1. FC Magdeburg – SC Paderborn, 23. Spieltag, 1:1 (1:0)
Eine große Geburtstags-Choreo, ein richtig gutes Fußballspiel zweier Mannschaften, die ordentlich Bock auf’s Kicken hatten, die Sonne im Gesicht, die Freunde in der Nähe – man kann es deutlich schlechter treffen an so einem Sonntag Ende Februar. Klar, das i-Tüpfelchen in Form eines Heimsiegs blieb dem allergrößten Teil der 20.201 Stadiongängerinnen und Stadiongänger verwehrt; einen Grund, groß Trübsal zu blasen, gab es aber eigentlich nicht. Der FCM mit phasenweise tollem Fußball in Halbzeit 1 und einer (weitgehend) stabilen Defensive in Halbzeit 2, dazu mit einem weiteren Punkt im Kampf gegen den Abstieg – das passt schon so. Ungeschlagen ist man 2019 weiterhin, gegen Klaus Gjasula sowieso und hey: zwei Punkte innerhalb einer Spielzeit gegen den SC Paderborn holt nicht mal der Effzeh. Gut gemacht also, großer 1. FC Magdeburg!
Gegen die zweitbeste Offensive der 2. Liga vertraute Trainer Michael Oenning exakt den gleichen Akteuren, die in der Vorwoche drei Punkte aus Bielefeld entführt hatten. Vor Giorgi Loria im Tor begannen also Timo Perthel, Tobias Müller, Dennis Erdmann und Marius Bülter in der Viererkette, das Mittelfeld bildeten Jan Kirchhoff, Charles Elie Laprevotte und Rico Preißinger, für die Offensive waren Philip Türpitz, Felix Lohkemper und Christian Beck zuständig.
Bevor es aber auf dem Rasen zur Sache ging, wurde es erst einmal auf den Rängen, genauer: auf der Nordtribüne geschäftig. Anlässlich von 20 Jahren „Commando East Side“ (Glückwunsch an der Stelle!) gab es eine großartige Choreo inklusive Schals und Blockfahne, dazu schepperten die üblichen Klassiker durchs Stadionrund. Schönes Ding und mehr als angemessen für eine Gruppe, die die aktive Fanszene seit zwei Dekaden maßgeblich mit prägt. Wahnsinn eigentlich. Es gibt Ballspielgruppen in der Bundesliga, an die war in der jetzigen Form noch gar nicht zu denken, als das „Commando East Side“ im Februar 1999 im Ernst-Grube-Stadion seine Aktivitäten aufnahm. Mit Herzblut und Leidenschaft dabeizubleiben, auch durch die hässlichen Jahre hindurch, verdient allergrößten Respekt.
Phasen-Spiel
Aber zurück zum Sportlichen, bei dem die Anfangsphase den Gästen aus NRW gehörte. Überhaupt war das ja irgendwie ein Spiel der Phasen in Halbzeit 1 (in den zweiten 45 Minuten dann nicht mehr ganz so). Fünf Minuten waren auf der Uhr, als Giorgi Loria aus seinem Kasten eilen musste, um vor Sven Michel an der Strafraumgrenze einen langen Ball zu erlaufen. Das klappte auch, allerdings bekam Loria die Kugel nicht richtig unter Kontrolle, blieb der SCP dadurch in Ballbesitz, war das Tor leer und Paderborn glücklicherweise aber nicht in der Lage, einen Schuss auf selbiges abzugeben. Puh.
Während dem Club insbesondere nach gut „erpressten“ Bällen zunächst so ein bisschen das Spielglück fehlte, hatte der SCP mehr von der Partie und kam in Person von Tekpetey nach 11 Minuten zu einer weiteren Abschlussgelegenheit. Am Ende einer schönen Kombination durchs Mittelfeld bekam er den Ball über die linke Seite sehenswert durchgesteckt, setzte seinen Schuss im Strafraum dann aber doch deutlich links neben den Kasten. Die Szene war an sich gar nicht weiter aufregend, zeigte aber gut, was passieren konnte, wenn die Gäste Räume bekamen und im Mittelfeld spielen durften: Dann ging es oft sehr fix und eben spielerisch gefällig ins letzte Drittel. Und je länger die Begegnung dauerte, desto deutlicher wurde auch, dass der Tabellenplatz des Mitaufsteigers nicht dem Zufall geschuldet war.
Der Club machte das offensiv derweil deutlich schnörkelloser und plötzlich stand tatsächlich ein 1:0 auf der Anzeigetafel. Rico Preißinger war es, der das Spielgerät von Philip Türpitz vor dem Strafraum serviert bekam, noch ein, zwei Schritte tat und dann mit seinem platzierten Schuss aus vielleicht 18, 19 Metern dem Ex-Magdeburger Leopold Zingerle im Paderborner Tor keine Chance ließ. Erste richtige Gelegenheit, erstes Tor! So wirklich aufgedrängt hatte sich diese Führung nicht, mitnehmen durfte man sie aber natürlich gern, und genau das tat das Stadion auch. Plötzlich war neben den Tribünen auch der Club voll da und übernahm nach diesem Treffer auch direkt mal die Initiative.
Zwischen der Führung und der 24. Minute, als die Gäste dann wieder stärker in Erscheinung traten, brachten sich die Größten der Welt gleich zweimal in weitere, aussichtsreiche Positionen. Erst wurde Zingerle durch frühes Anlaufen gut unter Druck gesetzt, woraufhin er einen deutlich zu kurzen Abschlag produzierte und sich gleich wieder an die eigenen Torlinie zurück orientieren durfte (16.). Ähnlich wie ganz zu Beginn, als Paderborn gut nachgesetzt hatte, brachte nun aber der Club keinen gefährlichen Abschluss zustande. Nach 17 Minuten war es Felix Lohkemper, der sich im Paderborner Strafraum stark den Ball holte, sofort scharf in die Mitte passte und die Innenverteidigung der Gäste zum Klären zwang. Zwei Ecken von rechts später dann Abstoß Paderborn – nach dem zweiten Standard war Jan Kirchhoff am langen Pfosten zum Kopfball gekommen, geriet allerdings in Rücklage und konnte den Ball daher nicht auf den Kasten bringen.
Hatte man jetzt das Gefühl, der FCM würde das Geschehen bestimmen, kehrte sich dieser Eindruck so ab der 24. Minute wieder ins Gegenteil um. Auslöser war ein verunglückter, langer Ball von Loria, der postwendend zurückkam und Paderborn einen Umschaltmoment der gefährlicheren Sorte bescherte. Über rechts ging es per Flachpass wieder in die Mitte, wo dann aber die aufmerksame Magdeburger Innenverteidigung Sieger blieb. Puh, die Zweite.
Bis zur 35. Minute spielte dann wieder vorrangig Paderborn, was auch daran lag, dass der Club nun etwas tiefer stand und im Mittelfeld Platz anbot, den so eine Mannschaft wie der SCP halt auch zu bespielen weiß. Allerdings gehört zur Wahrheit auch, dass es in der gesamten ersten Hälfte keinen richtig gefährlichen Torschuss der Gäste gab – also dergestalt, dass Giorgi Loria die ganz hohe Torhüterkunst hätte auspacken müssen. Das spricht sicher für unsere Defensivabteilung; so richtig wohl konnte einem aber irgendwie nicht sein, spukte doch der Gedanke an ein Gästeteam, das vermeintlich immer in der Lage ist, ein Tor zu erzielen, im Hinterkopf herum. Erschwerend kam hinzu, dass nun auch die zweiten Bälle recht häufig (wieder) beim Gegner landeten bzw. der Club es nicht oft genug schaffte, in Ruhe das Spiel aufzubauen.
Dann die 36. Minute und mal die Idee, das Geschehen via Diagonalpass von links nach rechts zu verlagern. Auf diese Weise kam Marius Bülter an den Ball und zur Flanke in den Strafraum. Dort warf sich dann halb Paderborn in den Abschlussversuch und blieb der Club zwar im Ballbesitz, aber auch ohne klaren Torschuss. Trotzdem war nun das Momentum wieder auf der guten Seite: Über links gelangt der Ball zu Felix Lohkemper (39.), der Christian Beck mit der Brust bediente. Der Kapitän versuchte es direkt, stellte Leopold Zingerle mit seinem Schuss aber vor keine großen Probleme.
In der Schlussphase des ersten Durchgangs wurde es noch einmal etwas hektisch: Erst sorgte Jan Kirchhoff mit einem Fehlpass im Mittelfeld für einen Paderborner Konter und zwei Ecken in Folge, wobei die zweite wiederum den FCM ins Rollen, aber nicht in eine Abschlussposition brachte. Kurz vor dem Pausentee erwrestlete Dennis Erdmann einen mit viel Applaus bedachten Abstoß, quasi mit der letzten Aktion setzte Beck einen Kopfball nach einem Freistoß von rechts, den die Gäste nicht so recht geklärt bekamen, am Tor vorbei. Pünktlich bat Schiedsrichter Alexander Sather beide Mannschaften zum Pausentee.
Reaktiv offensiv
Spielte im ersten Durchgang der Club gegen die Sonne, wurde diese undankbare Spielrichtung nun dem SC Paderborn zuteil und zumindest zu Beginn des zweiten Durchgangs wirkte es so, als würde das dem FCM tatsächlich zugute kommen. Blau-Weiß startete die Halbzeit mit einer Ecke von der linken Seite, an deren Ende Tobias Müller am langen Pfosten völlig frei war und den Ball (vermutlich vor lauter Überraschung) rechts am Tor vorbei köpfte. 49 Minuten waren gespielt, als sich Philip Türpitz außerhalb des Strafraums ein Herz fasste und nach schönem Dribbling entlang der Sechzehnmetergrenze aus zentraler Position abzog. Der Schuss kam allerdings nicht auf den Kasten, sondern segelte rechts am Tor vorbei.
Danach passierte erst einmal wenig, was gleichzeitig aber recht merkwürdig anmutete. Vielleicht war es auch Einbildung, aber irgendwie hing so eine latente Anspannung in der Luft, auch wenn sich nun viel zwischen den Strafräumen abspielte. Als hätte man es geahnt, durften die Gäste dann in der 56. Minute auch die bis dato klarste Torchance des Spiels verbuchen: Nach einem Zweikampf von Philip Türpitz mit Jamilu Collins blieb Ersterer liegen, während die Gäste in Richtung Strafraum starteten. Über links und Sebastian Vasiliadis gelangte der Ball in die Mitte. Der folgende Schuss rauschte dann aber am linken Pfosten vorbei. Puh, die Dritte. Da hätte es gut klingeln können.
Diese Gelegenheit markierte den Beginn einer Phase im Spiel, die bis kurz vor Schluss dauern sollte und dadurch charakterisiert war, dass Paderborn die aktivere Mannschaft war, während die Größten der Welt überwiegend reagierten, statt selbst gefährlich zu werden. Tja, und irgendwie folgerichtig fiel dann in der 70. Minute auch der durchaus verdiente Paderborner Ausgleich: Nach einer Ecke der Gäste bekommt der Club den Ball nicht aus der Gefahrenzone, sodass der SCP von links vor das Tor flanken kann. Dort steht rechts im Strafraum Uwe Hünemeier, der die Kugel direkt nimmt, sie leider perfekt erwischt und unhaltbar, dafür aber sehenswert, in die Maschen donnert. Ärgerlich, das, vor allem, weil der Club vorher zweimal die Gelegenheit hatte, die Flanke gar nicht erst entstehen zu lassen. Nun aber stand es 1:1, was angesichts des bisherigen Spielverlaufs schon auch in Ordnung ging – zumal Sven Michel bereits in der 68. Minute Giorgi Loria geprüft hatte, der den platzierten Schuss nur nach vorne abwehren und dem anschließenden Lupfer von Ben Zolinski lediglich noch dabei zuschauen konnte, wie er glücklicherweise ein Stück über das leere Tor segelte.
Während das Spiel auf dem Rasen nun also wieder in die Paderborner Richtung gekippt war, behielt auf den Tribünen – logisch – die Heimseite die Oberhand. Mal ganz davon abgesehen, dass es Gästefans bei uns akustisch sowieso schwer haben, war es schon einigermaßen merkwürdig, wie wenig gegnerische Anhängerinnen und Anhänger sich im Eckblock gegenüber eingefunden hatten. Da schießt die eigene Mannschaft in jedem Spiel gefühlt sieben Tore, ist man absolut oben dabei im Kampf um den Aufstieg, hat es von Paderborn aus nicht mal abstrus weit und dann begleiten die Mannschaft gerade mal 300 Hanseln in den wilden Osten. Das ist schon irgendwie, naja, unverständlich. Aus Magdeburger Perspektive jedenfalls.
Wie das mit dem Support so funktionieren kann, bewies das Heinz-Krügel-Stadion einmal mehr eindrucksvoll in der ungefähr 64. Minute. Gerade eben hatte sich die komplette Nordtribüne noch ein „F“ (Block 3) – „C“ (Block U) – „F-C-M – Blau-Weiß“ (Block 5) geteilt, bei dem auch die Choreo-Schals noch mal sehenswert zum Einsatz kamen, als man das in ebenjener Minute einfach mit dem ganzen Stadion probierte. Nach anfänglichen Schwierigkeiten funktionierte das auch beeindruckend gut: „F!“ kam es von der Nord, „C!“ antwortete die Gegengerade und „F-C-M – Blau-Weiß!“ komplettierte die Haupttribüne den Gesang. Wenn das mal nicht wieder Eingang in irgendwelche YouTube-Highlights findet…
Aber wir waren ja beim Gegentor, das im Übrigen kurz nach der Einwechslung von Klaus Gjasula fiel. Als der Wechsel sich ankündigte, machte sich zunächst Erleichterung breit – manch einer bescheinigte den Gästen sogar, sich nun aufgegeben zu haben, hatte der gute Mann doch noch nie gegen den großen 1. FC Magdeburg gewinnen können. Leider war das Momentum mit dem Ausgleichstreffer nun aber wieder aufseiten der Gäste, sodass man kurz befürchten musste, dass diese Serie womöglich hier und heute ihr Ende finden würde.
Dass das nicht passierte, lag daran, dass Paderborn sich keine klaren Torchancen mehr erspielen sollte, was auch mit einer soliden Abwehrleistung der Hausherren zu tun hatte. Eigentlich ist es sogar andersrum richtig: Paderborn machte nun zwar das Spiel, die besseren Gelegenheiten verzeichnete in der Schlussphase aber der 1. FCM.
Zunächst sorgte ein Kopfball nach einem langen Freistoß von Michel Niemeyer (er war in der 62. Minute für Timo Perthel gekommen) für Gefahr, der aber aufgrund einer Abseitsposition abgepfiffen wurde (76.). Dann hatte Marcel Costly (kam eine Viertelstunde vor Schluss für Philip Türpitz) die Führung auf dem Fuß, nachdem Jan Kirchhoff den Ball im Mittelfeld stark behauptet und ebenso stark auf Costly gelupft hatte. Unsere Nummer 9 machte das dann eigentlich ebenfalls gut, konnte seinen Verteidiger im Strafraum aber nicht so richtig loswerden und daher nur unter Druck abschließen. Der Schuss rauschte doch recht deutlich rechts am Pfosten vorbei. Zwei Minuten vor dem Ende schließlich verpasste Dennis Erdmann einen Kopfball am langen Pfosten, nachdem erneut Michel Niemeyer einen Freistoß von links gefährlich vor das Paderborner Tor gezogen hatte. Naja, und so blieb es dann eben beim Unentschieden, das, wie gesagt, unter dem Strich vollkommen in Ordnung geht.
Fazit:
Sicherlich war gegen Paderborn, wie auch gegen Kiel, mehr drin; genau wie im letzten Heimspiel hätte man mit etwas Pech (Achtung, Phrase: es kann ja immer mal einer durchrutschen) aber auch mit ganz leeren Händen dastehen können. Ich für meinen Teil halte es an dieser Stelle mit dem Trainer, der nach der Partie sinngemäß sagte, dass seine Mannschaft auch nach dem Ausgleich weiterhin an den Sieg glaubte und dass die Partie gegen den spielstarken SCP (auch deshalb) einen weiteren Schritt nach vorn bedeutete. Wenn wir am kommenden Freitag den MSV Duisburg der 3. Liga ein Stückchen näher bringen und im anschließenden Heimspiel den SV Sandhausen schlagen, könnte aus diesem Schritt vielleicht sogar ein kleiner Sprung werden. Sicher sind wir noch lange nicht, das ist natürlich klar, trotzdem bleibe ich dabei: Mit der Ausrichtung, der Herangehensweise und den derzeitigen Leistungen muss einem vor dem Restprogramm nicht bange sein. Wir packen das schon. Wir sind schließlich der große 1. FC Magdeburg. Und wir sind in Liga 2 noch lange nicht fertig.
Pingback: Niveaulimbo - nurderfcm.de