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Erleichterung

Erleichterung

Als hätte jemand das Fenster aufgerissen, die alte, verbrauchte, unangenehm abgestandene Luft entweichen lassen und mit dem frischen Wind ein gutes Stück Optimismus und Zuversicht ins Zimmer zurückgeholt. Es ist komisch, aber so ungefähr fühlte sich das an, gestern Abend, als die Meldung zur Freistellung von Claus-Dieter Wollitz die Runde machte.

Selten hat mich eine Trainerentlassung so erleichtert wie diese jetzt, und das hat nicht nur damit zu tun, dass nach dem Debakel in Rostock auch die und der Letzte gesehen haben muss, dass das mit Wollitz und dieser Mannschaft nichts mehr werden würde. Um das aber gleich vorweg zu nehmen: Mir geht es gar nicht um die Person Claus-Dieter Wollitz (ich kenne den Mann nicht persönlich) und auch nicht so sehr um den Trainer Wollitz, mithin also auch nicht um eine Bewertung seiner Arbeit. Dafür reicht ein Blick auf die nackten Zahlen: zwei Siege, vier Unentschieden, fünf Niederlagen und 13:15 Tore sprechen eine deutliche Sprache, legt man die vollmundigen Ankündigungen bei bzw. rund um Wollitz‘ Präsentation seinerzeit zugrunde. Einen bleibenden Eindruck hat dieser Trainer ohnehin nicht hinterlassen – hoffen wir, dass das auch für die ungute Dynamik gilt, die da seit Weihnachten 2019 ihren Lauf genommen hatte und durch den Wechsel zu Thomas Hoßmang nun möglicherweise durchbrochen werden kann.

Nein, das Gefühl der Erleichterung rührt vielmehr daher, dass der Club mit dieser Entscheidung, auch wenn die Verantwortlichen das so nicht sagen werden, einen kolossalen, epischen Fehler einräumt und, hoffentlich nicht zu spät, auch korrigiert hat. Und das kann ich wertschätzen. Gemeint ist auch hier nicht (nur) die Installation von Wollitz, sondern der total unnötige Cut im Dezember mit der Entlassung von Stefan Krämer, der blödsinnigen Bildtafel und der Idee, so etwas wie Teamchemie und mannschaftliche Hierarchien mal eben auf Knopfdruck umbauen zu können. Was für ein Unsinn. Was für eine riesige Fehleinschätzung. Was für ein Abfuck.

So beschissen und bedrohlich die derzeitige Lage auch ist: Das, was da gestern passierte, ist vor diesem Hintergrund tatsächlich einigermaßen wohltuend, nachdem wir uns seit ungefähr Mai 2019 anhören mussten, wie toll, super, richtig und gut alles ist, wie wir Idioten bestimmte Aussagen zur kurz- und mittelfristigen Zielstellung einfach falsch verstanden haben und wie viel Potential diese freshe Mannschaft doch eigentlich hat, das sie aber kurioserweise auch unter dem zweiten Trainer der Spielzeit nicht abrufen konnte.

Diese Ignoranz und zum Teil auch Arroganz und Bockigkeit, die da transportiert wurde, war kaum mehr zu ertragen; Anspruch und Wirklichkeit standen längst, auch wenn Maik Franz das vermutlich immer noch anders sehen wird, in keinem gesunden Verhältnis mehr. Ich hatte ehrlich Angst davor, dass die sportliche Leitung es vorzieht, an ihrer eigenen Weltsicht festzuhalten und den Club lieber in die vierte Liga zu führen, als konsequent zu sagen: „Hier, halt, stop, wir haben uns da gewaltig vertan, so wird das nichts.“

Über dieses Eingeständnis, denn nichts anderes ist ja die Entlassung von Wollitz und die Degradierung von Maik Franz, bin ich sehr, sehr froh. Denn machen wir uns nichts vor: Claus-Dieter Wollitz ist in Magdeburg gescheitert, klar, allerdings war die Erfolgswahrscheinlichkeit in dem Szenario, in dem er die Mannschaft übernommen hatte, ohnehin gering. Vor allem gescheitert, und zwar krachend, ist aber Maik Franz, dem es schlicht und ergreifend nicht gelungen ist, ein Team zu formen und mit einem Cheftrainer zu versehen, das den Ansprüchen und Zielen, die immer und immer wieder formuliert wurden, auch gerecht werden konnte. Und zwar schon die zweite Spielzeit in Folge. Es ist daher gut, richtig und eigentlich auch überfällig, Maik Franz jetzt aus der Verantwortung zu nehmen. Von allem, was sich von außen beurteilen lässt, war er ihr einfach (noch?) nicht gewachsen.

Nun also Thomas Hoßmang und der Versuch, mit einer internen Lösung in den verbleibenden sieben Spielen noch die nötigen Punkte zu holen, die den Absturz in die Viertklassigkeit verhindern. Herrn Hoßmang und seinem Team für diese schwierige Aufgabe viel Erfolg, alles Gute und maximalste Unterstützung! Und an die Mannschaft, Daniel George thematisierte das ja auch bereits für MDR Sachsen-Anhalt: Jetzt seid Ihr dran, es gibt keine Ausreden mehr. Zerreißt Euch für uns, zerreißt Euch für den Club, zerreißt Euch für den Klassenerhalt! Oder bleibt halt zuhause und sucht Euch einen anderen Verein.

Am Ende des Tages ist es eigentlich ganz einfach: Fehler passieren, das ist alles nicht schlimm. Schwierig ist es allerdings, sich diese Fehler einzugestehen und dann auch konsequent zu korrigieren, was der Club nun aber hier versucht. Respekt dafür. Wie lange uns der ganze Mist noch nachhängen wird, kann niemand wissen, aber zumindest gibt es nun die Chance, es besser zu machen. Und ich weiß nicht, warum, aber irgendwie habe ich das verhalten gute Gefühl, dass das nach den gestrigen Entscheidungen sogar klappen könnte.

In diesem Sinne: Immer kämpfen, immer siegen! Immer vorwärts, FCM!

 

 

Beitragsbild: „beginnings…“ von Kelly Cookson via Flickr | Lizenz: CC BY-SA 2.0

6 Kommentare

  1. Pingback: Zurück in die Zukunft - nurderfcm.de

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