(Der folgende Text ist ein Auszug aus dem Buch „111 Gründe, den 1. FC Magdeburg zu lieben„.)
Lars Fuchs ist ja auch so ein Spieler, der sich binnen relativ kurzer Zeit einen Platz in den Herzen der Clubfans erspielen konnte. Ob das nun ausschließlich an seinen überdurchschnittlichen fußballerischen Fähigkeiten, seiner konstant ordentlichen bis sehr ordentlichen Torquote oder einfach seiner unglaublich sympathischen Art liegt, sei mal dahingestellt. Vermutlich ist es ohnehin die Mischung aus allem, die es letzten Endes macht. Dabei war die Beziehung zur blau-weißen Anhängerschaft nicht immer komplikationsfrei (dazu kommen wir gleich) und wurde durch ein mehrjähriges Gastspiel bei der zweiten Mannschaft von Hannover 96 sogar unterbrochen, nur um dann zur Saison 2013/2014 umso herzlicher fortgesetzt zu werden. Sein Tor zum vorentscheidenden 2-0 im Landespokalfinale gegen den Halleschen FC am 14.05.2014 beschreibt vielleicht am besten, was für ein Typ Spieler der junge Mann, der gebürtig aus Bad Harzburg stammt, eigentlich ist und warum man einfach mögen muss, was er auf dem Platz mitunter so anstellt:
Wir schreiben die 115. Minute in besagter Finalpartie im Stadion des eine Liga höher angesiedelten Erzrivalen, der Club war durch ein Tor von Marius Sowislo in der ersten Hälfte der Verlängerung durchaus verdient in Führung gegangen. Fuchs bekommt den Ball auf der linken Seite, tanzt seinen Gegenspieler im Strafraum nach allen Regeln der Kunst aus und lupft die Kugel rotzfrech vor der Heimkurve über Keeper Kleinheider in die Maschen. Technisch brillant, vollkommen kaltschnäuzig und einfach nur unfassbar gut gemacht. Es sind halt die besonderen Momente, für die Lars Fuchs bei uns auf dem Feld verantwortlich ist.
Einen solchen besonderen Moment, allerdings eher auf dem anderen Ende des Jubelspektrums, gab es auch während seiner ersten Dienstzeit bei den Größten der Welt, die vom 01.07.2009 bis zum 30.06.2010 reichte und somit lediglich eine Saison dauerte. Über alle Maßen (und vielleicht auch ein wenig über das gesunde Maß hinaus) ambitioniert, wie der Club zur damaligen Zeit nun mal war, spielte Fuchs in einer Mannschaft, die allein von der Qualität und individuellen Klasse her mit einiger Sicherheit zu den Topteams der Liga zählte. So richtig wie erwartet auf den Rasen bringen konnte sie ihr Potential allerdings nicht und so knirschte es hier und da schon auch mal gewaltig im Gebälk bzw. zwischen den Anhängern auf den Rängen und den Athleten unten auf dem Rasen. Tja, und auch als Spieler muss man sich ja nicht unbedingt alles gefallen lassen:
Bereits vor dem 30. Spieltag der besagten Saison 2009/2010 war die Spielzeit für die Größten der Welt eigentlich schon gegessen – im Landespokal-Halbfinale hatte man kurz zuvor beim damals fünftklassigen VfB Germania Halberstadt mit 0-1 verloren, während der Hallesche FC mit einem lockeren 4-1 bei Lok Stendal ins Finale einzog. Schlimmer noch: In der Liga lag man auf einem enttäuschenden siebenten Rang und hatte uneinholbare 24 (!) Punkte Rückstand auf den erstplatzierten SV Babelsberg. Wie schlecht die Stimmung vor dem Spiel gegen den Chemnitzer FC war, beweisen die Szenen, die sich beim Einlaufen der Mannschaften vor nicht einmal 3.500 Zuschauern abspielten. Als die Teams auf dem Rasen auftauchten, gab es ein gellendes Pfeifkonzert. Auf der Nordtribüne, über das Herz der Kurve, dort, wo normalerweise die Ultras standen und die Mannschaft unterstützten, war ein überdimensionales Transparent gespannt. „Nachruf: Die 1. Herrenmannschaft der Saison 2009/2010. Geboren: 01.07.2009. Gestorben: 21.04.2010. In tiefer Trauer, die Fans des 1. FC Magdeburg“ war darauf zu lesen. Block U hatte den Support eingestellt, es war ganz eigentümlich ruhig in der Arena und eigentlich nur der Chemnitzer Gästeblock zu hören.
Das Team ließ sich davon erstaunlicherweise wenig beeindrucken – oder gerade, hinterher weiß man das ja immer nicht mehr so genau. Es entwickelte sich jedenfalls eine Partie, die zwar wenig Höhepunkte, dafür aber einen einigermaßen kämpferischen FCM zu bieten hatte, dessen Bemühungen in der 24. Minute belohnt wurden: Lars Fuchs lässt an der Strafraumgrenze zwei Gegenspieler stehen, hält drauf – und trifft zum 1-0. Anstatt nun aber, wie sonst üblich, mit den Fans zu feiern, lief die Mannschaft in die andere Richtung – in Richtung Südtribüne, die vollkommen leer war. Trotzig riss Lars Fuchs vor der Kurve die Arme hoch und jubelte symbolisch in die leeren Ränge. Eine deutliche Ansage, aber eben kein sehr schöner Moment für die Beziehung zwischen Fuchs und der blau-weißen Anhängerschaft.
Einer aber auch, den der überwiegende Teil der Clubfans ‚Fuchser’ nicht allzu lange allzu krumm nahm, schließlich gehörte er in einer völlig verkorksten Saison zu denjenigen Spielern, denen man noch am wenigsten eine Vorwurf machen konnte. Am Saisonende verließ er den Club trotzdem Richtung Hannover, wo er wohl auch schon eine Perspektive im Anschluss an seine aktive Karriere in Aussicht hatte. Umso größer war die Freude, als er zu Beginn der Spielzeit 2013/2014 noch einmal zurückkam – und nicht nur mit seinem Tor im Landespokalfinale der gleichen Saison, sondern auch mit vielen, vielen weiteren Toren die unsägliche Episode 2009/2010 mehr als vergessen machte.
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Lars Fuchs beendet nach dieser Saison mit 33 Jahren seine Karriere. So richtig überraschend ist das nicht, kam er doch nach der Winterpause bei der Größten der Welt nicht mehr so richtig zum Zug und zum Schluss kaum noch zum Einsatz. 281 Drittliga-Minuten weist die Statistik für ‚Fuchser‘ in 2016 aus, die letzten 13 spielte er nach seiner Einwechslung bei der Heimniederlage gegen Kiel. Traurig stimmt die Nachricht vom Karriereende trotzdem, hört mit ‚Fuchser‘ doch ein Spieler auf, wie es ihn, seit ich den 1. FC Magdeburg so richtig aktiv verfolge, kein zweites Mal gegeben hat und so schnell vermutlich auch nicht wieder geben wird. Unvergessen für mich sein Treffer zum 5-0 in der 57. Minute beim Spiel gegen Tennis Borussia Berlin am 16. Spieltag 2009/2010 vor gerade einmal 5.500 Zuschauern im Heinz-Krügel-Stadion: Ein langer Ball aus dem linken defensiven Mittelfeld findet Lars Fuchs, der auf dem rechten Flügel durchgestartet war, den Ball aus vollem Lauf direkt nimmt und aus gut 30 Metern über den völlig verdutzten Timo Hampf ins Tor lupft. Unvergessen auch sein Treffer zum 2-1 in Offenbach, der im Prinzip den Aufstieg in die 3. Liga besiegelte. Und natürlich musste es auch Lars Fuchs sein, der mit seinem Tor zum 2-1 am ersten Profifußball-Spieltag in Magdeburg mit einer der letzten Aktionen des Spiels den Heimsieg gegen den FC Rot-Weiß Erfurt sichert.
43 Treffer erzielte Lars Fuchs insgesamt in 109 Spielen für den 1. FC Magdeburg. Alle waren wichtig, viele blieben nachhaltig in Erinnerung. Aufgrund seiner Verletzung aus dem Landespokalspiel gegen den VfL Halle 96 werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine weiteren Einsätze und Tore mehr hinzukommen – eigentlich hätte ein Spieler wie Lars Fuchs ein anderes Laufbahn-Ende verdient. Gebührend verabschiedet wird er aber mit Sicherheit trotzdem und wer weiß? Vielleicht bleibt uns ‚Fuchser‘ ja in einer anderen Funktion beim Club erhalten. Welche das sein kann, wird die Zukunft zeigen, Gespräche werden wohl im Hintergrund bereits geführt.
Für heute heißt es erst einmal, danke zu sagen. Danke, Lars Fuchs, für jeden einzelnen Deiner Treffer! Danke, dass Du in insgesamt 7.861 Minuten für die Größten der Welt die Knochen hingehalten hast! Danke, dass wir auch dank Dir heute in der 3. Liga spielen können! Danke für all die großartigen Momente auf dem Platz und daneben!
Danke für alles, Fuchser!
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