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Taumelnd ab

Preußen

SC Preußen Münster – 1. FC Magdeburg, 19. Spieltag, 2:0 (1:0)

… und für so einen Kick fährst Du nun also einige hundert Kilometer an einem Freitagabend und stellst Dich ein paar Stunden bei einstelligen Temperaturen und Nieselregen in eine unüberdachte Gästekurve … Aber okay, für das Spiel kann ja das Wetter nichts. Meine Güte, war das alles unangenehm – das Ambiente, das Geschehen auf dem Platz, die Dauernörgel- und „Stellt endlich mich an die Seitenlinie, ich weiß das alles besser!“-Kommentare einiger Umstehender und natürlich das Ergebnis, mit dem der Club kurz vor der Winterpause den Kontakt zu den Top 5 der Tabelle zu verlieren droht. Schön geht ganz, ganz anders und so Partien wie jetzt gegen Preußen Münster können dann eigentlich auch weg.

Münster ist ja traditionell dafür bekannt, einerseits ein schönes, altes, fußballromantisches Stadion zu haben und andererseits nicht zu kleckern, wenn es um die Frage geht, wie viele Beamtinnen und Beamte denn an Spieltagen mit FCM-Beteiligung so zum Schutz der wilden, ostdeutschen Horden abzustellen seien. So war es auch diesmal – es machte den Anschein, als hätten alle Polizeigewerkschaften Deutschlands zum Ausflug ins Münsterland eingeladen, mit reichlich Camcordern und Fotoapparaten im Gepäck, um die Erinnerungen an den schönen Abend festzuhalten (für die schicken Motive sorgte die Kurve). Und um zu demonstrieren, dass die Truppe trotzdem hochmotiviert und gründlich arbeitet, wurden wir – als Clubfans deutlich erkennbar – an der Kreuzung zum Gästeparkplatz auf einer Strecke von drei Metern gleich zweimal interviewt, wo wir denn eigentlich hinwollen würden. Geschenkt. Konzentrieren wir uns lieber aufs Sportliche.

Stefan Krämer änderte die Anfangsformation gegenüber der Heimniederlage gegen Ingolstadt nur auf einer Position: Für den angeschlagenen Tarek Chahed spielte Manfred Osei Kwadwo von Beginn an. Außerdem verlängerte sich durch den 19. Startelfeinsatz der Vertrag von Sören Bertram um ein weiteres Jahr – immerhin etwas Positives an diesem ungemütlichen Freitag, den 13.. Die anderen Protagonisten in der ersten Elf hießen Morten Behrens, Leon Bell Bell, Brian Koglin, Tobias Müller, Dominik Ernst, Jürgen Gjasula (kurz), Thore Jacobsen, Rico Preißinger und Christian Beck.

„Erst hast Du kein Glück …“

Auf dem tiefen Boden dauerte es einen Moment, bis sich beide Mannschaften zurechtfanden; dann aber übernahm der Club gegen den Vorletzten in der Tabelle allmählich die Kontrolle. Gleich in der sechsten Minute gab es (was zu dem Zeitpunkt natürlich noch niemand wissen konnte) eine Blaupause für den überwiegenden Teil des restlichen Spiels: Flankenlauf über links, Hereingabe in die Mitte ohne Ertrag oder Abnehmer, ein geklärter Ball von Münster, ein paar Einwürfe, Ballverlust. Klar, so läuft das halt zu Beginn, man justiert sich erstmal, nur wurde es im weiteren Verlauf kaum besser. Erstmals auf der anderen Seite gefährlich wurde es nach zehn Minuten, als ein Preußen-Spieler ebenfalls von links in die Mitte flankte, Rico Preißinger den Ball dann aber in höchster Not aus der Gefahrenzone köpfen konnte.

Naja, und während die 5.908 Zuschauer*innen noch auf die zündenden Ideen warteten, änderten sich die Rahmenbedingungen der Partie in der 16. Minute grundlegend. Jürgen Gjasula eröffnete das Spiel von hinten heraus mit einem Ball auf Brian Koglin, der ihn schlampig auf unsere Nummer 10 zurückspielte. Münsters Rufat Dadashov ahnte das und sprintete in den Pass, Gjasula musste in höchster Not grätschen, traf den Ball, ließ den Mittelstürmer der Gastgeber dann aber auch spektakulär abheben. Schiedsrichter Robert Kampka aus Mainz zeigte Rot; für mich auch nach dem Ansehen der Fernsehbilder eine Fehlentscheidung. Am Ende des Tages ist das ja aber ganz egal: Die Entscheidung fällt innerhalb von Sekundenbruchteilen und wer regelmäßig Fußball schaut, wird wissen, dass derlei Karten nur ganz, ganz selten wieder zurückgenommen werden. Auch wenn diese Szene die blau-weißen Gemüter noch eine ganze Weile erhitze, änderte das erstmal nichts an dem Umstand, dass der Club nun gute 75 Minuten in Unterzahl agieren würde und auf den so wichtigen Taktgeber verzichten musste. Und das bei dem Boden. Halleluja, das konnte ja was werden.

Den fälligen Freistoß brachte Münsters Heinz Mörschel auf’s Tor, Behrens lenkte den Ball mit der Patsche noch zur Ecke. Die wiederum führte zu einem Konter über Kwadwo, den die Gastgeber dann allerdings entschärfen konnten (also, den Konter, nicht Kwadwo).

Jetzt war hier wenigstens ein bisschen Stimmung in der Bude, nachdem das vorher alles eher nach kontrolliertem Feierabendfußball ausgesehen hatte, und der FCM reagierte durchaus trotzig und kämpferisch auf den Platzverweis. Mehr als ein Freistoß von der linken Strafraumkante nach Foul an Christian Beck, den Bertram direkt auf den Torwart zog, und ein Abschluss von Kwadwo nach schönem Lauf mit Jacobsen auf links (24. Minute) passierte aber zunächst nicht.

Nach einer guten halben Stunden wurde es dann ein wenig neblig im Preußenstadion, weil der aktive Teil der Gästeszene etwas Rauch und ein paar vorweihnachtliche Kerzen im Gepäck hatte. Das sah schön aus und gab den zwei Beamt*innen auf dem Videoturm vor dem Gästebereich endlich die Gelegenheit, das brandneue Aufnahme-Equipment mal auszuprobieren. Nach einer kurzen Spielunterbrechung nebst Gefahrenzeichen auf der Anzeigetafel konnte es dann weitergehen und als sich der Rauch endgültig verzogen hatte, stand auch schon ein 1:0 für Preußen Münster auf der Anzeigetafel. Zwei Vertikalpässe in der 37. Minute hatten ausgereicht, um Rufat Dadashov im Magdeburger Strafraum knochenfrei zu spielen. Der Mittelstürmer guckte sich dann einfach die lange Ecke aus und schob nach Zuspiel von Brandenburger überlegt zur Führung ein. Abseitsverdächtig war die Szene auch, allerdings hob Dominik Ernst auf seiner rechten Bahn die Abseitsstellung auf, sodass das ein vollkommen regulärer – und viel zu einfacher – Treffer war.

Selbiger tat Münster nun natürlich angesprochen gut. Im weiteren Verlauf stand der FCM viel hinten drin und konnte kaum mal für Entlastung sorgen; allerdings machten auch die Hausherren zu wenig aus ihrer Überzahl. In der Nachspielzeit der ersten Hälfte gab es noch mal einen Kopfball, der bei Behrens landete und einen Konterversuch unsererseits, der verpuffte, dann war erst einmal Pause und Zeit, sich wenigstens warme Gedanken zu machen, wenn es sportlich schon nicht lief.

„… und dann kommt auch noch Pech dazu.“

Der zweite Durchgang ist dann wirklich schnell erzählt und fällt eher so in die Kategorie: „Wir hätten noch Stunden weiterspielen können, passiert wär‘ wohl nix“. Und das ist irgendwie unschön, weil sich dieses Gefühl in der bisherigen Saison nicht zum ersten Mal einstellte. Aber gut, in dem Fall hier waren die Bedingungen schon auch übel; bei seifigem Boden ist es in Unterzahl gegen einen Gegner, der mit dem Rücken zur Wand steht, natürlich noch mal schwerer, die Partie zu drehen. Immerhin: Was man den Jungs von Stefan Krämer nicht vorwerfen konnte, war, es nicht wenigstens probiert zu haben.

Nach 47 Minuten und einem Foul an Beck vergab Sören Bertram eine Freistoßmöglichkeit, nach 54 Minuten setzte er einen Schuss nach Zuspiel von Kwadwo an’s Lattenkreuz. In der 58. Minute wurde dann Christian Beck im Strafraum bedient und sein Abschluss zur Ecke gelenkt. Die landete schließlich bei Manfred Osei Kwadwo, der sich mal ein Herz fasste, seinen Schuss aber ein Stückchen zu weit rechts platzierte. Kurz danach eine Defensivaktion gegen den Flügelflitzer, für die viele einen Elfmeter haben wollten. Scherder mit dem Fehlpass, Kwadwo mit dem Ballgewinn, Münster mit der satten Grätsche, aber Kampka entschied auf „Weiterspielen“. Ob nun Strafstoß oder nicht, war Münster eh egal: Sie machten den Ball schnell, am Ende ist es aber Morten Behrens, der die Kugel sicher unter sich begraben konnte.

Während es die Gastgeber also schnell und schnörkellos probierten, war das bei den Größten der Welt alles irgendwie immer einen Ticken zu kompliziert und vor allem zu ungenau. Und nach 68 Minuten kam zu allem Überfluss auch noch Pech dazu. Ein völlig harmloser Angriff der Preußen landete bei Tobias Müller, der aber den Ball vertändelt und unglücklich für Heinz Mörschel auflegt. Tja, und der zieht einfach ab und nagelt das Spielgerät zum 2:0 für seine Farben ins Tor. Optimistische Menschen in meiner Umgebung reagierten auf diesen Treffer mit der Aussage, dass Münster noch mal ins Schwimmen käme, würden wir schnell ein Anschlusstor erzielen. Der Pessimist in mir konterte: Das war’s hier heute.

Und so war es auch. Marcel Costly, der nach 75 Minuten für Dominik Ernst kam, brachte zwar noch mal ein bisschen Schwung (und hatte in der 81. Minute auch eine Abschlussgelegenheit, die allerdings zur Ecke wurde) und Blau-Weiß warf in der Schlussphase noch mal alles rein, ein Tor (oder eine hundertprozentige Chance) gab es aber nicht mehr. „Außer Spesen nix gewesen“ oder so, die Rückfahrt verlief jedenfalls weitestgehend schweigsam und einigermaßen konsterniert.

Fazit:

So schnell kann es gehen: Vor wenigen Wochen noch so: „Jetzt sind wir drin, dann rollen wir das Feld mal von hinten auf!“, jetzt so: „Wann ist endlich Winterpause?“ Der FCM bedient mal wieder die ganze emotionale Bandbreite, wobei ich auf das negative Ende des Spektrums ja ganz gut verzichten könnte. Und auch wenn es am kommenden Wochenende gegen Braunschweig noch mal die Gelegenheit gibt, es besser zu machen als zuletzt, hält sich zumindest meine Euphorie zum Jahresabschluss doch stark in Grenzen: Ohne Gjasula und ohne Tobias Müller, der gegen Münster seine fünfte gelbe Karte kassierte, wird das ein ganz schweres Brett beim Aufstiegsaspiranten. Aber gut, so ist Fußball und in der bisherigen Saison war der Club, der sich wohl erstmal mit dem Label „Drittliga-Mittelmaß“ anfreunden muss, ja immer mal wieder für eine Überraschung gut. Schauen wir also mal, was das gibt, und retten wir uns einfach irgendwie taumelnd in die Winterpause. Ein schönes Gefühl ist das nicht, aber: Es kommen auch wieder bessere Zeiten. In diesem Sinne: Alles nur für Dich, mein FCM!

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