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Ein Spiel, zwei Perspektiven: TSV Havelse (H)

Der Ball schlägt zum 1:1 für den TSV Havelse ein

Wenn der souveräne Tabellenführer gegen den abgeschlagenen Tabellenletzten sein Heimspiel nicht gewinnt, ist es sicherlich nicht vermessen, von einer Überraschung zu reden. Gegen gut eingestellte, aber glücklicherweise nicht sehr treffsichere Gäste aus Havelse stand sich der Club vor allem selbst im Weg; letztlich reichte es nur zu einem 1:1-Unentschieden. Nicht das erste Mal, dass der Club in dieser Spielzeit gegen eine Mannschaft aus den unteren Tabellenregionen Punkte liegen lässt. So haben wir den Kick verfolgt:

Meine Erwartungen vor der Partie:

Nicole:

Ein Heimspiel vor vielen Zuschauern sollte uns doch wieder beflügeln. Dennoch hatte ich das Hinspiel vor Augen und wusste, dass Havelse gegen uns nur so vor Motivation strotzen würde. Aber man hoffte ja dennoch immer und immer wieder. Somit erwartete ich eine überzeugende Leistung unserer Mannschaft, die vor den Fans wieder ein Torfestival zaubern würde. Mein Bauch flüsterte mir allerdings schon vor Anpfiff zu, dass man sich ggf. auch mit weniger begnügen sollte.

Alex:

Ich erwartete ohne Wenn und Aber einen deutlichen Heimsieg. „Bei allem Respekt für Havelse: Alles andere als ein klarer Sieg einer Mannschaft auf Aufstiegskurs zuhause gegen den Tabellenletzten wäre doch eine ziemlich Enttäuschung“, so mein Gedanke vor dem Spiel. Dementsprechend war ich, ähnlich wie Nicole, an sich auch auf ein schönes Torfestival eingestellt. Und nach 90 Minuten dachte ich dann: „Tja. So kann man sich täuschen.“

So habe ich das Spiel verfolgt:

Nicole:

Ich saß mal wieder an meinem angestammten Tickerplatz im Stadion. Die Finger waren bereit, nur gute Nachrichten über das Internet zu versenden. Doch gleich machten die Gäste auf sich aufmerksam und hatten sogar die Chance, in Führung zu gehen.
Solche Rüttler brauchen wir offenbar, denn dadurch kamen wir besser ins Spiel und gingen früh durch das Tor von Leon Bell Bell in Führung.

Die Gäste hatten damit gerechnet und auch das Stadion erwartete plötzlich mehr. Möglichkeiten hatten wir, doch sowohl ein Freistoß, der an die Oberlatte gelenkt wurde und dann aus dem Tor heraussprang, als auch ein Abseitstor waren eher zum Verzweifeln. Die Gäste aus Niedersachsen standen tief hinten drin und machten uns das Leben schwer. Bereits im Hinspiel kamen wir mit der Spielweise nicht gut zurecht. Man musste geduldig sein, doch auch das war unserem Team heute abhanden gekommen. Havelse nutzte unsere Schwächephasen und stürmte in schöner Regelmäßigkeit auf unser Tor zu. Dank unseres Torhüters Reimann konnten wir die knappe Führung lange halten.

Das Stadion spürte das. Jeder Zweikampf, jede strittige Schiedsrichterszene wurde lautstark kommentiert. Das Gegentor war dann aber auch fällig, so ehrlich musste man sein. Dieser Freistoß war natürlich unhaltbar und auch einmalig für den Torschützen Damer. Erst danach wachten wir irgendwie auf und belagerten dann den gegnerischen Strafraum. Doch Havelse mauerte sich zum Unentschieden, was auch, den Spielverlauf betreffend, völlig in Ordnung ging. Die Köpfe beim Club hingen. Keiner lässt gerne gegen den Tabellenletzten Punkte liegen, doch so war es.

Alex:

Ich lümmelte entspannt auf der Couch und war nach dem frühen Treffer von Bell Bell eigentlich guten Mutes. So ungefähr hatte ich mir das vorgestellt und natürlich gehofft, dass dieses Tor beflügeln und der Club noch vor der Pause weiter nachlegen würde, um eben gleich vom Start weg zu signalisieren: „Wir haben das hier im Sack, lassen gar nicht erst irgendwas anbrennen, Havelse muss hier nicht erst Morgenluft wittern.“ Und im weiteren Spielverlauf stellte ich mir dann die Frage, ob es unseren Spielern möglicherweise genau wie mir ging, die Partie im Kopf vor dem Anpfiff schon entschieden war und nur die Höhe des Sieges noch auf dem Platz ausgespielt werden müsste.

Ich mach‘ es an der Stelle mal kurz: Ich war gleichermaßen enttäuscht vom Auftritt unserer Mannschaft wie ich vom Spiel der Havelser angetan war. Die machten das Beste aus dem, was sie halt haben, und irgendwie bin ich ganz froh, dass die Gäste so abschlussschwach sind – sonst schreiben wir hier womöglich von einer Niederlage. So richtig mit Worten greifen kann ich den Aufritt des Clubs irgendwie nicht. „Arrogant“ erscheint mir zu hart, „Dienst nach Vorschrift“, wenngleich ich das in der Halbzeitpause noch getwittert hatte, irgendwie auch. Es ist ja nicht so, dass der FCM nicht bemüht gewesen wäre, das Heft in die Hand zu nehmen, nur: Mir fehlte die letzte Entschlossenheit, der unbedingte Wille, das Ding früh zu ziehen, das letzte Quäntchen Konzentration, eben die x Prozent mehr, die nötig sind, um diese Partie bei so einer Ausgangslage souverän zu gestalten.

Irgendwie auch ein bisschen witzig, dass der Ausgleich nicht aus dem Spiel heraus, sondern ausgerechnet durch diesen Damer-Traumfreistoß fallen muss. Nichts zu halten für Reimann, klar, ebenso wie der Fakt, dass sich Havelse den Treffer absolut verdient hatte. Die von Christian Titz vorgenommenen Wechsel passten letztlich auch ganz gut ins Bild des blau-weißen Auftritts insgesamt: Irgendwie komisch und nicht so recht nachvollziehbar, unter dem Strich war das einfach zu wenig. Aber hey: Das kommt in den besten Familien vor und wenn das jetzt ein kleiner Wachrüttler zur rechten Zeit war, bin ich da völlig okay mit.

Der auffälligste Spieler:

Nicole:

Auch wenn es alle sagen, es war diesmal wirklich Dominik Reimann. Ohne ihn hätten wir das Spiel heute definitiv verloren. Er war der wichtigste Rückhalt in der Partie.

Alex:

Da kann mich vollumfänglich anschließen, werfe aber zusätzlich mal noch Korbinian Burger in die Diskussion. Den fand‘ ich ebenfalls gut. Um seine „Plug-and-Play“-Innenverteidiger-Rolle beneide ich ihn nicht; umso schöner, zu sehen, dass er halt einfach sein Ding macht, wenn er reinkommt und mit ein paar guten Defensivaktionen in letzter Sekunde gegen Havelse auch seinen Anteil am Punktgewinn hat.

Die Partie in maximal fünf Worten:

Nicole:

Kleiner Dämpfer gegen den Tabellenletzten.

Alex:

Das war zu wenig.

Das bleibt in Erinnerung:

Nicole:

Die Freude bei den 34 Gästen aus Havelse. Vor dem Stadion liefen mir einige über den Weg und allein der Anblick ihres Busses mit der Aufschrift „Schlawiner on tour“ (Anmerkung: So heißen die Dinkelbrötchen des Hauptsponsors) ließ sie mit stolzer Brust zum Stadion gehen. Da störte es die Magdeburger auch nicht, dass sich die Havelser Gästefans zum Teil in der Fanmasse wiederfanden und ihnen dann der Weg zum Gästebereich gezeigt wurde. Sie waren einfach nur glücklich, mit ihrem Verein hier in diesem Stadion und gegen uns spielen zu können.

Bereits im Hinspiel habe ich selten ein sympathischeres Team gesehen. Das bestätigte sich auch diesmal hier. Ihnen drücke ich wirklich die Daumen, dass sie den Abstieg verhindern können. Doch sie selbst nehmen dieses Jahr einfach nur jeden Punkt als wahnsinnige Erfahrung mit. Das bleibt in Erinnerung. Der TSV Havelse, einer der sympathischsten Vereine in der 3. Liga.

Eines habe ich mir jedenfalls vorgenommen. Ich werde definitiv irgendwann bei der Bäckerei, dem Hauptsponsor vom TSV, vorbeifahren und mich mit Kuchen eindecken.

Alex:

Der Freistoßtreffer wird mir auf jeden Fall länger in Erinnerung bleiben. Naja, und ansonsten war es mal wieder großartig, wie zu Beginn der zweiten Halbzeit die Wohnzimmertür aufgeht, mein Sohn reingestiefelt kommt, sich vor dem Fernseher aufbaut (also, direkt davor), ganz begeistert und unter „Ball! Ball!“-Rufen mit dem Finger die Pässe auf der Mattscheibe nachzeichnet und so ziemlich jeden Spieler abwechselnd entweder als „Mann“ oder „Kind“ bezeichnet. Irgendwann wurde ihm das langweilig, also marschierte er zum Bücherregal, schnappte sich eins seiner Kinderbücher und wollte beim Papa auf den Schoß, damit der das ausgewählte Exemplar vorliest. Das Ende vom Lied: Sohnemann schaute vom Schoß aus gebannt auf den Fernseher und der Papa war froh, dass er inzwischen so ziemlich jedes im Haushalt befindliche Kinderbuch auswendig kann, ergo ebenfalls weiter Fußball gucken konnte und nur aufpassen musste, an den richtigen Stellen umzublättern …

Das Foto des Spieltags:

Der Ball schlägt zum 1:1 für den TSV Havelse ein

(c) 1. FC Magdeburg / Norman Scholz

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