3!
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