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Danke, Trainer!

Sehr geehrter Herr Petersen,

ich weiß gar nicht, ob „Sehr geehrter“ überhaupt die richtige Anrede ist. Allerdings erschien mir „Lieber“ irgendwie nicht angebracht und „Hallo“ viel zu salopp. Im Endeffekt ist es vermutlich aber ohnehin egal, weil Sie diese Zeilen mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit nie lesen werden. Unabhängig davon ist es mir schon seit längerem ein Bedürfnis, einfach mal „danke“ zu sagen. Nun, da Ihr (vorerst) letztes Pflichtspiel als Trainer des 1. FC Magdeburg gekommen ist, scheint es mir angemessen, das auch in dieser Form eines offenen Briefes zu tun.

Sie sind vor knapp 2 Jahren in den Verein gekommen, zu einem Zeitpunkt, an dem es schlimmer kaum hätte sein können: die Größten der Welt hatten gerade die denkbar katastrophalste Saison der jüngeren Vereinsgeschichte hinter sich und beendeten die Serie in der damaligen Regionalliga Nord auf dem letzten Platz. Hätte es die (eigentlich unsägliche) Regionalligareform nicht gegeben, wären wir in die fünfte Liga abgestürzt. Und zwar sang- und klanglos. Vorausgegangen waren diesem Tiefpunkt allerlei Eskapaden und Episoden in jener Spielzeit und denen davor, unter anderem ein planloses Massencasting auf der Suche nach dem Juwel auf der Transfermarkt-Resterampe, ein munteres Bäumchen-wechsel-Dich-Spiel auf der Trainerbank und die graphische Unterstützung der Mannschaft auf der Suche nach Toren mittels bunter Pfeile, die wenigstens wieder ein bisschen überregionale Publicity brachten, auch wenn der Anlass eher ein trauriger war. Fast standen wir davor, mit null gewonnenen Heimspielen in einer Saison einen zweifelhaften Rekord für die Ewigkeit aufzustellen – aber nicht mal das hat die damalige Truppe auf die Reihe bekommen.

Kurzum: hier war eigentlich so gut wie alles aus, die Stimmung schlecht, die Perspektiven noch schlechter und was das allerschlimmste war: irgendwann tat es schon gar nicht mehr weh. Der erste kleine Lichtblick war dann – zumindest für mich – die Verkündung Ihres Namens als neuem Trainer der Größten der Welt. Man kannte sich ja schon so ein kleines bisschen, schließlich hatten Sie mit Germania Halberstadt nachweislich mehr als ordentliche Arbeit geleistet und den kleinen Nachbarn aus dem Vorharz immerhin in der vierten Liga einigermaßen etabliert. Das ließ hoffen. Wenn es einer schaffen konnte, das Schiff wieder einigermaßen auf Kurs zu setzen, dann Sie.

Zwei Jahre später kann man eigentlich nur konstatieren, dass Ihnen das eindrucksvoll gelungen ist. Wir sind erst 6., dann 2. geworden in der Regionalliga Nordost und wenn es um die Frage geht, wer wohl in der kommenden Saison Staffelfavorit ist, wird der 1. FC Magdeburg als einer der ganz heißen Kandidaten genannt, nicht zuletzt auch, weil Sie eine intakte und gewachsene Mannschaft hinterlassen. Wie Sie nach dem sensationellen Pokalsieg kürzlich im hässlichen Dorf bei Leipzig ganz richtig zu Protokoll gaben, sind wir seit nunmehr 2 Spielzeiten (Ihren 2 Spielzeiten!) im Landespokal ungeschlagen und haben den Titel zwei Mal in Folge geholt. Was der jüngste Titelgewinn beim Erzrivalen für die blau-weiße Fanseele bedeutet, muss ich Ihnen nach zwei Jahren Dienstzeit hier nicht mehr erklären. Das war so groß, dass mir dafür immer noch die Worte fehlen und alle Trainer, die nun folgen, werde sich unter anderem auch daran messen lassen müssen.

Herr Petersen, für all das gebührt Ihnen nicht nur Riesenrespekt, sondern vor allem auch ein riesiges Dankeschön! Danke, dass Sie den Ersten Fußballclub Magdeburg wieder zurück auf die Landkarte geholt haben. Danke, dass Sie eine Mannschaft aufgebaut und entwickelt haben, die füreinander durch dick und dünn geht und mit der man sich als Fan auf der Tribüne endlich wieder identifizieren kann. Danke, dass wir bereits in dieser Saison lange Zeit an das Tor zur Relegation geklopft haben. Danke, dass Sie uns den Glauben daran zurückgegeben haben, dass Profifußball in Magdeburg in diesem Leben vielleicht doch noch einmal möglich ist.

Mit Ihrer Art sind Sie, das wissen Sie selbst vermutlich auch am besten, mehr als einmal gehörig angeeckt. Dabei fand ich immer, dass Ihre – Verzeihung – große Schnauze so wunderbar zu diesem Club passt, bei dem Größenwahn normal und alles andere als Bundesliga eigentlich eine Beleidigung ist. Natürlich kann man trefflich darüber streiten, ob es als Trainer eines ambitionierten Viertligisten (oder überhaupt) angemessen ist, öffentlich zu erklären, Frauen sollten vielleicht doch lieber nicht im Männerfußball pfeifen oder ob es sich schickt, sich gegen perfide, weit unter der Gürtellinie angesiedelte Anfeindungen eines Trainerkollegen mit einer deutlichen körperlichen Ermahnung zu wehren. Sicherlich gab es in Ihren zwei Jahren hier die eine oder andere Situation, die Sie medial und öffentlichkeitsarbeitstechnisch geschickter hätten lösen können, vielleicht sogar müssen. Andererseits waren Sie dabei aber auch immer authentisch und mir persönlich sind Menschen, die ihr Herz auf der Zunge tragen, tausendmal lieber als glattgeleckte Medienprofis, die nur andauernd die immer gleichen Phrasen wiederkäuen. Das sah man in der Chefetage vermutlich ein kleines bisschen anders, aber nun gut.

Die Trennung zum Saisonende wurde uns als Notwendigkeit und „stilvolle Lösung“ zu verkaufen versucht, weil Sie angeblich kein Interesse hatten, die für die dritte Liga notwendige Trainerlizenz zu erwerben. Man braucht nicht allzu viel Phantasie, um zu erkennen, dass das natürlich Blödsinn oder zumindest – ein wenig wohlwollender – nicht die ganze Wahrheit war. Aber, und auch das rechne ich Ihnen hoch an: Sie haben im Sinne des Vereins das Spielchen mitgespielt und erst jetzt, nachdem sich die Wogen wieder etwas geglättet haben und sowohl Sie, als auch der Verein mit einem neuen Job bzw. Trainer versorgt sind, deutlich durchblicken lassen, dass bei der Entscheidung der Chefetage wohl noch ganz andere Sachen eine Rolle gespielt haben.

Ich könnte noch eine ganze Menge schreiben, wie zum Beispiel, dass ich es stark fand, wie Sie sich (fast) immer vor die Mannschaft („die Jungs“ – Ihre Jungs) stellten oder wie mir ihre schrägen Analogien ganz häufig gleichzeitig die Haare zu Berge haben stehen lassen und ein breites Grinsen auf das Gesicht zauberten. Letzten Endes aber läuft es ja doch nur auf zwei ganz simple Worte hinaus:

Danke, Trainer!

Danke für alles und maximale Erfolge auf Ihrem weiteren Weg! Ich gönne sie Ihnen von Herzen.

Und sollten Sie irgendwann mal wieder den Weg ins HKS finden und einfach nur ein Spiel des Ersten FC Magdeburg sehen wollen, melden Sie sich doch. Ich würde mich sehr freuen, wenn das erste Bier dann auf mich gehen dürfte.

Herzliche blau-weiße Grüße,
Alex

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