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Eine Zwischenbilanz in siebeneinhalb Akten

Zwischenbilanz in siebeneinhalb Akten

10 Spiele sind inzwischen in der Drittligasaison 2016/2017 absolviert, etwas mehr als ein Viertel der zweiten Profifußball-Spielzeit liegt also tatsächlich schon wieder hinter uns. Und da das ungeschriebene Fußballmedien-Regelwerk für diesen Zeitpunkt offenbar eine erste kleine Zwischenbilanz vorsieht, soll diese dementsprechend natürlich auch hier im Blog gezogen werden. Schauen wir also mal, wo der 1. FC Magdeburg im Moment so steht, was es in Sachen Spielsystem zu sagen gibt, wie sich die einzelnen Mannschaftsteile bisher so schlagen und welche Eindrücke unsere Neuzugänge bis dato so hinterlassen haben. Es folgt: eine Zwischenbilanz in siebeneinhalb Akten.

Der bisherige Saisonverlauf

Nach holprigem Start hat sich der 1. FC Magdeburg mittlerweile gefangen und steht in der Tabelle mit 16 Punkten auf dem zehnten Tabellenplatz. Die 1,6 Zähler pro Partie sind vollkommen in Ordnung und übertreffen sogar knapp die 1,5 aus der Vorsaison zum gleichen Zeitpunkt. Angenommen, der Club würde so weiter punkten, stünden am Ende der Spielzeit knapp 61 Zähler zu Buche; vergangenes Jahr hätte das den Platz bedeutet, der es am Ende auch tatsächlich geworden ist, den vierten nämlich. Wie dynamisch, unberechen- und damit im Prinzip auch nicht prognostizierbar die 3. Liga allerdings ist, zeigt ein Blick auf die bisherigen Serien des Clubs: Nach vier sieglosen Spielen in Folge (davon 3 Niederlagen) zwischen dem 13.08. und dem 10.09. fand sich der Club auf dem ersten Abstiegsplatz wieder. Es folgten vier Siege in Serie, die das Team auf den derzeitigen zehnten Rang führten; mittlerweile beträgt der Abstand auf den ersten direkten Aufstiegsplatz (!) lediglich einen Punkt. Verrückt.

Dass es zunächst nicht so gut und zuletzt immer besser lief, mag unter anderem auch am zur Verfügung stehenden Personal liegen bzw. gelegen haben. So kehrte Defensiv-Turm Felix Schiller, genau wie Mittelfeld-Organisator und Kapitän Marius Sowislo, erst im fünften Punktspiel (dem Nachholspiel in Zwickau) in die Mannschaft zurück. Mit viel Wohlwollen und dem Spiel in Mainz als kleinem Ausrutscher könnte man also sagen, dass beide mit ihrer Rückkehr in die Mannschaft einen großen Teil zum Umschwung beigetragen hätten. Was natürlich nicht so ganz hinkommt, weil die Partien vorher ja nicht alle ausnahmslos schlecht waren – erinnert sei nur an Osnabrück oder Paderborn. Außerdem meldete sich gegen Zwickau erstmals auch Sebastian Ernst wieder einsatzbereit, was für den Trainer eine weitere Option im (Angriffs-)Spiel bedeutete.

Was die Aufstellungen betrifft, passierte es bisher erst einmal, dass Jens Härtel in zwei aufeinander folgenden Spielen (Paderborn und Osnabrück) die gleiche Startelf aufs Feld schickte. Ansonsten wurde insbesondere in Mittelfeld und Abwehr (auch verletzungsbedingt) fleißig rotiert und einiges ausprobiert, was auch an der Grundordnung ablesbar ist.

Das Spielsystem

Seit dem Auftakt zur ersten kleinen Siegesserie in Münster spielt die Mannschaft im 3-5-2, mit Nico Hammann als zentralem Verteidiger und Christian Beck sowie Manuel Farrona Pulido im Sturm. Davor versuchte man es zunächst im 3-4-3 und mit recht unterschiedlichem Erfolg. Setzte es im Heimauftakt gegen Köln noch drei Gegentore, machte man die im darauffolgenden Auftritt im Heinz-Krügel-Stadion gegen den SC Paderborn direkt wieder wett und gewann seinerseits mit 3:0. Es folgten dann ein 4-4-2 (Osnabrück, Niederlage) und ein 5-4-1 (Duisburg, Niederlage), bevor man sich zweimal (Zwickau (Unentschieden), Mainz (Niederlage)) im 4-2-3-1 versuchte. Mit besagtem 3-5-2 scheint Jens Härtel die Formation gefunden zu haben, die mit dem aktuell zur Verfügung stehenden Kader am besten funktioniert, wenngleich man gegen Bremen und Kiel eher glücklich als überzeugend gewann und die Einschätzung bei anderen Spielausgängen sicherlich entsprechend anders ausgefallen wäre.

Fakt ist aber, dass der Trainer Nico Hammann als zentralen Verteidiger in der Dreierkette neu erfunden zu haben scheint und auch das Sturmduo Beck – Pulido ausgesprochen gut harmoniert. Dazu kommt ein Fünfer-Mittelfeld, in dem eigentlich nur eine der beiden defensiveren Positionen (Sowislo) sowie die rechte Seite (Butzen) fest vergeben scheinen. Es bleiben also noch die linke Seite, der Platz hinter den Spitzen und die zweite defensive Position, die je nach Leistungsstand und Gegner gut variiert werden können – und tatsächlich auch variiert werden, was man an so Namen wie Sebastian Ernst, Tarek Chahed, Gerrit Müller, Niklas Brandt, Jan Löhmannsröben und Tobias Schwede erkennt, die in unterschiedlichen Konstellationen in den letzten Formationen aufgetaucht sind.

Die Torhüter

Dass in den bisherigen Betrachtungen bisher weder Jan Glinker, noch Leopold Zingerle auftauchten, mag daran liegen, dass die Torhüter-Position die am wenigsten umstrittene sein dürfte. Zwar konnte Neuzugang Zingerle zuletzt im Auswärtsspiel in Wiesbaden viel Eigenwerbung betreiben, ein Grund, einen Torwartwechsel vorzunehmen, besteht aber eigentlich nicht. Jan Glinker ist ein absolut souveräner und sicherer Rückhalt, der uns in dieser Saison bereits mehr als einmal (Zwickau! Bremen! Kiel!) die Punkte rettete. Und sollte es doch zu einem Wechsel kommen (Jens Härtel hat ja zumindest angedeutet, im Winter noch mal neu überlegen zu wollen), muss man sich überhaupt keine Sorgen machen. Auf der Torhüter-Position sind wir, auch wenn beide Keeper schlecht vergleichbar sind, definitiv doppelt gut besetzt.

Die Abwehr

Hier stechen drei Namen auf der positiven Seite besonders heraus: der bereits angesprochene Nico Hammann, dann Dauerbrenner Christopher Handke (806 von 900 möglichen Spielminuten bisher) und Felix Schiller, der sich nach seinem Achillessehnenriss eindrucksvoll zurückgemeldet hat und eigentlich mit jedem Spiel wertvoller wird. Der große Pechvogel und irgendwie auch das dickste Fragezeichen bleibt Lukás Novy – seit seinem Wechsel nach Magdeburg zur Saison 2015/2016 bestritt er kein einziges Punktspiel und fällt derzeit mit einer Verletzung erneut länger aus. Sieht also nicht danach aus, als würden wir ihn in der nächsten Zeit (oder überhaupt?) mal im Liga-Einsatz sehen.

Das Nachsehen in Sachen Spielzeit hat mit Hammanns ‚Umschulung‘ derzeit Steffen Puttkammer. Bei einer Dreier-Abwehrkette sonst eigentlich immer gesetzt, hat er es momentan offenbar schwer, in die Mannschaft zu kommen. Seinen letzten Startelf-Einsatz hatte er gegen Duisburg, 159 Einsatzminuten bisher sprechen eine eher deutliche Sprache. Auf gleich 711 Minuten kommt Neuzugang Moritz Sprenger, der einsatzminutentechnisch zwar vom verletzungsbedingten Ausfall von Michel Niemeyer profitiert haben dürfte, dafür aber insbesondere zu Beginn der Saison als linker Verteidiger aufgeboten wurde. Für den gelernten Innenverteidiger sicher keine einfache Situation, die er aber mit seinen gerade 21 Jahren bisher ganz ordentlich gelöst hat. Hier wird es spannend sein, zu beobachten, wie sich seine Spielzeit entwickelt, sollte es erst einmal beim 3-5-2 bleiben und sollte irgendwann auch Michel Niemeyer wieder spielen können.

Tja, und dann wäre da noch Andre Hainault. Lediglich 163 Minuten stehen bisher zu Buche, Einsätze gab es nur in Osnabrück und gegen Paderborn, danach folgte ein Länderspielreise mit Kanada und seitdem nicht mal mehr ein Platz im Kader.

Das Mittelfeld

Wie bereits angesprochen, sind Marius Sowislo und Nils Butzen hier offenbar gesetzt, neben den beiden weist dieser Mannschaftsteil wohl die größte Flexibilität auf. Auf der zweiten defensiven Position streiten sich Niklas Brandt und Jan Löhmannsröben um Spielzeit, wobei ‚Löh‘, sofern fit, derzeit die besseren Karten hat. Interessant auch die offensive Position hinter den Spitzen, die je nach Ausrichtung und Matchplan von Gerrit Müller, Sebastian Ernst oder Tarek Chahed ausgefüllt wird. Rein von den bisherigen Einsatzzeiten her hat hier Müller die Nase vorn (362 Minuten), gefolgt von Chahed (339) und Ernst (123). Allerdings ist das Bild an mehreren Stellen schief; einerseits, weil Ernst eben erst seit dem 5. Spieltag mitmischt und andererseits, weil Tarek Chahed offensiv quasi überall und Ernst auch auf der linken Seite spielen kann. Die wiederum wird im Prinzip seit dem 2. Spieltag und ziemlich erfolgreich von Tobias Schwede bespielt (681), anfangs systembedingt noch im schönen Flügelwechsel mit Manuel Farrona Pulido.

Florian Kath, Leihgabe vom SC Freiburg und nomineller Linksaußen, ist damit derzeit ebenso weitestgehend außen vor (3 Einsätze, 70 Minuten) wie Ahmed Waseem Razeek auf rechts (6 Spiele, 155 Minuten). Beide verfolgten die aktuelle Siegesserie bis auf 5 Minuten (Kath) bzw. 13 (Razeek) von der Seitenlinie.

Der Sturm

Im Sturm führt erneut kein Weg an Christian Beck vorbei (889 Minuten), der mit 7 Treffern die Torschützenliste der 3. Liga anführt. Maurice Exslager, eigentlich als dessen Partner bzw. Backup geholt, konnte in seinen bisher 131 Minuten Spielzeit noch nicht überzeugen und dürfte sich sein Engagement in Magdeburg auch reichlich anders vorgestellt haben. Gleiches gilt für Julius Düker – ein Einsatz und 7 Minuten netto können nicht der Anspruch eines Spielers sein, der in Braunschweig bereits Zweitligaluft geschnuppert hat. Andererseits: Wenn Christian Beck weiter regelmäßig trifft und auch Manuel Farrona Pulido ganz vorn weiter so wirbelt (727 Minuten, 2 Tore), ist es halt für jeden Spieler schwer, da entsprechende Spielzeit abzuknabsen…

Die Neuzugänge

Bliebe noch der Blick auf die Neuzugänge, deren Einschätzung nach einem Viertel der Saison ja oben bereits an einigen Stellen durchklang. Am meisten hat bisher sicherlich Tobias Schwede überzeugt, gefolgt von Moritz Sprenger und Gerrit Müller, der am Anfang überhaupt nicht zum Zug kam, jetzt im 3-5-2 aber seine Rolle gefunden zu haben scheint. Torhüter Leopold Zingerle hat halt so ein bisschen das Problem, dass er einen grundsoliden Keeper vor sich hat, der einfach keine schwerwiegenden Fehler macht und dem Trainer wenig Argumente liefert, ihn aus dem Kasten zu nehmen. Umso bemerkenswerter, dass Zingerle in Wiesbaden und auch gegen Frankfurt eindrucksvoll beweisen konnte, dass er sofort da ist, wenn er gebraucht wird. Gern noch ein bisschen mehr darf von Julius Düker, Florian Kath und Maurice Exslager kommen, die sich aber, wie gesagt, derzeit eigentlich nur in die Mannschaft spielen können, wenn einer der Kollegen verletzungsbedingt ausfällt – was man gleichzeitig natürlich auch nicht hoffen möchte. Schwierige Situation also, in der es nur heißen kann, sich weiter anzubieten und dann direkt da zu sein, wenn sich die Chance ergibt.

Fazit

Nach einem eher sorgenvoll stimmenden Auftakt dürfte sich der Ruhepuls bei den allermeisten Anhängern inzwischen wieder in einem akzeptablen Bereich eingependelt haben. Der 1. FC Magdeburg steht punktetechnisch sogar ein wenig besser da als in der letzten Saison und gewann zuletzt auch Partien, in denen man zwar nicht unbedingt das bessere Team war, aber mehr Fortune hatte. Spielglück und so, das darf uns gern noch ein wenig erhalten bleiben. Hinzu kommt eine taktische Grundordnung, in der sich alle Beteiligten offenbar gut aufgehoben fühlen und ihre Stärken immer besser zur Geltung bringen können sowie ein Grundgerüst, mit dem man Stabilität gewonnen hat, sicher aber noch ein gutes Maß an Flexibilität bewahrt. Natürlich ist längst noch nicht alles Gold, was glänzt, aber das ist im zweiten Drittliga-Jahr vielleicht auch (noch) nicht zu erwarten. Läuft also insgesamt. Oder um es mit den Worten unseres Trainers zu sagen: „Wenn es läuft, sollte man es laufen lassen.“

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