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Scheibenschießen

34. Spieltag

1. FC Magdeburg – SG Sonnenhof Großaspach, 34. Spieltag, 2:1 (1:1)

Es ist schon spannend: Da ist der Kapitän gesperrt, der Dauerbrenner auf der linken Seite ebenso, dazu hat das Team ein Unter-der-Woche-Landespokal-Halbfinalderby in den Knochen und sieht sich der Trainer gezwungen, nicht nur die Mannschaftsaufstellung auf 5 Positionen, sondern gleich noch die komplette taktische Grundordnung zu ändern – und dann liefert der 1. FC Magdeburg gegen die SG Sonnenhof Großaspach so ein Spiel ab. 2:1 heißt es am Ende völlig verdient gegen eine Großaspacher Mannschaft, die mit dem engagierten Auftreten der Hausherren in den ersten 20 Minuten völlig überfordert war, sich nach 42 Minuten dankenswerter Weise selbst entscheidend schwächte und es hinten raus nur der katastrophalen Chancenverwertung des Clubs zu verdanken hatte, im Heinz-Krügel-Stadion nicht vollkommen baden zu gehen. Dass es die Gastgeber trotzdem noch einmal unnötig spannend machten, liegt derzeit wohl in der Natur der Sache – umso wichtiger, dass die (zweimalige) Führung endlich auch mal wieder für einen Sieg reichte.

Nicht zuletzt die diversen verletzungsbedingten Ausfälle und Sperren führten dazu, dass sich Jens Härtel in diesem Spiel für ein 4-4-2 entschieden hatte: Vor Leopold Zingerle im Tor liefen Nico Hammann und Christopher Handke in der Innenverteidigung auf, die Außenpositionen übernahmen links Michel Niemeyer und rechts Nils Butzen. Im zentralen Mittelfeld spielten Jan Löhmannsröben und der an diesem Tag überragende Charles Elie Laprevotte als unermüdlicher Balldieb und kluger Spieleröffner. Die linke Außenbahn beackerte der nicht minder überragende Piotr Cwielong, der offenbar so langsam ins Rollen kommt, rechts durfte Tarek Chahed von Beginn an ran. Im Sturm startete Julius Düker neben Christian Beck – eine Variante, es zuletzt am 17.12.2016 in Lotte gab und die sich im Spielverlauf durchaus bezahlt machen sollte.

Mit Blick auf die insgesamt zur Verfügung stehenden Akteure ging es mit dieser Startelf kaum offensiver, dementsprechend versuchte der Club auch direkt, vor 18.550 Zuschauern (davon handgezählten 10 aus Großaspach) die Initiative zu übernehmen. Die unmittelbare Anfangsphase war aber eher zerfahren; der FCM hatte zwar mehr Spielanteile, der erste Abschluss gehörte jedoch den Gästen: Nach einem Einwurf auf der rechten Seite jagt Großaspachs Nicolas Jüllich den Ball aus 16 Metern deutlich über das Tor. Besser machten es Julius Düker und Christian Beck nur eine Minute später – Piotr Cwielong bringt den Ball von links scharf in den Strafraum, findet die Großaspacher Hintermannschaft (wie noch häufiger an jenem Nachmittag) reichlich unsortiert und dafür aber den Kollegen Düker vollkommen frei. Die erste 100%ige Torchance der Begegnung versemmelt der 21jährige allerdings eher kläglich, in dem er den Ball nicht irgendwo im Tor unterbringt, sondern zentral auf Keeper Broll zielt, der den Schuss zunächst noch stark entschärfen kann. Die Rettungsaktion des Torwarts landet dann bei Piotr Cwielong, der abermals in die Mitte gibt, diesmal auf Beck – und der steht dann da, wo ein Mittelstürmer eben stehen muss und schiebt den Ball für sein 100. Pflichtspieltor für den 1. FC Magdeburg durch Brolls Hosenträger zum vielumjubelten 1:0 über die Linie.

Wesentlich besser hätte es für den Club kaum laufen können; wie so oft in dieser Saison war es allerdings auch diesmal eher der Gegner, der zunächst aus dem Gegentreffer für das eigene Spiel Kapital zu schlagen schien. Plötzlich lief der Ball und durfte man um den Strafraum herum ungestört 2, 3, 4 Pässe aneinanderreihen, ohne aber eine Lücke im gut sortierten Magdeburger Abwehrverbund zu finden. Keine fünf Minuten nach dem 1:0 war dann allerdings der FCM wieder am Drücker und verpasst Julius Düker eine Niemeyer-Flanke in der Mitte nur knapp. Auffällig in der Anfangsphase: über die schnellen und ballsicheren Niemeyer und vor allem Cwielong konnten sich die Hausherren immer wieder in oder an den Strafraum kombinieren und mit gefährlichen Hereingaben für einigen Alarm in der Großaspacher Defensive sorgen. So zum Beispiel auch nach 13 Minuten, als Cwielong, von Charles Elie Laprevotte nach starkem Ballgewinn im Mittelfeld zentral bedient, sogar aus zweieinhalb Optionen wählen kann: rechts war Tarek Chahed mitgelaufen, im Strafraum Julius Düker.  Cwielong entscheidet sich letztlich für den schwierigsten Ball und versucht den frechen Lupfer als Torabschluss, der allerdings ein Stück zu lang gerät und beim Torwart landet.

Auch wenn diese Aktion wohl nur so halb als Torchance zählt, war man nach den letzten, offensiv (und ja, das ist Jammern auf hohem Niveau) nicht immer glücklichen Auftritten schon irgendwie geneigt, sich mitunter verwundert die Augen zu reiben: der Club ließ Ball und Gegner anständig laufen; als Resultat brachte die SG Sonnenhof Großaspach kaum einen ordentlichen Spielaufbau zustande und offenbarte die Defensive zum Teil erhebliche Lücken. Das änderte sich erst nach ungefähr 20 Minuten mit einem Freistoß aus zentraler Positon knapp 5 Meter vor dem Strafraum, der allerdings recht deutlich links vorbeiging. Die Gäste nun mit ihrer besten Phase im gesamten Spiel, allerdings ohne, dass es wirklich einmal richtig gefährlich wurde – entweder konnte die Magdeburger Defensive im entscheidenden Moment klären oder der letzte Pass lief einfach ins Leere.

Umso ärgerlicher daher, dass es nach 33 Minuten plötzlich 1:1 steht: Laprevotte war bei einem Großaspacher Angriffsversuch im Mittelfeld einen Ticken zu spät gekommen und kann sich nur mit einem Foul an Jüllich helfen; folgerichtig gibt es Freistoß für den Gegner knapp 25 Meter rechts vor dem Tor. Die Hereingabe kann Christian Beck mit dem Kopf zwar klären, allerdings landet der Ball direkt vor den Füßen von Sebastian Schiek auf der linken Seite, der nun völlig frei steht, schaut, sich den Ball in aller Ruhe zurechtlegt und ihn dann mit einem für Leopold Zingerle nicht haltbaren Schuss trocken rechts im Tor versenkt. “Mainz 05, ick hör’ Dir trapsen” mag man sich in dieser Szene wohl gedacht haben: Da hatte Großaspach vorher keine großen Anstalten gemacht, überhaupt aufs Tor zu schießen und erzielt mit dem ersten richtig gefährlichen Ball prompt dem Ausgleich.

Der Treffer gab den Gästen nun natürlich Auftrieb und es war Leopold Zingerle zu verdanken, dass der Spielverlauf nach 35 Minuten nicht völlig auf den Kopf gestellt wurde: einen freien Röser-Kopfball aus 7 Metern nach sauberer Flanke von der linken Seite kann er mit den Fingerspitzen noch über die Latte lenken. Dann Spielminute 39: Nico Hammann schickt Piotr Cwielong mit einem überragenden Pass über fast das gesamte Spielfeld steil in Richtung Grundlinie; der erreicht den Ball auch tatsächlich, wird (bereits im Rücken der Abwehr) aber im letzten Moment noch gestört und kann so nicht mehr entscheidend in die Mitte flanken.

Cwielong. Immer wieder Cwielong. Irgendwie logisch, dass der Pole auch beim größten Aufreger der ersten Hälfte im Mittelpunkt steht: 42 Minuten sind gespielt, als sich Lucas Röser, immerhin Großaspachs bester Torschütze, am Mittelkreis zu einem zünftigen Tritt gegen die Achillessehne des bis dato kaum zu haltenden Flügelspielers hinreißen lässt, der im Anschluss an die Szene mehrere Minuten behandelt werden muss. Schiedsrichter Dietz nestelt erst an der Brusttasche, entscheidet sich dann aber doch für einen stärkeren Farbton und zeigt glatt rot. Harte Entscheidung, wohl aber vertretbar – die Gäste nun mit einem Mann weniger, die Hausherren den Rest der ersten und die ganze zweite Halbzeit in Überzahl. Das konnte, das durfte schlicht und ergreifend an diesem Nachmittag nicht schief gehen. Diese Haltung verstärkte sich noch mit dem Pausenpfiff: Osnabrück und Regensburg lagen zu dem Zeitpunkt beide vorn, in Kiel stand es noch Unentschieden – wer aufsteigen will, muss so ein Spiel bei dieser Konstellation zuhause einfach ziehen.

Dementsprechend gestaltete sich dann auch Halbzeit 2: Großaspach stellte das Offensivspiel erst einmal (und nachvollziehbarer Weise) vollständig ein, es sei denn, man wurde durch Standardsituationen oder (wenige) blau-weiße Abwehrfehler irgendwie in die Offensive genötigt. Auf der anderen Seite wurde es derweil im Minutentakt gefährlich. Julius Düker kann sich gleich zweimal gefällig auf links durchsetzen, zielt dann aber auf den Torwart (50.) bzw. spielt unnötigerweise noch mal einen Pass, statt nach schönen Solo einfach selbst abzuschließen (52.). Nach 56 Minuten testet Nico Hammann Kevin Broll, Großaspachs Besten an diesem Nachmittag, mit einem inzwischen leider selten gewordenen Flatterball-Freistoß aus 30 Metern, zwei Zeigerumdrehungen später ist es erneut Düker, dessen Schuss nach klasse Zusammenspiel mit Beck und Cwielong vom Großaspacher Keeper pariert werden kann.

Es war zum Haare raufen. Nachdem auch Tarek Chahed (verpasste einen Pass von Beck im Fünfer nach schöner Cwielong-Vorarbeit, 63.) und Jan Löhmannsröben (setzte einen Fernschuss nach schönem Ballgewinn und zwei, drei ungestörten Dribblings über das Tor, 66.) nicht zum Erfolg kamen, war es letztlich erneut Christian Beck vorbehalten, die zweite Magdeburger Führung des Tages zu erzielen. Zunächst flankt Niemeyer von links in Richtung Mittelstürmer; der Ball wird geklärt, aber von Tarek Chahed noch im Strafraum gut gesichert und per Kopf auf Julius Düker weitergeleitet. Der kommt erneut frei zum Abschluss, verzieht aber nach links – und erneut auf Beck, der gedankenschnell den linken Außenrist an den Ball hält und ihn so zum 2:1 versenkt.

Während bei Großaspach direkt die Köpfe hingen, wollte sich der Club mit der knappen Führung nicht zufrieden geben. In der 73. Minute war Niklas Brandt für den fleißigen Düker gekommen und hatte Jens Härtel auf 4-2-3-1 umgestellt; mit Brandt als zentralem Mann hinter Beck im offensiven Mittelfeld und einem Piotr Cwielong, der nun unbedingt sein Premierentor erzielen wollte, ging es weiter mit dem munteren Scheibenschießen. So war es zunächst Cwielong, der am Ende einer tollen Ballstafette über Nils Butzen rechts, den schon erwähnten Niklas Brandt und Christian Beck an der linken Strafraumkante wieder an den Ball kommt, halbhoch schießt und Kevin Broll zu einer Flugeinlage zwingt (79.). Fünf Minuten später bedient er Beck per Chip, der es mit einem Kopfball versucht. Dann Niklas Brandt mit einigen schönen Fernschüssen, die aber alle entweder zu hoch oder zu weit geraten. Dann wieder Cwielong von links und abermals der Torhüter als letztes, offenbar unüberwindbares Hindernis… die Liste ließe sich noch um einige viel versprechende Situationen fortsetzen, aber vielleicht mit folgendem Satz auf den Punkt bringen: Der Club feuerte aus allen Lagen, wollte unbedingt die Entscheidung und brachte es aber einfach nicht fertig, den Ball irgendwie hinter die Linie zu bewegen.

Und wie das dann oft so ist, witterte plötzlich der Gast noch einmal Morgenluft, während Jens Härtel seine Coachingzone mal eben auf die gesamte Seitenauslinie der Magdeburger Hälfte ausdehnte und dem einen oder anderen Clubfan die Sache mit der Chancenverwertung, die sich eigentlich irgendwann rächen muss, durch den Kopf gegangen sein dürfte. Großaspach kam jedenfalls noch zweimal halbwegs aussichtsreich vor das Magdeburger Tor: zunächst nach 83 Minuten, als Christopher Handke einen Konter der Gäste erst im Strafraum klären kann und kurz vor Schluss mit einem Freistoß, bei dem ja immer mal einer durchrutschen kann. Völlig unnötig, dieser Spannungsbogen, den der Club da noch mal aufgebaut hatte – und glücklicherweise ohne negative Konsequenzen, weil dann nach 93 Minuten endlich Schluss war und der 1. FC Magdeburg den Platz als vollkommen verdienter Sieger verlassen durfte.

Unter dem Strich steht damit eine Partie, die man dem Verlauf nach wohl in die Kategorie „Pflichtsieg“ einsortieren kann. Großaspach genau zweimal richtig gefährlich (und einmal davon erfolgreich), der Club mit Chancen, die gut und gern für fünf Spiele gereicht hätten, am Ende aber mit dem unbedingten Willen, diese Begegnung in jedem Fall gewinnen zu wollen. Dazu ein Auftritt von Piotr Cwielong und auch Charles Elie Laprevotte, der es dem Trainer nicht unbedingt leichter machen dürfte, sich mit der Rückkehr von Marius Sowislo und Tobias Schwede auf die Startformation für die nächste Begegnung festzulegen. Wohl der Mannschaft, die im Aufstiegskampf ein solches Luxusproblem hat.

Im vorletzten Auswärtsspiel der Punkterunde geht es nun noch einmal zum lästigen Nachbarn aus dem Süden, dessen Saison man unter der Woche mit dem Sieg im Landespokalhalbfinale im Prinzip fein säuberlich beendet hat. Aus eben diesem Grund dürfte der Gang ins Kurt-Wabbel-Stadion eher noch einmal ein Stückchen schwerer werden, gibt es doch für den Halleschen FC 2016/2017 nichts mehr zu gewinnen, außer, Sachsen-Anhalts Nummer 1 vielleicht noch in die Aufstiegs-Suppe zu spucken. Mit einem blau-weißen Auftritt wie jetzt gegen Großaspach sollte dem geneigten Clubfan da aber eigentlich nicht bange werden. In diesem Sinne: weiter, immer weiter! Nur noch 4!

Die Pressekonferenz zum Spiel (via YouTube)

Hier geht es zur Zusammenfassung der Sportschau (via YouTube).

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