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Buchbesprechung: „Vom Stadion zur Arena“

Ernst-Grube-Stadion

Ob die Ränge des altehrwürdigen Ernst-Grube-Stadions wohl dem rhỵthmischen Hüpfen mehrerer tausend Fans dauerhaft standgehalten hätten? Wir werden es nie erfahren; bekanntermaßen musste die traditionsreiche Spielstätte 2005 einer neuen Arena weichen, die seit 2006 als „Heinz-Krügel-Stadion“ ihre ganz eigene Geschichte schreibt. Fast fünfzig Jahre lang begeisterte der 1. FC Magdeburg jedenfalls ganze Fan-Generationen im „Grube“, auch mich hat der blau-weiße Virus seinerzeit noch auf der zugigen Gegengerade erwischt. Steht man heute auf dem Heinz-Krügel-Platz, erinnert nichts mehr an das alte Stadion. Umso schöner ist es daher, wenn einem hin und wieder Bücher in die Hände fallen, die einer Spielstätte huldigen, in der Diego Maradona Pflichtspieltore erzielte und Mannschaften wie Sporting Lissabon vom 1. FC Magdeburg in ihre Schranken gewiesen wurden. Eins dieser Bücher hat Klaus-Hendrik Mester geschrieben, es trägt den Titel „Vom Stadion zur Arena“.

Zugegeben, Mesters Werk beschränkt sich nicht nur auf die alte Magdeburger Spielstätte, sondern würdigt gleich eine ganze Reihe ganz unterschiedlicher Stadien. „Wenn Herz und Seele verschwinden – eine Hommage an alte Pilgerstätten deutschen Fußballs“ lautet der Untertitel des 176 Seiten starken Werkes, das 2016 im Hildesheimer Arete Verlag erschienen ist. Jetzt kann man natürlich trefflich darüber streiten, ob die Alte Försterei in Berlin ihr Herz und ihre Seele verloren hat, während sie von Fans in Eigenregie modernisiert wurde, oder ob das Millerntorstadion auf St. Pauli inzwischen auch nur noch als vollkommen austauschbarer Tempel des ungezügelten Profifußballkonsums daherkommt. Richtig ist in jedem Fall, dass sich die Stadionlandschaft in Deutschland spätestens seit der Fußball-WM 2006 gewaltig gewandelt und mit der so genannten ‚alten Fußballwelt‘ kaum noch etwas gemein hat. So schreibt auch Mester im Vorwort seines Buches:

„Teil dieser alten Fußballwelt waren die Stadien. Ausladende, aber individuelle und weithin erkennbare Betonschüsseln mit am Ende marodem Charme dominierten die Architektur der Bundesliga. Unwillkürlich werden Erinnerungen an die markanten Flutlichtmasten wie die „Fliegenklatschen“ des Dortmunder Westfalenstadions oder an den Bökelberg – mitten im Wohngebiet in Mönchengladbach-Eicken – wach. Heute muss der Stadion-Nostalgiker seinen Platz in charakterlosen, scheinbar genormten Arenen, die im Jahrestakt den Namen wechseln, einnehmen. Dabei haben Club und Stadionsponsor häufig genauso viele Berührungspunkte wie Eisbären und Pinguine.“

Maroden Charme versprühte am Ende definitiv auch das Ernst-Grube-Stadion, das im vorliegenden Buch neben dem Düsseldorfer Rheinstadion, dem Waldstadion zu Frankfurt, dem Hamburger Sportplatz am Rothenbaum, dem alten Aachener Tivoli und noch einigen anderen großartigen Spielstätten gewürdigt wird. Auf einer Übersichtsseite werden der geneigten Leserin oder dem geneigten Leser zunächst einige Daten und Fakten wie Fassungsvermögen, Besonderheiten und besondere Spiele präsentiert (wobei die Auswahl hier eher willkürlich wirkt), bevor man sich dann auf wenigen Seiten Text über das entsprechende Stadion informieren kann.

Das Buch beeindruckt dabei aber weniger durch den Lesestoff an sich, als vielmehr durch die reiche Bebilderung, die die Geschichte greifbar werden lässt und die eine oder andere Erinnerung weckt. Und wer es ganz genau wissen will, der findet am Ende eines jeden Abschnitts unter dem Titel „Weiterführende Informationen“ ausreichend Links und Literaturtipps zum Stadion der Wahl. Nettes Feature außerdem: Der QR-Code auf der Übersichtsseite, der einen auf eine Webseite zur Geschichte des jeweiligen Stadions führt.

Auch wenn letztlich nicht so ganz klar wird, warum es ausgerechnet diese und nicht noch ganz andere Spielstätten ins Buch geschafft haben, ist Mesters Werk für diejenigen Stadien, die betrachtet werden, genau das, was der Untertitel verspricht: Eine Hommage an alte Pilgerstätten, die es nicht oder nicht mehr in dieser Form gibt. Im gut sortierten Bücherregal des geneigten Stadionnostalgikers sollte „Vom Stadion zur Arena“ daher nicht fehlen und auch wenn der Abschnitt über das Ernst-Grube-Stadion für Clubfans wenig Neues bietet, lohnt sich der Kauf – schon allein, weil es sich einfach großartig anfühlt, die eigene Stadt gleich neben Hamburg, Frankfurt, Dortmund, Köln und anderen ‚Großen‘ des deutschen Fußballs in einem Buch zu finden.

„Vom Stadion zur Arena. Wenn Herz und Seele verschwinden – eine Hommage an alte Pilgerstätten deutschen Fußballs“ von Klaus-Hendrik Mester kostet 19,95 €. Bezogen werden kann das Buch direkt über den Verlag und natürlich auch via Amazon.

 

Beitragsbild: „Books“ (geändert) von Christopher, Lizenz: CC BY 2.0

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