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Rückrunde – restarted

Osnabrück

1. FC Magdeburg – VfL Osnabrück, 23. Spieltag, 3:0 (1:0)

Na wenn das mal nicht ein richtig dickes 3-Tore-Ausrufezeichen war! Auch in der Höhe völlig verdient schlägt der 1. FC Magdeburg den VfL Osnabrück am 23. Spieltag im Stile einer Spitzenmannschaft, weil es nicht nur gelang, aus dem Spiel heraus so gut wie gar nichts zuzulassen, sondern weil man seinerseits in genau den richtigen Momenten die Tore machte. In einer überaus unterhaltsamen Partie, die den Titel „Spitzenspiel“ tatsächlich verdient hatte, konnten sich mit Florian Kath, Christian Beck und Marius Sowislo drei Spieler in die Torschützenliste eintragen, bei denen ein Treffer aus unterschiedlichen Gründen längst (mal wieder) fällig war. Dazu gab es zwei gehaltene Elfmeter, endlich wieder koordinierten Support auf der Nordtribüne und am Ende den zweiten Tabellenplatz. Fußballherz, was willst Du eigentlich mehr?

In der Begegnung „Dritter gegen Zweiter“ blieb die Mannschaftsaufstellung gegenüber der Vorwoche erneut nahezu unverändert, für den gelbgesperrten Christopher Handke gab lediglich Moritz Sprenger rechts in die Dreier-Abwehrkette sein Startelf-Comeback. Jens Härtels Team agierte damit im vierten Rückrundenspiel mit der vierten Abwehrreihe; es spricht für die Mannschaft, dass der VfL Osnabrück, der ja eigentlich zu den spielstärkeren Kontrahenten in der Liga gehört, trotzdem aus dem Spiel heraus lediglich einen einzigen gefährlichen Abschluss kreieren konnte (der in Minute 44 allerdings wegen eines Offensivfouls abgepfiffen wurde). Neben Moritz Sprenger verteidigten Richard Weil zentral und Nico Hammann links, im Mittelfeld liefen Jan Löhmannsröben, Marius Sowislo und auf den Außenbahnen Tobias Schwede und Nils Butzen auf, offensiv durften Florian Kath, Christian Beck und Tarek Chahed von Beginn an ran. Interessanter Fakt am Rande: Manuel Farrona Pulido stand für diese Partie nicht mal im Kader…

Ebenfalls von Beginn an war neben der Mannschaft auch die Nordtribüne in der gewohnten Art und Weise wieder am Start. Und als hätte sich während des Supportverzichts ordentlich was aufgestaut, legte die Kurve mit einer Wucht, Brachialität und Lautstärke los, die es so vielleicht im Relegations-Hinspiel gegen Offenbach das letzte Mal gegeben hatte. Die Mannschaft ließ sich davon offenbar anstecken und auch wenn das ja oft eine stark romantisierte Vorstellung ist, konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass an diesem Nachmittag der viel zitierte „12. Mann“ eventuell doch das berühmte Zünglein an der Waage war. Nach fünf Minuten jedenfalls war eine Flanke von der rechten Seite noch zu ungenau getimed, eine Zeigerumdrehung später prüfte Nico Hammann den Osnabrücker Keeper erstmals mit einem satten Fernschuss, den Gersbeck nur zur Ecke prallen lassen konnte. Die brachte zwar nichts ein, trotzdem machte der Club direkt klar, wer hier heute der Herr im Haus sein würde.

Nach sieben Minuten stand dann erstmals an diesem Nachmittag Keeper Leopold Zingerle im Fokus. Verteidiger Moritz Sprenger befindet sich nach einem langen Ball aus der Osnabrücker Defensive im Laufduell mit Kwasi Okyere Wriedt, es ist aber Zingerle, der beiden entgegenläuft, den Ball mit der Brust mitnimmt, gute 35 Meter vor dem Tor ins Dribbling geht und schließlich von Wriedt nur mit einem Foul gestoppt werden kann. Kann man natürlich mal so machen, oder um es mit den Worten von Daniel George von der Mitteldeutschen Zeitung zu sagen:

Die Gäste zeigten sich in der 9. Minute erstmals vor dem Magdeburger Tor; ein gefährlich getretener Freistoß endete aber in einer Abseitsposition. Es sollte bis kurz vor dem Halbzeitpfiff und der oben schon erwähnten Aktion in der 44. Minute die einzige halbwegs aussichtsreiche VfL-Gelegenheit bleiben. Ganz anders Blau-Weiß, das sich für seinen starken Auftakt in der 14. Minute mit dem Führungstreffer belohnt, der auf der linken Seite mit einem schönen Doppelpass zwischen Tobias Schwede und Florian Kath eingeleitet und durch eine Flanke von Kapitän Sowislo von rechts direkt vorbereitet wird. Über Schwede, Kath und eine verunglückte Abwehraktion der Osnabrücker kommt der Ball zu Nils Butzen, der seinen Kapitän schön freispielt. Sowislo flankt von der Grundlinie und findet Kath, der mit ordentlich Schwung einläuft und Gersbeck mit einem wuchtigen Kopfball aus vollem Lauf keine Chance lässt. Endlich also das erste Tor für Florian Kath, das er sich mit seinen hervorragenden Leistungen in den letzten Spielen mehr als verdient hatte.

Es dauerte gute 20 Minuten, bis Osnabrück so langsam in Fahrt kam; einen Ballverlust von Marius Sowislo in der eigenen Hälfte nutzt das Team von Joe Enochs zum schnellen Umschalten, sodass der Ball zu Wriedt kommt, der zentral auf Zingerle zusteuern kann, von Moritz Sprenger im letzten Moment aber noch abgelaufen wird. Die Szene steht vielleicht so ein bisschen stellvertretend für den gesamten Spielverlauf: Osnabrück immer wieder mit richtig guten und gefährlichen Ansätzen, der FCM letztlich aber den entscheidenden Schritt schneller, gut organisiert und bis auf ganz wenige Ausnahmen defensiv solide. Das sah teilweise richtig gut aus, was die Mannschaft dort auf den Rasen brachte.

Bis zur 36. Minute passiert dann erst einmal wenig Aufregendes; schließlich ist es erneut Florian Kath, der seine Farben durch einen an ihm verursachten Freistoß in eine aussichtsreiche Situation bringt. Nico Hammann tritt an, der Ball fällt Kath im Strafraum vor die Füße – seinen Abschluss vom Rand des Fünfmeterraums kann Gersbeck aber spektakulär entschärfen. Als wäre das ein kleiner Weckruf gewesen, übernahm nun der Gast noch einmal die Initiative und spielte sich immer wieder in die Nähe des Magdeburger Strafraums. Mitten rein in den Osnabrücker Schwung ertönte dann aber erst einmal der Halbzeitpfiff – gefühlt keine Minute zu früh; wer weiß, wie lange das noch gut gegangen wäre.

Etwaige Sorgen, der VfL Osnabrück könne seine ansteigende Form vom Ende der ersten Hälfte über den Pausentee konservieren, blieben nach Wiederanpfiff glücklicherweise zunächst unbegründet. Trotzdem entwickelte sich nun ein offener Schlagabtausch mit guten Ansätzen auf beiden Seite und dem besseren Ende für die Größten der Welt. Zunächst ist es Nico Hammann, der Marius Gersbeck mit einem weiteren Freistoß nach Sangaré-Ballverlust und Schulz-Foul an Florian Kath zu einer Parade zwingt, dann leitet Nils Butzen mit einem starken Ballgewinn im Mittelfeld den vielleicht schönsten Angriff der Saison ein: seinen Pass auf Christian Beck leitet dieser mit der Fußspitze auf Tarek Chahed weiter, der eigentlich Platz hat, dann aber Jan Löhmannsröben im rechten Halbfeld sieht. Der flankt butterweich auf Christian Beck, sodass unser Goalgetter weitgehend unbedrängt hochsteigen und sich die Ecke quasi aussuchen kann. Die Entscheidung fällt schließlich für die rechte, in die Beck den Ball dann auch humorlos gegen den erneut machtlosen Marius Gersbeck versenken kann.

Das Stadion nun natürlich ein Tollhaus, weil das Tor zu einem günstigeren Zeitpunkt gar nicht hätte fallen können. Wollte Osnabrück hier noch irgendetwas mitnehmen, würden sie jetzt aufmachen müssen, was der Magdeburger Spielidee natürlich perfekt entgegen kam. Und der VfL tat den Gastgebern den Gefallen, übernahm die Initiative und bot so an der einen oder anderen Stelle gute Kontergelegenheiten, die wiederum, wollte man das Haar in der Suppe tatsächlich suchen, nicht konsequent genug genutzt wurden. Bevor man sich aber über ein vorentscheidendes 3:0 Gedanken machen konnte, richtete sich der Fokus in Minute 63 erneut auf Leopold Zingerle. Der holt bei einer verunglückten Abwehraktion einen Osnabrücker im Strafraum von den Beinen, hält den Strafstoß dann aber stark – nach dem Premierentor für Kath und dem ersten Rückrundentreffer für Christian Beck die dritte Aktion, die für den jeweiligen Akteur für den weiteren Saisonverlauf vielleicht so etwas wie eine Initialzündung darstellen könnte.

Auch wenn Osnabrück weiter am Drücker blieb, war nach dem gehaltenen Elfmeter irgendwie klar, dass hier heute kaum noch etwas schief gehen würde; dementsprechend ausgelassen feierte man bereits 25 Minuten vor Schluss die Mannschaft und sich selbst und schickte nach 76 Minuten und insgesamt einer gefühlten Ewigkeit mal wieder die Polonaise durch den Block. Unten auf dem Rasen hatte kurz vorher Tarek Chahed das 3:0 auf dem Fuß, scheitert aber nach einem schönen Steilpass von Christian Beck in die Gasse am bereits mehrfach erwähnten Marius Gersbeck. Kurz danach die große Doppelchance, endgültig den Deckel auf das Spiel zu machen: Erst zielt Tobias Schwede nach schönem Solo nebst Lupfer ein Stückchen zu hoch, dann holt der inzwischen eingewechselte Michel Niemeyer mit mächtig Tempo einen in der Szene sicher schwer zu entscheidenden, letztlich aber wohl eher fragwürdigen Elfmeterpfiff. Nico Hamman tritt an – und scheitert mit einem unplatzierten Schuss links aufs Tor an, genau, Marius Gersbeck. Das Thema „Strafstöße“ könnte dann in dieser Spielzeit eigentlich irgendwie auch mal weg.

Der Club jetzt aber wieder im Vorwärtsgang, mit Düker für Beck und sieben Minuten vor Schluss dann doch noch mit der Entscheidung: einen langen Ball verlängert der eben Eingewechselte per Kopf in Richtung Elfmeterpunkt, Kapitän Sowislo darf mutterseelenallein einlaufen, nimmt den Ball direkt und vollendet in die linke Ecke. Das Ding war durch, Osnabrück geschlagen und der 1. FC Magdeburg zurück auf dem zweiten Tabellenplatz.

Unter dem Strich bleibt eine ganz starke Leistung gegen eins der Spitzenteams der Liga, das den 1. FC Magdeburg und mindestens mal 2.200 Fans mit breiter Brust zum nun anstehenden Freitagabend-Flutlicht-Spiel nach Duisburg reisen lässt. Und weil in dieser 3. Liga ja bekanntlich alles möglich ist, sollte man doch auch im Wedaustadion von mindestens mal einem Punkt träumen dürfen. Und die Rückrunde 2016/2017? Die darf dann jetzt gern richtig losgehen.

Die Pressekonferenz zum Spiel (via YouTube)
Der Sportschau-Bericht zum Spiel (via YouTube)

4 Kommentare

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