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Frittenfett

Rotherham United

1. FC Magdeburg – Rotherham United, letztes Testspiel der Saisonvorbereitung 19/20, 2:1 (1:0)

Endlich wieder FCM, endlich wieder normale Leute! Eine Woche vor dem scharfen Start gegen Eintracht Braunschweig ging es am 14.7. nach Schöningen, um wenigstens ein Testspiel in der Vorbereitung live mitzunehmen. Der Gegner für die Größten der Welt hieß Rotherham United; in dieser Saison wird das Team von Trainer Paul Warne in der 3. englischen Liga an den Start gehen. Klar, dort wird noch mal ein anderer Fußball gespielt als in der 3. Division hierzulande, trotzdem war der Gegner für die Generalprobe vor dem Ligastart gut gewählt. Die Engländer gingen robust zu Werke, störten früh und stellten die Jungs von Stefan Krämer insbesondere in der ersten Hälfte vor die eine oder andere Aufgabe – im Prinzip also alles Dinge, die dem 1. FC Magdeburg mit einiger Sicherheit auch in der 3. Liga begegnen werden.

Krämer ließ unter der Woche ja durchblicken, dass gegen Rotherham wohl ein großer Teil derjenigen Akteure beginnen würde, die auch am Samstag gegen Braunschweig in der Startelf stehen werden. Entsprechend interessant war natürlich die erste Elf im letzten Test, die folgendermaßen aussah: Vor Alexander Brunst im Tor spielten Timo Perthel, Tobias Müller, Björn Rother und Tarek Chahed in der Viererkette. Die Doppelsechs in einer 4-2-3-1-Grundordnung gaben Jürgen Gjasula und Rico Preißinger, davor wirbelten Sören Bertram links, Mario Kvesic in der Zentrale und Marcel Costly rechts. Vorn im Sturm begann Alt- und Neu-Kapitän Christian Beck.

Im schmucken Schöniniger Elmstadion tat der gastgebende Verein vieles dafür, dass sich insbesondere die Clubfans unter den insgesamt 2.250 Zuschauern wohlfühlen konnten. Mehrere Grill-, Pommes- und Getränkebuden stellten zu sehr humanen Preisen sicher, dass niemand verhungern oder verdursten musste, außerdem wurden vor dem Anpfiff sowohl das Magdeburger Lied als auch die Vereinshymne gespielt. Schönes Ding, danke für die Gastfreundschaft!

Zwei Elfer, ein Tor

Auf dem Feld übernahm gleich der FCM die Initiative, der ganz in Blau spielte, während Rotherham im eher unsympathischen Rot-Weiß am Start war. Auffällig war, dass offensiv recht viel über die rechte Seite ging, so auch in Spielminute zwei, als Costly den Ball im Mittelfeld gewann und ins letzte Drittel trieb, wo Chahed auf der Außenbahn gestartet war und dort auch das Anspiel erhielt. Seine Hereingabe blieb dann zwar hängen, dafür setzte das Team aber kollektiv nach und brachte Sören Bertram direkt noch mal in eine gute Abschlussposition. Der bekam dann aber keinen Druck hinter den Ball, sodass Blau-Weiß die frühe Führung verwehrt blieb. Dafür klingelte es aber nur drei Minuten später: Einen Bertram-Freistoß an der Strafraumkante rechts wehrte ein Rotherham-Akteur mit der Hand ab, den fälligen Elfmeter verwandelte Christian Beck souverän zum 1:0.

Mit Wiederanpfiff gelangten die Größten der Welt erneut in Ballbesitz, weil die erste Linie um Beck, Costly und Kvesic direkt auf den ballführenden Spieler ging. Der schnelle Ballgewinn resultierte in einem Umschaltmoment, den Costly dann aber nicht nutzen konnte, weil er mit seinem Dribbling an mehreren Gegenspielern hängenblieb. Auch wenn aus dieser Situation keine Torchance resultierte, war das frühe Stören schon recht gut anzuschauen. Diese Kunst beherrschten allerdings auch die Engländer; beide Teams standen in der Anfangsphase ziemlich hoch, was den Club-Akteuren bei Ballgewinnen zunächst gar nicht so behagte.

In der 8. Minute kann es dann gut und gerne 1:1 stehen: Ein Magdeburger Akteur war im Strafraum einen Schritt zu spät dran und holte Jamie Proctor von den Beinen; den fälligen Elfmeter setzte Rotherham allerdings etwa zwei Etagen über das Tor. [Hier jetzt bitte beliebige Witze über Engländer und Elfmeter einfügen.] Und bevor es dann eher zäh wurde, gab es nach 11 Minuten noch einmal eine schöne Kontersituation, die überhaupt erst entstehen konnte, weil Beck und Kvesic im Mittelfeld den Ball jagen und unser Spielmacher dann auf der rechten Seite Marcel Costly mitnimmt. Der entscheidet sich für den Abschluss (der drüber geht), hätte in der Mitte aber noch Kvesic als potentiellen Abnehmer für eine Ablage gehabt. Schade, aber weiter ging’s.

Bzw. ging es nicht, denn im weiteren Verlauf der ersten Hälfte gab es dann erst einmal wenig Spielfluss, dafür aber etliche Spielunterbrechungen und einige Standards. Wie eingangs schon geschildert, gingen die Spieler von Rotherham recht kernig zur Sache, kurz wurde es auf dem Feld auch mal hitzig. Nach 21 Minuten gerieten beispielsweise Rotherhams Matt Crooks und Jürgen Gjasula nach einem Zweikampf im Mittelfeld aneinander und kamen über Fußball, gute Manieren und den ganzen Rest ins Gespräch, das vom Schiedsrichter dann mit einer gelben Karte für beide beendet wurde. „Gut, dass hier ein bisschen Pfeffer drin ist“, mag sich der eine oder die andere gedacht haben. Das hier war kein Sommerkick, sondern schon eine ernsthafte Standortbestimmung.

Was in Halbzeit 1 auch auffiel, war, dass sich die Mannschaft streckenweise schwer tat, in einen strukturierten Spielaufbau zu kommen. Das hatte viel mit der Gangart der Engländer zu tun und wohl auch ein bisschen damit, dass es, so habe ich das von meinem Standort aus zumindest wahrgenommen, kommunikativ noch recht ruhig zuging. Die Themen „Kommunikation“ und „Führung auf dem Platz“ hatte der Trainer nach dem letzten Test beim BFC am vergangenen Mittwoch ja deutlich angesprochen; auch in diesem Spiel jetzt gegen Rotherham war da streckenweise sicher noch Luft nach oben.

Nach einer halben Stunde wurde es dann auf dem Platz wieder interessanter: Nach einem Kvesic-Freistoß von links in Richtung des langen Pfostens rauschte der Rotherham-Keeper mit einem Mitspieler zusammen und musste behandelt werden; nach 34 Minuten setzte Kvesic einen direkten Freistoß aus etwa 30 Metern als Aufsetzer links neben den Kasten. In den Minuten 35 und 37 dann noch einmal zwei gute Szenen vom Club: Erst sind es Chahed und Bertram im Zusammenspiel auf rechts, an dessen Ende Sören Bertram den Ball knapp rechts am Kasten vorbei setzt. Dann überzeugte Costly mit einem Dribbling in den Strafraum, der anschließende Kopfball-Versuch von Christian Beck verfehlte das Ziel allerdings recht deutlich.

Herausgespielte Strafraumszenen von Rotherham waren derweil Mangelware, vor das Tor kamen die Engländer allenfalls durch Standards. Da die Club-Defensive die aber souverän wegverteidigte, ging es mit einer überhaupt nicht unverdienten Ein-Tore-Führung in die Halbzeitpause.

Manni sichert den Sieg

Die zweiten 45 Minuten ging Stefan Krämer ohne personelle Änderungen an, dafür wurde es gleich nach Wiederanpfiff gefährlich. Es gibt Freistoß von halb rechts, den Jürgen Gjasula auf die rechte Außenbahn schiebt. Die Flanke von dort wird von Rotherham zunächst geklärt, fällt aber Timo Perthel vor die Füße. Der Linksverteidiger, der ein gutes Spiel machte, versuchte es einfach mal, brachte den Ball dann aber leider nicht auf das Tor. 51 Minuten waren gespielt, als Sören Bertram die große Gelegenheit hatte, auf 2:0 zu erhöhen. Kvesic, der sich insbesondere im zweiten Durchgang zum Dreh- und Angelpunkt im Angriffsspiel mauserte (im ersten Durchgang hatte Rotherham ihn ganz gut im Griff) schickt Kapitän Beck mit einem klugen Pass auf rechts; der wiederum bedient Bertram, der sich sofort in Richtung Sturmzentrum orientiert hatte. Im Laufduell mit seinem Gegenspieler blieb der Zugang aus Darmstadt zwar Sieger, im Eins-gegen-Eins mit Rotherhams Torhüter hatte er dann aber das Nachsehen. Ein schöner, sehr schöner Spielzug war es trotzdem.

Nach einer Stunde war der Arbeitstag für Tarek Chahed und Marcel Costly beendet; Krämer wechselte damit die komplette rechte Seite aus und brachte Philipp Harant sowie Dominik Ernst. Außerdem kam noch Charles Elie Laprevotte für Björn Rother. Harant orientierte sich auf die Innenverteidiger-Position, die zuvor Rother innehatte, Dominik Ernst übernahm die Rechtsverteidiger-Position von Chahed. Rico Preißinger rückte ins rechte Mittelfeld, wo vorher Costly gespielt hatte, Laprevotte gab dafür nun mit Jürgen Gjasula die Doppel-Sechs. Vier Minuten nach dem Wechsel und der damit verbundenen Umstellung dann der Ausgleich für die Engländer: Erst hatte Rotherham aus der zweiten Reihe abgezogen und Alexander Brunst erstmals ernsthaft zum Eingreifen gezwungen; der Ball prallt nach vorn und bleibt dadurch gefährlich, mit ein paar schnellen Pässen war dann in der Mitte jemand frei und netzte zum Ausgleich. Gefühlt war das die erste richtig gute Kombination des englischen Drittligisten, für die neu sortierte blau-weiße Defensive ging das in dem Moment einen Ticken zu schnell.

Die Einwechslungen von Ernst und Harant brachten auf jeden Fall noch einmal neuen Schwung ins Magdeburger Spiel; beide haben die Chance, sich im letzten Test noch mal zu zeigen, gut genutzt. Ernst überzeugte mit ordentlicher Dynamik und hoher Einsatzfreude, Harant hatte defensiv ein paar richtig starke Aktionen und zeigte nach Ballgewinnen auch ein ums andere Mal gute Spieleröffnungs-Qualitäten. Durch die Verletzung von Dustin Bomheuer sind die Chancen für Harant, Spielzeit zu bekommen, natürlich noch mal gestiegen; es wäre großartig, wenn seine Leistungen in der Vorbereitung auch mit einem Startelf-Einsatz gegen Braunschweig honoriert werden würden. Schauen wir mal.

In der 67. Minute dann die letzte Aktion von Rico Preißinger: Er marschierte durchs Mittelfeld und bediente Dominik Ernst, der mit durchgelaufen war und den Torwart mit einem satten Abschluss prüfte. Schönes Ding. Kurz danach der vorletzte Wechsel beim Club: Preißinger hatte Feierabend, Sirlord Conteh betrat den Rasen und übernahm die Position des Kollegen.

Bis zum Ende der Partie blieb der FCM die bessere Mannschaft, die sich nun auch optisch einiges an Übergewicht erspielen konnte. Einschränkend muss man aber auch sagen, dass Rotherham fleißig durchgewechselt hatte und die klare, aggressive Linie aus den ersten 45 Minuten hinten raus nicht mehr so an den Tag legte. Sei es drum; hier ging es ja vor allem darum, sich für den Liga-Start am kommenden Wochenende den letzten Feinschliff zu holen.

Der Schmunzel-Moment des Spiels dann nach 79 Minuten: Manfred Osei Kwadwo wurde vom Trainerteam zur Bank beordert, um sich für seine Einwechslung bereit zu machen, und musste dafür vor der kleinen Tribüne im Elmstadion entlang laufen. Unter „Manni! Manni!“-Sprechchören bewegte sich Kwadwo also zur Bank und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen – schon einigermaßen irre, wie beliebt unsere Nummer 22 ist, ohne bisher groß Spielminuten bekommen zu haben. So ein bisschen fühlte ich mich an Eddy Vorm erinnert, hoffe aber natürlich, dass Kwadwo bei uns auf dem Feld einen bleibenderen Eindruck hinterlassen kann als der holländische Mittelstürmer, der 2010/2011 in 12 Partien ein Tor für die Größten der Welt erzielen konnte.

Naja, und ohne besagten Manfred „Manni“ Osei Kwadwo hätten wir dieses Spiel vermutlich nicht gewonnen. Er war es nämlich, der eine Ecke von links per Kopf (!) zu Philipp Harant verlängerte, der wiederum auf Mario Kvesic ablegen konnte. Aus dem Gewühl heraus der Abschluss – und das 2:1 für die richtigen Farben.

Viel passierte dann nicht mehr und sehr pünktlich endete der letzte Test, mit dem man unter dem Strich recht zufrieden sein kann. Es war noch einmal eine gute Standortbestimmung, die aber auch gezeigt hat, dass am ersten Spieltag mit Sicherheit noch nicht alle Automatismen zu 100% werden greifen können. Angesichts der eher kurzen Vorbereitung mit nur einer Handvoll Testspielen und mit Blick auf den doch umfänglicheren Umbruch im Kader ist das aber auch völlig okay und nachvollziehbar.

Müsste ich mich heute festlegen, würde meine erste Elf für das Auftaktspiel gegen Eintracht Braunschweig wohl so aussehen:

Brunst – Perthel, Müller, Harant, Ernst – Gjasula, Preißinger – Bertram, Kvesic, Costly – Beck.

Namen sind ja aber ohnehin nur Schall und Rauch; wichtig ist am Ende des Tages, dass die Mannschaft zum Auftakt weiß, was zu tun ist, sich reinhaut, Gas gibt und alles versucht, um die ersten drei Punkte der neuen Saison an der Elbe zu behalten. Und als wir da in Schöningen alle so standen, die Mannschaften den Platz betraten und ich mir vorstellte, wie am Samstag wieder ein paar tausend Kaputte zusammen einklatschen und ein „Fußballclub Magdeburg!“ in den Abendhimmel donnern, hatte ich direkt wieder Gänsehaut.

Ich hab’ Bock. Von mir aus kann’s losgehen. Sofort. Team Frittenfett. Auf geht’s!

2 Kommentare

  1. Pingback: Kalte Duschen - nurderfcm.de

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