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11 gegen 14

11 gegen 14

1. FC Magdeburg – FC Ingolstadt, 3. Spieltag, 1:1 (1:1)

Der Frust sitzt tief nach diesem Witz von einem Ergebnis gegen Ingolstadt. Und es ist ja auch wirklich bitter: Da rufst Du die bisher beste Saisonleistung ab, bist gegen verunsicherte und offensiv weitgehend harmlose Gäste klar die bessere Mannschaft, gehst völlig verdient in Führung und wirst dann durch den Schiedsrichter, der ja eigentlich in so einem Punktspiel gar nicht groß in Erscheinung treten soll, um den verdienten Lohn gebracht. Regelmäßige Leser*innen dieses Blogs werden wissen, dass ich mich mit Kritik am Unparteiischen normalerweise sehr zurückhalte und die Gründe für Punktverluste in allererster Linie in der Leistung der eigenen Mannschaft suche. Das wird auch in diesem Text der Ansatz sein – diesmal allerdings, weil ich einfach keine Lust habe, im Zusammenhang mit dem Namen „Thorben Siewer“ eine ganze Kaskade wenig jugendfreier Worte aneinander zu reihen. Deshalb nur so viel mit der größtmöglichen Contenance: Werter Herr Siewer, was Sie und Ihr Gespann sich in unserem Stadion geleistet haben, war einfach nur eine Frechheit. Und bitte, bitte, liebe Schiedsrichter-Verantwortliche beim DFB: Setzen Sie diesen Menschen nie, nie wieder für die Leitung einer Partie der Größten der Welt an! Wir spielen in Magdeburg Fußball und kein Topfschlagen. So. Und damit kommen wir dann mal zum Sportlichen.

Vier Treffer, zwei Tore – und jede Menge „Musik“

Es waren ja durchaus so ein paar Bar Druck auf dem Kessel nach dem eher mäßigen Saisonstart mit nur einem Punkt aus zwei Spielen nebst Pokal-Aus – was für unseren Gegner aus Bayern im Übrigen in gleichem Maße galt und sich auch im Verlauf der 90 Minuten an mehreren Stellen deutlich bemerkbar machte. Jens Härtel jedenfalls entschied sich nach der großen Rotation im Pokalspiel gegen Darmstadt für die große Rotation zurück und schickte folgende 11 Spieler in die Partie: Jasmin Fejzic hütete das Tor, vor ihm agierten Tobias Müller, Dennis Erdmann und Christopher Handke in der Dreierkette. Letztere Personalie sorgte zunächst für eher überraschte Gesichter, nach 90 Minuten Fußball bleibt aber festzuhalten, dass Handke seine Nominierung durchaus rechtfertigte. Im Mittelfeld starteten Aleksandar Ignjovski auf der linken und Kapitän Nils Butzen auf der rechten Bahn, in der Zentrale übernahm Björn Rother den defensiveren und der erneut starke Rico Preißinger den offensiven Part. Vorn agierten Marcel Costly, Christian Beck und Philip Türpitz, wobei Costly und Türpitz immer mal die Seiten tauschten, was an sich ganz gut funktionierte.

Funktionieren tat auch das Offensivspiel der Größten der Welt, die zu Beginn der Partie direkt mal an die starke erste Halbzeit aus dem Darmstadt-Spiel anknüpfen konnten. In der zweiten Minute gab es nach einem knackigen Zweikampf gelb für Ingolstadts Frederic Ananou, Butzen brachte den ruhenden Ball von halb links in den Strafraum. Plötzlich zappelte das Leder im Netz und war der Jubel natürlich riesig – bis man auf der Nordtribüne (und auch im Rest des Stadions) irgendwann realisierte, dass der Mann an der Linie die Fahne gehoben hatte. Christian Beck stand bei seiner Kopfballverlängerung im Abseits, sodass der Treffer zu Recht keine Anerkennung erfuhr. Machte aber nichts, weil im Wesentlichen nur der 1. FC Magdeburg spielte und das Team den Ball in der 11. Minute erneut im Tor unterbringen konnte. Diesmal war es eine Ecke, die (so jedenfalls die Perspektive von der anderen Seite des Platzes) an Freund und Feind vorbei in die Maschen segelte – der Schiedsrichter hatte aber ein Foul im Strafraum erkannt und gab auch diesen Treffer nicht. Kurz darauf der einzige Unparteiischen-bezogene Lacher der Partie: Bei einem satten Klärungsversuch auf der linken Magdeburger Außenbahn stand halt der Linienrichter im Weg und bremste den Flug des Balles aus vielleicht 2, 3 Metern abrupt mit seinem Körper. Hoppala! Wenn der da aber auch so rumsteht…

Vom vor der Saison ja durchaus etwas höher gelobten FC Ingolstadt war zu diesem Zeitpunkt bis auf ein paar Nicklichkeiten und Lamentierereien (bei denen Christian Beck aber in nichts nachstand) überhaupt nichts zu sehen, was sich erst in der 43. Minute mit tatkräftiger Unterstützung des Manns mit der Pfeife ändern sollte. Vorher gab es aber erstmal noch ein bisschen Magdeburger Kost. So hätte es in der 19. Minute zwingend Elfmeter für den FCM geben müssen, nachdem ein hoher Ball zurück in die Ingolstädter Abwehr etwas zu kurz geriet und Beck sich druckvoll anschickte, die Kugel zu gewinnen. Nach einem (vermutlich eher unabsichtlichen) Schlag ins Gesicht wurde daraus aber nichts, stattdessen ging Beck im Strafraum zu Boden. Der mit bester Sicht ausgestattete Linienrichter schaute zum Schiedsrichter, der ebenfalls gut stand und nun der Meinung war, Beck wollte sich nur mal eben den Rasen aus nächster Nähe anschauen. Kein Grund jedenfalls, das Spiel zugunsten eines Strafstoßes zu unterbrechen, was nicht nur von den Rängen mit einigem Unmut aufgenommen wurde. Völlig unklar, das alles, aber gut, Tatsachenentscheidung und so. Weiter ging’s.

In Spielminute 29 war dann auch der Schiedsrichter machtlos und fiel die zu diesem Zeitpunkt höchst verdiente Führung für Blau-Weiß. Ein weiterer guter Butzen-Freistoß (da hatte unter der Woche aber jemand geübt) von der linken Seite gelangte zu Dennis Erdmann. Der selbst ernannte „Feinmechaniker“ legte sich die Kugel mit dem Kopf selbst vor, drehte sich und knallte das Spielgerät äußerst formvollendet rechts in die Maschen. Ein richtig schöner Treffer und nach 2, 3 Sekunden voller banger Blicke in Richtung des Unparteiischen schließlich der Torjubel. Jetzt aber wirklich. Magdeburg: 1. Ingolstadt: 0. Gut so. Und selten war eine Führung verdienter.

Dann der erste Wechsel bei den Schanzern: Der bereits verwarnte Ananou schickte sich an, mit einer seiner nächsten Aktionen schon etwas zeitiger duschen zu gehen. Trainer Leitl reagierte jedoch rechtzeitig und brachte nun Neumann. Am Spielgeschehen änderte sich derweil nichts: Der FCM gab Gas und Ingolstadt war sehr damit beschäftigt, den Ball irgendwie vom eigenen Strafraum fernzuhalten. In der 37. Minute gelang das nur mäßig, als Preißinger nach schönem Dribbling einfach mal abzog und der abgefälschte Schuss beim engagierten, aber insgesamt etwas glücklosen Philip Türpitz landete. Der Winkel war dann im Strafraum allerdings ein bisschen zu spitz, sodass der Abschluss für Torhüter Knaller (Weltklasse-Name auch für einen Fußballprofi) kein Problem mehr darstellte.

Weil das wohl alles viel zu solide aussah, was der aufmüpfige Aufsteiger aus dem Osten da so auf den Rasen brachte, wurde nun mal wieder der Schiedsrichter aktiv. Wir schreiben die 43. Spielminute und aus der Ingolstädter Hälfte gibt es einen langen Ball, den sowohl Ignjovski als auch Röcher zu erlaufen versuchen. Beide schauen nur auf die Kugel und laufen sich quasi gegenseitig über den Haufen. Kuriose Szene, aber an keiner Stelle irgendwo Absicht oder Foul-würdig. Thorben Siewer aber ist da egal – er pfeift Freistoß für Ingolstadt. Den tritt schließlich Sonny Kittel so aus 25 Metern halb links, der Ball wird lang und länger und schlägt schließlich im Kasten von Jasmin Fejzic ein. Ausgleich. Mit dem ersten Torschuss der Schanzer. Während zwei Gästespieler im Abseits vor Fejzic rumturnen und ihn beim Abwehrversuch irritieren. Klar, den Treffer kann man geben, aber dann ist es eben eine Fehlentscheidung und ein irreguläres Tor. (Davon ab, darf man den Ball als vermeintlicher Zweitliga-Toptorhüter natürlich trotzdem halten.) Und während in irgendwelchen Wettbüros in Hongkong oder Singapur die Kassen klingelten, oszillierte die Stimmung auf der Tribüne irgendwo zwischen Entsetzen und blanker Wut. Den Club-Kickern ging es nicht besser – es gab reichlich Diskussionen und sogar noch mal Rücksprache zwischen Schieds- und Linienrichter, geholfen hat aber alles nichts. Der Treffer zählte, Ingolstadt lachte sich tot und, naja, das Spiel geriet langsam so ein ganz kleines bisschen aus den Fugen.

Erst versuchte sich noch Türpitz an einer Fackel aus ca. 25 Metern, die aber drüber ging, dann wurde unten auf dem Feld die Disziplin gewechselt. Nach einer Tätlichkeit von Stefan Kutschke an Björn Rother, der von ersterem zu Boden gestoßen wurde, gab es sowohl eine mächtige Rudelbildung als auch gelb (!) für beide (!!) Akteure, nach dem Abpfiff dann ein weiteres Gerangel, in dessen Folge sogar ein paar Securities auf den Platz trotteten. Mittendrin: Sportsfreund Kutschke, der einfach nur in Richtung Nordtribüne grinste, während ihm von dort ein paar „Scheiss Dynamo“-Rufe entgegenschlugen. Trug jetzt nicht so zur Entspannung bei, also beides, war aber insgesamt alles auch wenig verwunderlich: Wenn ich als Schiedsrichter eine solche Form der „Spielleitung“ an den Tag lege, muss ich mich überhaupt nicht wundern, wenn es dann ein wenig hitziger wird. (Notiz am Rande: Becherwürfe sind trotzdem Scheiße und ja wohl so überhaupt nicht unser Niveau.)

Entschleunigung und späte Wechsel

Naja, es war jetzt jedenfalls Halbzeit und eigentlich ist es verwunderlich, dass mit dem Start der zweiten Hälfte nicht mehrere Akteure mit blauen Augen aus dem Kabinengang zurückkehrten, so, wie die da nach den ersten 45 Minuten reinmarschiert waren. Spielerisch blieb es beim alten Bild: Der Club engagiert, die Schanzer allenfalls reaktiv, wenn sie, von ein paar guten Minuten zu Beginn der Halbzeit abgesehen, überhaupt stattfanden. In der 47. Minute konnte Kapitän Butzen in aller Seelenruhe über den halben Platz dribbeln, um sich dann knapp vor der Strafraumkante legen zu lassen. Der fällige Freistoß, getreten von Rico Preißinger, ging allerdings leider knapp über das Tor. In Minute 52 wurde Beck in Richtung Grundlinie geschickt und passte von dort in die Mitte, wo Philip Türpitz den Ball am Elfmeterpunkt direkt nahm, ein Ingolstädter Verteidiger den Schuss aber blocken konnte. Nach 56 Minuten war es der gefällige Marcel Costly, dessen Hereingabe von links zur Ecke abgefälscht wurde. So ungefähr ging es bis zur 63. Minute weiter (zwischendrin hatte Ignjovski noch einen Abschluss), ehe Ingolstadt das zweite Mal an diesem Nachmittag aufs Tor schoss, Fejzic sich aber lang machte und den Ball diesmal halten konnte.

Nach 69 Minuten dann der erste Wechsel auf der Heimseite: Für den angeschlagenen Tobias Müller kam Steffen Schäfer in die Partie. Derweil pumpte inzwischen auch Marcel Costly wie ein Maikäfer, musste aber noch 10 Minuten länger durchhalten und wurde schließlich durch Michel Niemeyer ersetzt. Das Spiel entwickelte sich nun so langsam zum Abnutzungskampf, in dem leider auch die Aktionen der Blau-Weißen zunehmend ungenauer wurden. Auffällig auch: Je länger das Spiel dauerte, desto (gefühlt) langsamer machte Jasmin Fejzic die Partie. Keine Ahnung, ob das eine Trainer-Vorgabe war oder einfach sein Spiel ist, aber es gab mehr als eine Situation, in der erst einmal gewartet wurde, bis alle wieder Aufstellung genommen hatten, ehe der Ball lang auf den Mitspieler ging. Wer weiß, was sich noch für Möglichkeiten ergeben hätten, wenn die eine oder andere Spieleröffnung des Keepers vielleicht ein paar Sekündchen schneller gegangen wäre. Wir werden es nie erfahren.

In der 84. Minute zog Jens Härtel schließlich seinen letzten Joker und brachte Mergim Berisha für Christian Beck. 5 bis 10 Minuten zu spät, meinten einige, und trotzdem konnte sich die Salzburger Leihgabe noch ein paar Mal ganz gut in Szene setzen. Erst wurde er so in der 88. Minute die linke Seite heruntergeschickt und konnte flach in die Mitte passen (wo allerdings kein Mitspieler hingelaufen war), dann kam er kurz darauf im Strafraum zum Schuss, setzte den Ball aber an das linke Außennetz. In der Nachspielzeit konnte er dann noch eine Ecke für seine Farben herausholen, in deren Verlauf der Ball in den Rückraum zu Philip Türpitz kam, der mit seinem Abschluss dann allerdings hängen blieb. Und da auch Ingolstadt bis auf einen frechen Freistoß nach 89 Minuten nicht mehr groß in Tornähe kam, blieb es unter dem Strich eben beim insgesamt lächerlichen 1:1. Ein Witz, wie gesagt, aber auch danach fragt am Ende der Saison leider niemand mehr.

Fazit:

Wie eingangs schon geschrieben, hat der 1. FC Magdeburg in dieser Partie sehr, sehr viele Dinge richtig gemacht und deutlich gezeigt, dass man in dieser Liga durchaus in der Lage ist, mehr als nur irgendwie ein bisschen mitzuspielen. Wenn es dann aber nicht gegen 11, sondern ingesamt 14 Gegner geht, wird es für einen Aufsteiger wie uns eben irgendwann richtig schwer. Trotzdem kann man natürlich auch aus dieser Partie wieder jede Menge guter Aspekte mitnehmen und vielleicht (hoffentlich!) gelingt es dem Trainerteam ja, auch die Wut und den Frust in der nun anstehenden, langen Trainingswoche zu kanalisieren und in positive Energie umzuwandeln. Und dann? Dann fahren wir halt an einem Montagabend nach Kiel, hauen die weg und holen uns die ersten drei Punkte eben an der Förde. Hilft ja nix.

In diesem Sinne: Kopf hoch, Brust raus! Am Ende des Tages sind wir schließlich immer noch der große 1. FC Magdeburg und kriegt uns so schnell keiner klein. Auch und gerade ein Thorben Siewer nicht. Nächster Halt: Holstein-Stadion.

 

Gegnerperspektive:

Spielbericht FC Ingolstadt

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