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Neue Perspektiven

Lohkemper

1. FC Magdeburg – 1. FC Heidenheim, 27. Spieltag, 0:0 (0:0)

Ein bisschen verloren standen sie da und wussten offenbar nicht so recht, wo hin mit sich. Die Südtribüne hatte ein „Du bist niemals alleine!“ angestimmt, während die Mannschaft nach dem Spiel auf der ungewohnten Seite des Stadions vor der Kurve stand und dann irgendwann einfach im Takt mitklatschte. Abgekämpft sahen sie aus, verständlicherweise, an Einsatz und Willen hatte es in den vorangegangenen 90 Minuten beileibe nicht gemangelt. Leer waren die Gesichter, enttäuscht auch, und damit dürften sich die Jungs auf dem Rasen ganz ähnlich gefühlt haben wie der größte Teil der 17.517 Fans im Stadion. Es war mal wieder so ein Spiel, nach dessen Ende man sich wahlweise entweder am Kopf kratzen oder irgendwas kaputt machen möchte. 16 Minuten Überzahl. Elfmeter in der 90. Minute beim Stand von 0:0. Und trotzdem nur ein Punkt. Was soll man dazu noch groß sagen?

Michael Oenning vertraute gegen den 1. FC Heidenheim im Großen und Ganzen auf die gleiche Elf, die es auch schon in Dresden sehr ordentlich gemacht hatte: Loria im Tor, davor Perthel, Müller, Erdmann und Rother. Kirchhoff, Laprevotte und Startelf-Rückkehrer Preißinger im Mittelfeld, für die Offensive Türpitz, Bülter und Lohkemper.

Blau-Weiß macht das Spiel, Heidenheim hat die Chancen

Der Club hatte sich offenbar ordentlich was vorgenommen und ging mit mächtig Schwung in diese Begegnung. Unterstützt wurde die Mannschaft von einer gut aufgelegten Kurve, die sich für dieses Spiel ja erst einmal neu hatte sortieren müssen. War schon komisch, so auf die überwiegend nackte „Nord“ zu schauen, aber man gewöhnt sich bekanntermaßen ja an alles. Oder an vieles, Spielverläufe wie dieser gehören mit ziemlicher Sicherheit nicht zu den Dingen, die irgendwann einmal zu einer lieb gewonnenen Gewohnheit werden.

Die Anfangsphase gehörte jedenfalls dem Club, wenngleich es dem Team von Michael Oenning zunächst nicht gelang, Ballbesitz auch in Torgelegenheiten umzumünzen. Bereits in der dritten Minute hatte Blau-Weiß die erste Ecke, nachdem insbesondere Marius Bülter den Ball im Angriffsdrittel schön hatte behaupten können. Gefährlich wurde dieser Standard allerdings nicht, genauso wenig wie die weiteren 10 Eckbälle, die im Verlauf des Spiels noch folgen sollten. Nur eine Minute (und einen schnell unterbundenen Heidenheimer Konter) später konnte Philip Türpitz einen hinter die Abwehrkette gespielten Ball scharf auf Björn Rother quer legen, der den Raketenpass dann aber am Strafraum leider nicht so richtig kontrolliert bekam. Schade eigentlich.

Die erste gute Gelegenheit für die Gäste verzeichnete nach zehn Minuten Maximilian Thiel. Heidenheims Kapitän Marc Schnatterer war auf der rechten Bahn marschiert und gab den Ball in die Mitte, wo Dennis Erdmann stand und den Pass unglücklich vor die Füße von Thiel klärte. Der fackelte nicht lange, setzte seinen Abschluss dann aber links neben das Tor. Während man gerade noch damit beschäftigt war, kräftig durchzuatmen, bekam Heidenheims Nummer 21 nur eine Minute später gleich die nächste gute Gelegenheit. Diesmal ging es über die linke Seite, der Schuss aus kurzer Entfernung rauschte dann aber am rechten Pfosten vorbei.

Und was war mit dem Club? Nun, der hatte seinen ersten Abschluss nach einer guten Viertelstunde. Marius Bülter flankte von rechts in den Strafraum, Heidenheim klärte zwar, aber mehr oder weniger direkt zu Jan Kirchhoff. Der mit einem Strahl aus der zweiten Reihe, bei dem nicht allzu viel gefehlt hatte. Trotzdem ging der Abschluss über das Tor. Und wo wir schon bei Fernschüssen sind: Einen solchen setzte Heidenheims Marnon Busch nach 18 Minuten an die Unterkante der Latte. Großes Glück für den FCM, dass hier nicht schon längst alle Messen gesungen waren.

Das Heidenheim Offensivpulver war damit größtenteils verschossen, im weiteren Verlauf der ersten Hälfte kamen die Gäste nur noch zweimal durch Freistöße vor das Magdeburger Tor: In der 35. Minute brachte Schnatterer einen langen Ball von links auf den rechten Pfosten, den Kopfballabschluss hält Loria dann aber sicher. In Minute 38 köpfte Rother einen Standard, der wieder von Schnatterer kam, aus der Gefahrenzone. Das war es dann auch.

Der FCM war derweil redlich bemüht, tat sich aber häufig schwer mit dem allerletzten Pass. Oder hatte einfach Pech, wie nach 24 Minuten, als Felix Lohkemper mit Tempo von rechts in den Strafraum eindrang, abzog und seinen Schuss ins Toraus abgefälscht bekam. Aus der Aktion resultierten zwei Ecken hintereinander, die allerdings keinerlei weiterer Erwähnung wert sind. Ähnlich lief es nur vier Minuten später, als Jan Kirchhoff den Ball im Mittelfeld gut treibt, vor dem Strafraum dann noch mal auf Preißinger ablegt und dessen Schuss ebenfalls zur Ecke gelenkt wird.

Die besten Magdeburger Gelegenheiten verzeichneten in der ersten Halbzeit Rico Preißinger und Marius Bülter, beide Male stand allerdings ein glänzend reagierender Kevin Müller einem Erfolgserlebnis im Weg. Erst fischte er einen verdeckten Schuss unserer Nummer 21 noch aus der linken Ecke (35.), dann war er kurz vor dem Halbzeitpfiff auf dem Posten, als Bülter am Fünfmeterraum angespielt wurde, sich drehen konnte, den Ball dann aber nicht durch die Beine des Heidenheim Keepers geschoben bekam. Mit einem merkwürdigen 0:0 ging es in die Pause: Der FCM machte das Spiel, hätte sich aber auch nicht beklagen können, wenn zur Halbzeitpause ein 0:3 auf der Anzeigetafel gestanden hätte.

Immer wieder Lohkemper

Der zweite Durchgang war dann einer zum Verzweifeln, zumindest dann, wenn man den Größten der Welt die Daumen drückt. Wieder kam Blau-Weiß engagiert aus der Kabine, gleich in der 46. Minute ergab sich eine Abschlussgelegenheit für Lohkemper: Sein Schuss von links wird zur Ecke geklärt, der daran anschließende Kopfball von Björn Rother segelte sanft und wohlbehalten ins Toraus. Heidenheims einzige, halbwegs gefährliche Offensivaktion im zweiten Durchgang hatte nur drei Minuten drauf Robert Glatzel, der sich bei einem Konter für den eigenen Abschluss entschied, obwohl links noch ein Kollege mitgelaufen war. Gut für uns und dankbar für Loria – der Schuss von Glatzel stellte für den georgischen Nationalkeeper keinerlei Gefahr dar.

In der 50. Minute dann wieder der Club und erneut ist es der fleißige Felix Lohkemper, der im Heidenheimer Strafraum für Gefahr sorgt. Sein Schuss aus spitzem Winkel überwindet diesmal zwar Müller, landet dafür aber auch nur am Außennetz. Nach 55 Minuten ist es Offensivkollege Bülter, der nach gefühlten 65 Haken rechts im Strafraum einen Ball auf das lange Eck schlenzt. Der sah sehr, sehr gut aus, konnte im letzten Moment aber noch von einem Heidenheimer Bein ins Toraus bewegt werden. Nach einer verletzungsbedingten Unterbrechung (ein Spieler der Gäste war im Strafraum liegengeblieben) passierte dann erst einmal nicht so wahnsinnig viel, bis nach einem schönen Spielzug über rechts und Lohkemper in der 63. Minute Philip Türpitz am Fünfmeterraum angespielt wird. Der verschafft sich Platz, bringt den Schuss aufs Tor – aber auf der Linie steht Marnon Busch und kratzt das Ding noch irgendwie raus. Es war ja nun nicht so, dass der Club keine Chancen gehabt hätte. Im Gegenteil. Man kam ja zu Abschlüssen gegen einen durchaus starken und verdammt abgewichsten Gegner. Was willst Du aber machen, wenn dann halt immer noch irgendein Bein in der Gegend rumsteht? Es war zum Verzweifeln. Mal wieder.

Der unglücklich abgelenkte Abschluss war Philip Türpitz’ letzte Aktion, für ihn kam in der 65. Minute Tarek Chahed ins Spiel. Der ordnete sich gleich mal ganz vorne ein und brachte noch mal ein gutes Stück Energie; gemeinsam mit Sturmkollege Lohkemper lief er die gegnerischen Verteidiger und Kevin Müller immer wieder gut an. Und er sorgte dafür, dass seine Farben ab der 74. Minute mit einem Mann mehr auf dem Feld standen: Zentral vor dem Strafraum hatte sich Chahed gut durchgetankt und war von Norman Theuerkauf nur mit einem gelbwürdigen Foul zu stoppen gewesen. Es war die zweite Verwarnung für den Heidenheimer Verteidiger, der folgerichtig duschen gehen durfte. Den ruhenden Ball aus vielleicht 17, 18 Metern trat dann Felix Lohkemper in Richtung Tor – und setzte den Schuss doch deutlich über den Kasten. Ärgerlich, wenn ein Freistoß aus so einer viel versprechenden Position dann nicht aufs Tor kommt. Tja nun, weiter ging’s. Der FCM war gut im Spiel, man konnte mindestens 16 Minuten in Überzahl agieren – jetzt ordentlich Druck, die Pille reinbrüllen und dann könnte das noch ein durchaus angenehmer Freitagabend werden.

In der 80. Minute kam Marcel Costly für Björn Rother, nach 83 Minuten machte Rico Preißinger für Michel Niemeyer Platz. Michael Oenning ging damit konsequent „all in“ und setzte auf reichlich Tempo, allein, so richtig druckvoll wurden die Hausherren bis zum Ende nicht mehr. An der Stelle muss man schon auch den virtuellen Hut vor Heidenheim ziehen. Die Gäste machten das gut, indem sie nur wenig Räume ließen, die dann von den schnellen Magdeburger Einwechslern eben auch kaum temporeich bespielt werden konnten. Und trotzdem gab es dann da noch diese eine, riesige Gelegenheit.

89. Minute, Marius Bülter mit einem Dribbling im Heidenheimer Strafraum entlang der Grundlinie. Niklas Dorsch steigt ihm auf den Fuß, Bülter nimmt das Geschenk gern an, Schiedsrichter Benedikt Kempkes pfeift Elfmeter, auf der Südtribüne sacken die Ersten in die Sitzschalen. Da ist das Ding. Der vielleicht einfachste Schuss im Fußballsport. Elf Meter, ein Ball, ein Keeper, ein Schütze. Das muss doch… Das wird schon… Come on, FCM!

Die Verantwortung übernimmt Felix Lohkemper, der dafür in allererster Linie mal Respekt verdient. Kevin Müller bleibt lange stehen, entscheidet sich dann für die von ihm aus gesehen rechte Ecke. Lohkemper tut es ihm gleich, schießt halbhoch und wenig platziert – und Müller lenkt den Strafstoß an den Pfosten.

Uff.

In so einem Moment gehen einem natürlich tausend Gedanken durch den Kopf. Angefangen von „Das kann doch alles nicht wahr sein!“ über „Tja. Wenn Du die Dinger nicht nutzt, steigst Du halt ab.“ bis hin zu wenig jugendfreien Ausdrücken, die sich hoffentlich nur im Kopf materialisierten. Nützte ja aber alles nix, der Ball war halt nicht drin und so, wie das Spiel bisher verlaufen war, hätte man das Heidenheimer Tor vielleicht einfach auch gleich vor Beginn der Partie schon mit ein paar Brettern vernageln können. Hätte auch nix geändert. Was machst Du bloß mit uns, großer 1. FCM?

Zwei, drei Sätze an der Stelle vielleicht mal noch in Richtung Felix Lohkemper, der das Stadion recht zeitnah nach dem Abpfiff und mächtig angefressen verlassen hatte. Du wirst das hier mit einiger Sicherheit nicht lesen, aber: Kopf hoch! Dass man mal einen Elfmeter verschießt, ist halt Teil des Spiels. Dann machst Du eben in Hamburg drei Buden und schießt uns gegen Köln mit nem schicken Panenka gegen Timo Horn zum Klassenerhalt. Du bist niemals alleine!

Fazit:

Wieder hat die Mannschaft eigentlich ein starkes Spiel gezeigt, wieder war man ganz nah dran, wieder hat man sich am Ende nicht belohnt, sodass es mal wieder nicht gereicht hat. Das zieht sich nun schon durch die ganze Saison und so langsam schwindet die Hoffnung, dass man dieses Muster in den verbleibenden sieben Spielen noch wird durchbrechen können. Vielleicht ist es also an der Zeit, nicht nur auf die Nordtribüne, sondern auch auf den Rest der Spielzeit eine neue Perspektive zu werfen. Klar, noch kann alles passieren, nur führen die permanenten Schläge in die Magengrube langsam doch mal zu einem nachhaltig unguten Gefühl. Ich für meinen Teil werde jedenfalls versuchen, weiterhin Gas zu geben, vor allem aber die letzten Partien der Spielzeit noch mal ordentlich zu genießen. Was am Ende dabei rauskommt, wird sich zeigen, derweil gilt der alte Leitsatz: „Das kann doch einen Clubfan nicht erschüttern.“ Und dazu ein zweiter, der natürlich immer Gültigkeit besitzt: Alles nur für Dich, mein FCM!

Man sieht sich in Hamburg. Und dann rocken wir den Volkspark.

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