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„Es zählt nur der Sieg!“

Sieg

1. FC Magdeburg – SV Darmstadt 98, 29. Spieltag, 0:1 (0:0)

Wir müssen über das Thema „Chancenverwertung“ sprechen. Und über die Präzision im letzten Drittel. Und darüber, dass wir in dieser Saison bisher im Heinz-Krügel-Stadion lediglich 12 von 45 möglichen Punkten geholt haben. Und auch darüber, wie beschissen es sich anfühlt, dieses Spiel gegen Darmstadt zu verlieren. Auf diese Weise vor allem. Ach, FCM, Du machst es einem wirklich nicht leicht. Von „Fußball ist das geilste Ding der Welt“ zu „Ab sofort geh’ ich zum Halma. Ein Halma-Blog. Das isses. Das nächste ganz große Ding!“ innerhalb (!) einer einzigen Woche. Mich macht das alles fertig.

Dabei war ja eigentlich die perfekte Bühne bereitet. Die Brust war breit nach dem HSV-Spiel, die Ansage vom Vorsängerpodest aber natürlich auch richtig: „Hamburg ist vorbei, das interessiert hier heute kein Schwein mehr, es zählt nur der Sieg!“

Trotzdem hat man der Mannschaft angemerkt, dass der Erfolg am Montag gut getan hat, was ja auch nicht verwundern kann. Schade nur, dass man die Mini-Euphoriewelle, die da aus dem Volksparkstadion elbaufwärts schwappte, mit diesem Spiel jetzt ganz gepflegt wieder hat abfließen lassen. Selten war das Stadion nach dem Abpfiff so ruhig. Es fühlte sich fast an wie auf einer Beerdigung.

Der Club macht das Spiel…

Los ging es erst einmal recht vielversprechend. Michael Oenning schickte exakt die gleiche Formation aufs Feld, die noch am Montag erfolgreich gewesen war: Brunst im Tor, Perthel, Müller, Erdmann und Rother defensiv, das Mittelfeld mit Kirchhoff, Laprevotte und Preißinger und für die Offensive Philip Türpitz rechts, Felix Lohkemper eher zentral und Bülter, der viel über die linke Seite kam.

Die Anfangsphase oder genauer: die gesamte erste Halbzeit gehörte im Prinzip dem Club. In der 3. Minute gleich der erste Ball aufs Tor: Über Kirchhoff und Preißinger gelangt die Kugel zu Bülter, der sieht die Lücke, zieht aus 16, 17 Metern ab und zwingt Daniel Heuer Fernandes im Darmstädter Tor erstmals zum Eingreifen. Von den Gästen war bis ungefähr zur 25. Minute eigentlich gar nichts zu sehen. Die Hessen standen recht tief, ließen sich bespielen und lauerten vermutlich auf Kontergelegenheiten. Auffällig war, wie viel Platz es da für Blau-Weiß mitunter zum Kombinieren und zum Spielen von engen Pässen gab. In der zweiten Hälfte hat Darmstadt das deutlich besser gemacht; umso ärgerlicher, dass der Club die Gelegenheiten, die sich ja durchaus boten, nicht verwerten konnte.

Nach der ersten Aktion von Bülter passierte erst einmal nicht so furchtbar viel, bis dann in der 13. Minute eine geklärte Magdeburger Ecke vor den Füßen von Rico Preißinger landete. Der probiert es aus der Distanz, setzt seinen Schuss aber deutlich über den Kasten. In Spielminute 14 dann die Riesenmöglichkeit, verdient in Führung zu gehen: Rother mit einem eigentlich tollen Pass in die Gasse auf Felix Lohkemper, nur, dass der Ball unsere Nummer 7 genau auf der falschen Seite findet. Lohkemper spitzelt das Ding trotzdem noch irgendwie am Fünfer in Richtung Tor, kann Fernandes aber nicht mehr gefährlich werden. „Da müsste man eigentlich mehr draus machen“ war so der Gedanke, der da vom rechten zum linken Ohr huschte. Leider an diesem Nachmittag nicht zum einzigen Mal.

Dann die 21. Minute: Philip Türpitz spielt einen langen Pass im Mittelfeld, fasst sich dann ans Bein, bleibt liegen und muss nach längerer Behandlungspause ausgewechselt werden. Ganz, ganz bitter, vor allem natürlich für den Spieler. Für alle anderen aber selbstverständlich auch – dass im Endspurt Leistungsträger ausfallen, ist ungefähr das letzte, was wir jetzt gebrauchen können. Wenigstens war die Wechseloption mit einem gewissen Christian Beck auf der Bank jetzt nicht unbedingt die schlechteste. Der nominelle Kapitän kam auch und orientierte sich sofort ins Zentrum, Lohkemper rutschte dafür auf die Türpitz-Position.

Ich mag mich täuschen, aber ab diesem Moment war das irgendwie ein anderes Spiel. Darmstadt kam kurz auf und zu einem Kopfballabschluss nach einer schlecht verteidigten Flanke von rechts, setzte die Möglichkeit aber recht deutlich links neben den Kasten. Beck und der Rest des Teams suchten derweil so ein bisschen die Abstimmung; das direkte, flache Spiel in den Strafraum wurde immer wieder durch hohe Anspiele ersetzt, der letzte Pass zur Torchance verpuffte oft. Was übrigens auch eine Beobachtung war, die sich durch das gesamte Spiel zog.

Bis kurz vor der Halbzeitpause konnte sich jetzt jedenfalls Darmstadt ein optisches Übergewicht erarbeiten und kam auch zu Gelegenheiten. Die beste gab es vielleicht in der 35. Minute: Preißinger verliert links defensiv ein Laufduell, der Ball kommt halbhoch in die Mitte und wird von Brunst mit der Patsche aus der Flugbahn gebracht. Gute Aktion an sich, hätte da nicht Serdar Dursun gestanden und einen Seitfallzieher aufs leere Tor probiert. Gut, dass da noch ein blau-weißer Abwehrspieler vor der Linie stand und für den bereits geschlagenen Brunst klären konnte. Zwei Minuten später kamen die Gäste dann mal mit Tempo über links, nach einer Flanke auf den kurzen Pfosten ist es Kempe, der nur äußerst knapp über das Tor köpft.

Der letzte Rest der Halbzeit gehörte dann wieder dem Club, was vielleicht auch daran lag, dass nun auch die Kurve noch mal ordentlich Druck entwickelte. Die vermutlich beste Magdeburger Chance in Durchgang 1 ließ schließlich Björn Rother liegen. Zuvor war Felix Lohkemper dynamisch in den Strafraum eingedrungen, dann aber nach einem kurzen Kontakt mit dem Gegenspieler ganz schön abgehoben. Ein Elfmeter was das nicht, aber der Ball blieb für den nachgerückten Björn Rother liegen. Der mit dem Schuss auf den kurzen Pfosten, an dem Darmstadts Keeper dann aber die Tür zumachte. Wieder so ein Ding Marke „Kann vielleicht auch gefährlicher werden“. Und klar, ich weiß, das sagt sich so leicht. Ärgerlich war es trotzdem.

Es gab dann noch so ein bisschen Verkehr vor dem Darmstädter Kasten, dem FCM war deutlich anzumerken, dass man hier eigentlich nicht torlos in die Pause gehen wollte. Tat man aber, der Darmstädter Elf dürfte der Pausenpfiff von Schiedsrichter Christian Dietz alles andere als ungelegen gekommen sein.

…und Darmstadt ein Tor aus dem Nichts

Der zweite Durchgang wurde insgesamt wenig ansehnlich und endete aus Magdeburger Perspektive ja auch äußerst unerfreulich. Darmstadt tat jetzt ein bisschen mehr für das Spiel und es gab nicht mehr so die Räume, dafür aber jede Menge Fouls, gelbe Karten und Spielunterbrechungen, die einen ordentlichen Spielfluss nicht mehr so richtig zustande kommen ließen. Man könnte auch sagen: Das war jetzt Darmstadt-Fußball, so, wie ich mir einen solchen jedenfalls vorstelle (Disclaimer an der Stelle: Ich habe Darmstadt in dieser Saison genau dreimal gesehen). Torchancen waren Mangelware und wenn, dann wurde es überwiegend durch Standards gefährlich.

Die ganzen Versuche, die ohnehin verpufften, spare ich mir an der Stelle mal. Es war zeitweise wirklich, wirklich zäh. Nach einer knappen Stunde gab es immerhin mal wieder eine schöne blau-weiße Aktion aus dem Spiel heraus, als Bülter nach ansprechendem Dribbling den Kollegen Rother am Fünfmeterraum fand, dieser dann aber aggressiv und am Ende stark verteidigt wurde und dementsprechend nicht mehr wirklich zum Abschluss kam. Die nächste Gelegenheit ließ aber nicht lange auf sich warten, nach 64 Minuten wurde Beck mit einer Butterflanke im Strafraum bedient, kommt mit dem Kopfball nicht richtig hin, darf es dafür aber mit dem Fuß noch einmal probieren. Sein Abschluss wird schließlich gleich von ein paar Darmstädter Beinen geblockt, so jedenfalls der Eindruck von der Südtribüne aus.

Auf den Rängen war unterdessen ein kerniges „FCM, Blau-Weiß“ angestimmt worden und rollte minutenlang durch’s Heinz-Krügel-Stadion. Am Support hat es am Ende jedenfalls nicht gelegen.

Der Club hatte jetzt zwar das Übergewicht auf dem Rasen zurückerlangt, konnte aber nicht viel Raumgewinn verbuchen. Überhaupt passierte bis zur 85. Minute eigentlich nichts Aufregendes mehr. Dann aber gab es einen langen Schlag von Alexander Brunst auf die linke Feldseite. Irgendwie rutschte der Ball zu Timo Perthel durch, der sich plötzlich allein im Strafraum und im Eins-gegen-Eins mit Daniel Heuer Fernandes wiederfand. Und dem Keeper den Ball mehr oder weniger in die Arme schob. „Da könnte man eigentlich…“, na, Ihr wisst schon.

Tja. Und dann gab es da eben diesen verdammten Freistoß in der 87. Minute. Von der Südtribüne aus sah der Zweikampf, den Dietz da gepfiffen hatte, nicht wirklich freistoßwürdig aus, aber da kann die Wahrnehmung natürlich auch mächtig täuschen. Darmstadt spielt das dann gut, weil kurz und flach und zack! hatte Marcel Heller die Kugel auch schon über die Linie befördert. „Das war’s“, war der erste Gedanke, gefolgt von einem zünftigen „Fuck!“ und einem Besuch des Hinterteils auf der ansonsten weitgehend ungenutzten Sitzschale.

Die restlichen Minuten liefen irgendwie so runter. Klar, die Mannschaft probierte es noch mal, genau wie die Jungs auf dem Vorsängerpodest, aber irgendwie schien allen klar zu sein, dass hier heute kein Tor für die Guten mehr fallen würde. Dann der Abpfiff, die Ohnmacht und, das Allerschlimmste: die feiernden Darmstädter und Darmstädterinnen nebenan. Böse sein kann ich ihnen aber nicht, wir hätten es umgekehrt doch ganz genauso gemacht.

Fazit:

Im Endeffekt ist das, was wir zuhause holen, einfach zu wenig, da kann es eigentlich keine zwei Meinungen geben. Ob der Sieg in Hamburg dadurch nun wertlos geworden ist, wie es verschiedene Akteure vor der Partie ja in das eine oder andere Mikrofon gesprochen haben, lasse ich jetzt hier mal dahingestellt. Schlimm fühlt sie sich aber trotzdem an, diese Niederlage, und es wird wohl noch ein bisschen dauern, das alles zu verdauen. Ganz eigenartig war, ich hatte es eingangs schon geschrieben, die Stimmung nach dem Abpfiff. Keine Ansage vom Vorsängerpodest in Richtung Mannschaft (jedenfalls habe ich keine vernommen) und eine Kurve, die sich lange schon nicht mehr so schnell geleert hat. Mir fehlen hier im Moment auch die aufmunternden Worte und auf Durchhalteparolen habe ich keine Lust. Am Ende des Tages ist es halt auch mal okay, nicht okay zu sein. Und jetzt entschuldigt mich bitte. Ich gehe mir die Spielzusammenfassung vom Montag noch mal in Dauerschleife anschauen.

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