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Schweinespiel

Protestspieltag

1. FC Magdeburg – VfL Bochum, 15. Spieltag, 0:0 (0:0)

Team „Glas halb voll“ oder Team „Glas halb leer“? Bei der Bewertung der Partie der Größten der Welt gegen den VfL Bochum gilt es vermutlich, erst einmal diese Frage zu klären, bevor man sich an eine Einschätzung des 8. Heimauftritts in dieser Saison wagen kann. Klar, es gab genügend Chancen, diese Partie zu gewinnen und natürlich ist es ärgerlich, dass unsere Standards ungefähr die Gefährlichkeit einer Wasserpistole beim Banküberfall hatten. Andererseits: Die Mannschaft hat diesmal die Schlussphase ohne die inzwischen offenbar üblichen zwei Gegentore überstanden, spielte überhaupt zu null, ließ gegen ein sehr gutes Bochumer Team nur wenig zu und sammelte endlich mal wieder einen Punkt gegen den Abstieg. Wenn man es jetzt noch hinbekommt, Kontersituationen tatsächlich auch sauber auszuspielen, den letzten Pass präzise an den Mann zu bringen und man sich noch öfter traut, den Ball mit Schmackes aufs Tor zu zimmern, kann der geneigte Clubfan trotz der prekären Tabellensituation eigentlich recht zuversichtlich in die Zukunft blicken. Klar ist damit auch: Das hier wird dann wohl ein „Glas halb voll“-Text.

Draussen, drin, drüber, drauf

Bevor es ums Sportliche geht, wird es aber erst einmal politisch. Bekanntermaßen wurde das Spieltagswochenende von den organisierten Fanszenen bundesweit zum Protestspieltag erklärt, an dem sich diesmal auch Block U wieder beteiligte. Für die Fans auf der Nordtribüne bedeutete das, die ersten 10 Minuten der Partie vor den Blöcken zu verbringen, um auf diese Weise gegen die ungeliebten Montagsspieltag zu demonstrieren. Klar, kann man doof finden und sich seiner freien Entscheidung beraubt fühlen, den Protest mitzutragen oder eben nicht. Man kann aber auch darüber nachdenken, ob die Entscheidung für die Nordtribüne nicht auch bedeuten kann, mindestens mal Solidarität mit denjenigen zu zeigen, die sich permanent und weit über das normale Maß hinaus für Faninteressen engagieren. Und zwar für Faninteressen, die alle etwas angehen. Groß eine Wahl hatte man an diesem ekelhaften Nieselregennachmittag aber ohnehin nicht: Die Blöcke blieben gesperrt, mit Spielbeginn gab es ein paar Ansagen vom Dach des Toilettenhäuschens , es wurde gemeinsam gehüpft und gesungen und 10 Minuten später ging es dann auch – tröpfchenweise – auf die oder zumindest in die Nähe der gewohnten Plätze.

Dort angekommen, war die Partie bereits 18 Minuten alt und sah man die Größten der Welt in der 3-5-2-Grundordnung aus dem Fürth-Spiel. Auch vom Personal her hatte sich gegenüber jener Partie kaum etwas verändert, es spielte lediglich Charles Elie Laprevotte für den angeschlagenen Björn Rother. Die Dreier-Abwehrkette bildeten also Steffen Schäfer, Dennis Erdmann und Tobias Müller, neben Laprevotte spielte Richard Weil im zentralen Mittelfeld. Die Außenpositionen, die unter Michael Oenning auch tatsächlich Außenpositionen sind, besetzten links Michel Niemeyer und rechts Marius Bülter. Philip Türpitz gab den Zehner, vorn sollten Felix Lohkemper und Christian Beck wirbeln. Wobei „wirbeln“ bei den Wetter- und daraus resultierenden Platzverhältnissen vielleicht etwas zu viel verlangt war. „Ackern“ trifft es da wohl besser. In mehrfacher Hinsicht.

Bis zur 24. Minute galt es erst einmal, sich im Block zu sortieren und zurechtzufinden. Dann hieß es, die mitgebrachten Protestnachrichten zu präsentieren – von außen betrachtet gab das ein beeindruckendes Bild, wie man hier und hier gut sehen kann. Hoffen wir, dass die Nachrichten auch angekommen sind. Sportlich bot sich in den dann noch verbleibenden 21 Minuten ein eher zerfahrenes Spiel, bei dem die Gäste sehr um Kontrolle bemüht waren und die Hausherren aber die besseren Möglichkeiten auf ihrer Seite hatten. Bochum wurde eigentlich nur in der 28. Minute nach einer Ecke mal so richtig gefährlich, als ein ziemlich freier Kopfball aus 10 Metern zentral über das Tor rauschte. Wäre er auf den Kasten gekommen, hätte Alexander Brunst ihn aber sehr wahrscheinlich gut halten können.

Blau-Weiß versuchte es im Offensivspiel immer wieder über die Flügel und konnte sich so ein ums andere Mal in recht vielversprechende Situationen bringen. Nach 27 Minuten war es Michel Niemeyer, der den Ball von seiner linken Seite scharf in die Mitte spielte, dort aber außer der Bochumer Abwehr keinen Abnehmer fand. Nach einer halben Stunde versuchte sich Philip Türpitz halb rechts mit einem Fernschuss, nachdem er sich mit zwei Körpertäuschungen Platz verschafft hatte, brachte den Ball dann aber nicht aufs Tor. Der Schuss ging deutlich drüber. 38 Minuten waren gespielt, als Christian Beck im Strafraum an den Ball kam, selbigen dann aber nur ans Aussennetz setzte. Da der Schuss abgefälscht war, gab es einen Eckball von rechts, den Türpitz flach hereinbrachte und im Strafraum wieder Beck fand, der diesmal allerdings im gut aufgelegten Manuel Riemann im Bochumer Tor seinen Meister fand.

Meine Erinnerung mag mich trügen, aber ich würde fast behaupten, jene Ecke von Philip Türpitz war im gesamten Spiel tatsächlich die einzige, aus der auch ein Torabschluss resultierte. Ansonsten waren die Standards des Clubs über die gesamte Partie eher… naja, schlecht. Entweder blieb man beim Freistoß halbhoch in der Mauer hängen oder timte die Ecken-Hereingabe einen Ticken zu lang oder zu kurz oder zu unpräzise und entstand so aus ruhenden Bällen kaum mal Gefahr. Prinzipiell erst einmal nicht so ein Problem, da es ja auch aus dem Spiel heraus immer mal wieder (so fast) klappte, bei den Wetterbedingungen mit tiefem Boden und feinstem Sprühregen aber natürlich trotzdem ärgerlich. Wenn Standardsituationen beim Club zu einer Waffe werden könnten… Aber lassen wir das, weiter im Spiel.

Ihre vielleicht beste Phase hatten die Größten der Welt nämlich in den letzten ca. fünf Minuten vor dem Pausentee. Erst kombinierten sich Bülter und Türpitz in der 42. Minute im Zusammenspiel gefällig bis fast zur Grundlinie und schlug Marius Bülter von dort eine feine Flanke, die in letzter Angst noch von Bochum geklärt werden konnte. Dann schickte Richard Weil mit einer ordentlichen Fackel das erste Mal ein Raunen durchs Stadion: Seinen satten Schuss aus etwa 20 Metern lenkte Riemann ganz stark noch zur Ecke. Naja, und das Thema „Ecken“ hatten wir ja schon. Sehr, sehr pünktlich pfiff Schiedsrichter Robert Kempter schließlich zur Halbzeit.

Stabil, aber ungenau

Durchgang zwei begann dann auch im Gästeblock mit hörbarem Support, einer schicken „Bochum“-Zaunfahne und blauen Fähnchen, während unten auf dem Rasen der 1. FC Magdeburg das erste Ausrufezeichen setzte. 47 Minuten waren gespielt, als Philip Türpitz im Strafraum den Ball von der linken Seite erhielt, eigentlich schon einen ganz guten Blick aufs Tor hatte und sich dann aber entschloss, die Kugel noch mal auf die linke Seite und Marius Bülter zurückzugeben. Der kommt an der Strafraumkante in Bedrängnis, behauptet sich aber mit einer schicken Drehung und kriegt dann leider nicht mehr genügend Kraft in seinen Abschluss. Der Ball geht aufs Tor, ist aber kein Problem für Riemann. Aber immerhin: Der Club versuchte es, wie auch schon gegen Fürth, spielerisch – gut so und die Mannschaft zeigte ja auch, dass sie die feinere Klinge durchaus beherrschen kann.

In der 49./50. Minute dann eine Szene, die vielleicht so ein bisschen symptomatisch war für den Club an diesem Nachmittag. Aus 25 Metern halb rechts gibt es einen Freistoß, den Michel Niemeyer aber nicht über die Mauer gehoben bekommt. Quasi im direkten Gegenzug muss Laprevotte via Foul (und gelber Karte) einen Bochumer Angriff unterbinden; der fällige Freistoß aus ganz ähnlicher Position führt zu einer Ecke für die Gäste, die sich dann wiederum zu einer äußerst vielversprechenden Kontersituation für den FCM entwickelt. Der erste Pass in Richtung Bochumer Hälfte gerät dann aber zu weit links, sodass der Ball ins Seitenaus geht und die Szene wirkungslos verpufft. Ärgerlich.

Im weiteren Verlauf des zweiten Durchgangs übernahm Bochum dann wieder die Kontrolle, ohne aber zu einem Abschluss zu kommen, bei dem Brunst hätte eingreifen müssen (wenn man von ein paar aus dem Strafraum gefausteten Ecken mal absieht). Einzige Ausnahme: Die 58. Minute, als die Bochumer Spieler auf der linken viel zu ungehindert spielen können, der Ball im Strafraum zu Weilandt durchgesteckt wird und der mit seinem Schuss nur das Außennetz trifft. Gezählt hätte das Tor, wäre es denn eins geworden, aber ohnehin nicht – der Schiedsrichter hatte die Abseits-Fahne gehoben.

Tja, und was tut man, wenn der Gegner die Partie ganz gut kontrolliert, den letzten Pass aber auch nicht an den Mann bringt? Man kontert halt. So auch nach einer guten Stunde, als Tobias Müller das Spielgerät nach Ballgewinn schön treiben kann, rechts den erneut fleißigen Felix Lohkemper mitlaufen hat – und den Pass dann aber so spielt, dass Lohkemper ziemlich weit auf den rechten Flügel ausweichen muss. Zum Abschluss kam unsere Nummer 7 trotzdem noch und versuchte sich mit einem Lupfer, der aber über den Kasten ging. Sehr, sehr ärgerlich, in der Szene war deutlich mehr drin.

In der 82. Minute und damit ziemlich zum Schluss dann die vielleicht beste Gelegenheit für Blau-Weiß: Philip Türpitz erläuft einen (eigentlich zu) langen Ball auf der rechten Außenbahn ganz stark und gibt flach in die Mitte und den Rücken der Abwehr zu Michel Niemeyer. Der wiederum sieht keine Lücke und spielt den Ball weiter auf Beck, der links von ihm die bessere Position hat, schlenzt, den Schuss aber nicht auf den Kasten bekommt. Abgefälscht war er außerdem, aber die anschließende Ecke… man ahnt es bereits.

Zwischen dieser Szene und der mit Müller und Lohkemper in Spielminute 62 war nicht so furchtbar viel passiert. Erwähnenswert vielleicht noch ein weiterer Konter nach 70 Minuten, den Lohkemper einleitet, Beck rechts mitnimmt und der mit einer Flanke auf den langen Pfosten und Philip Türpitz endet. Letzterer kommt auch zum Abschluss, kann sich dann im Kopfballduell mit seinem Bochumer Gegenspieler aber nicht so recht durchsetzen. In der 78. Minute hatte Christian Beck die Führung dann noch mal so halb auf dem Fuß, wird aber am Fünfmeterraum gut zugestellt und kann so nichts Zwingendes mehr kreieren.

Irgendwann war dann die Schlussphase eingeläutet und hatten sowohl Rico Preißinger (77., für Weil) und Marcel Costly (84., für Lohkemper) den Rasen betreten. Bei mir und vielleicht auch einigen anderen machte sich nun so ein mulmiges Gefühl breit: Unentschieden, der Club investiert viel, erntet aber keinen Ertrag, nur noch ein paar Minuten zu spielen – da war zuletzt ja immer mal wieder was. Und richtig: In der 90. Minute entscheidet Schiedsrichter Kempter tatsächlich auf Eckball für die Gäste. Kurz die Augen geschlossen, Stoßgebete an wen auch immer geschickt, Augen wieder geöffnet – und Zeuge geworden, wie die gegnerische Mannschaft diesen Standard in dieser Phase des Spiels mal nicht nutzt. Kurz danach durfte Mergim Berisha noch mal so ca. 50 Sekunden ran (er kam für Philip Türpitz), bewegen konnte er freilich nicht mehr viel: nach sehr, sehr sportlich interpretierten zwei Minuten Nachspielzeit war Schluss und trennten sich der FCM und der VfL Bochum unter dem Strich wohl leistungsgerecht mit 0:0.

Fazit:

Wie gesagt, die Bewertung des Spiels hängt vermutlich sehr davon ab, ob man der Welt nun eher optimistisch oder pessimistisch gegenüber steht. Für mich überwiegen unter dem Strich wieder die guten Momente: Die Torgelegenheiten, der Umstand, dass man Bochum ziemlich gut in Schach halten konnte und nicht zuletzt auch die spielerischen Elemente, bei denen es Freude macht, zuzusehen. Und klar, der eine Punkt hilft uns in unserer Situation nur bedingt weiter, zumal uns Kiel ja auch den Gefallen tat, in Duisburg zu gewinnen. Nur: Ein Punkt ist immer besser als gar keiner und wer weiß denn schon, ob dieser Zähler am Ende nicht noch richtig wichtig werden kann (ja, ja, ich weiß, Phrase und so, aber man beweise mir hier und heute erst einmal das Gegenteil).

Der FCM beschließt ein saisonübergreifend sehr aufregendes Heimspieljahr nun am kommenden Wochenende mit der Partie gegen Union Berlin. Einen passenderen Anlass für den ersten Zweitliga-Heimsieg gibt es ja eigentlich kaum. In diesem Sinne: Stürmt den Vorverkauf, macht die Bude noch mal so richtig voll und seid dabei, wenn wir die ersten drei von noch neun Punkten in diesem Kalenderjahr auf unsere Habenseite holen!

Da ist er wieder, der Magdeburger Größenwahn. Und nein, manche Dinge, die ändern sich nie.

NUR DER FC MAGDEBURG!

2 Kommentare

  1. Pingback: Irgendwann... - nurderfcm.de

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