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„Liebe ohne Leiden hat noch niemand gesehen“

Maximilian Schochert

Ein Gastbeitrag von Maximilian Schochert

Generation Amateurfußball und Europapokal

Die erste Saison in der Geschichte unseres ruhmreichen Clubs in der 2. Fußball-Bundesliga ist vorbei. Es war eine Zeit, in der ich mich im Fußballwahnsinn „Bundesliga“ erst einmal zurecht finden musste. Ich zähle zur Generation Amateurfußball und kenne die Heldensagen um Krügel, Sparwasser und Co. nur aus Erzählungen von meinem Vati – dennoch habe ich das Magdeburger Selbstverständnis, die Größten der Welt zu sein, früh verinnerlicht und berichte voller Stolz von unserem Erringen des Europapokals in Rotterdam.

Die Reise beginnt

Der kometenhafte Aufstieg bis zu seinem Zenit im Volksparkstadion begann am 29. Oktober 2014 im Pokalspiel gegen Leverkusen. Zum ersten Mal spürte ich die gesamte Kraft des HKS. Es war eine magische Nacht – der Startschuss einer Ära. Voller Euphorie fuhren wir also zum ersten Heimspiel in der 2. Liga gegen den FC St. Pauli. Die Glocken vom Dom. Die Choreo. Der Einlauf. Unser großer 1. FC Magdeburg. Gänsehaut. Tränen. Wir waren tatsächlich da, wo Magdeburger Fußballgeschichte geschrieben wird. Beck. Das Tor. Ekstase. Die letztliche Niederlage war an diesem Tag eigentlich egal. Die Euphorie noch zu groß.

Alltag im Profifußball

Erst in den folgenden Wochen ohne Sieg wurde mir bewusst, dass der Aufstieg nicht unendlich weitergehen würde. Folglich war ich im Fußballalltag der Liga gelandet, wo es um Punkte und den Klassenerhalt geht. Das 4:4 in Paderborn durfte ich durchnässt und leicht frierend bejubeln – mühsam ernährt sich das Eichhörnchen. Der Alltag gipfelte in der Entlassung unseres Erfolgstrainers Härtel. Das ist er also – der Profifußball.

Neue Hoffnung

Mein zweites Heimspiel (dazu muss man sagen, dass ich leider nicht in der schönsten Stadt der Welt wohne und somit nicht jedes Heimspiel besuchen kann) war der Rückrundenauftakt gegen Wismut Aue. Die gesamte Winterpause habe ich auf das Spiel hingefiebert. Und da war er – der nächste historische Moment, unser erster Heimsieg der Geschichte. Geil. Die vermeintliche Mission Klassenerhalt konnte wieder beginnen.
Es ging weiter nach Bielefeld. Hier studierte ich und wohnte 100m von der Alm. Jedes Wochenende sah ich, wie Auswärtsfans zum Stadion pilgerten. Ich sehnte den Tag herbei, bis endlich unsere blau-weißen Krieger an meinem ehemaligen Fenster vorbeiziehen würden. Am 17. Februar war es endlich soweit und wir holten die drei Punkte. Der Glaube war wieder da, direkt in der Liga zu bleiben.

Hamburg

Leider kam wieder der Fußballalltag dazwischen und wir konnten uns einfach nicht vom Tabellenkeller entfernen. So fieberte ich der legendären Ausfährtsfahrt nach Hamburg entgegen.

8. April. 2019. Der Tag beginnt. Trikot an. Der Weg zur Arbeit. Einstimmen. Videos von vergangenen Großtaten. Aufregung. Keine Konzentration. Verfrühter Feierabend. Treffpunkt Autobahn. A7 gen Hamburg. Die Stimmung im Auto war gut – die heimischen Kaltgetränke schmeckten.

Ankunft Volkspark. So viele Magdeburger Freunde. Alles in den Farben blau und weiß. Der Weg zum Stadion führte uns durch das Grün und plötzlich tauchte es auf – das Volksparkstadion, oder wie wir Fußballromantiker sagen: Die AOL-Arena. Es fasst 55.000 Menschen und war Austragungsort bei der Weltmeisterschaft 2006. Wahnsinn, diesen Rasen würde nun unser Club betreten, der noch vor 5 Jahren auf der Müllerwiese in Bautzen spielte.

Die Stimmung in unserer Ecke war atemberaubend. Es war wie im Rausch. Dieses Prickeln und die Wucht, die bei den Gesängen durch meinen Körper jagten – einfach unbeschreiblich. Ich stand in der ersten Reihe und schaute hoch. Bis unters Stadiondach. So viele Menschen fanden den Weg an einem Montagabend nach Hamburg, um diesen wunderschönen und tollen Club nach vorne zu peitschen. Es war einfach klar, wir würden hier siegen. Bis zur 94. Minute dauerte es. Tor. Türpitz. Alles, was danach geschah, kann nicht in Worte gefasst werden.

Voller Glückseligkeit warf ich meinen Schal auf das Spielfeld. Der Earthman krallte sich ihn und hob ihn in den Hamburger Sternenhimmel. Meine Welt konnte in diesem Moment nicht besser sein. Wir waren alle zusammen und sahen unseren majestätischen und intergalaktischen Club siegen. Nach dem Abklatschen bekam ich meinen Schal mit dem Wort „geil“ wohl behütet zurück.

Auf Wiedersehen

Am Ende hat es leider nicht gereicht. Wir sind abgestiegen, werden aber wiederkommen. Was uns keiner mehr nehmen kann, sind all die wunderschönen Erinnerungen, die wir zusammen in der ersten Saison in der 2. Fußball-Bundesliga mit unserem Club gemacht haben. FCM – Wir lieben dich!

Ich würde mich sehr freuen, wenn ich Eure Geschichten lesen kann, wie Ihr dieses Jahr erlebt habt und möchte mit den Worten des Sängers Thees Uhlmann schließen:

„Liebe ohne Leiden hat noch niemand gesehen“.

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Wie habt Ihr die Zweitligasaison erlebt? Was waren Eure Highlights, besonderen Begebenheiten, skurrilen Geschichten, Erfolgserlebnisse, größten Enttäuschungen etc.? Wenn Ihr Lust auf und Zeit für einen Gastbeitrag hier im Blog habt, dann schickt mir gern Euren persönlichen Zweitliga-Rückblick bis zum 2.6. am besten per E-Mail an alex[at]nurderfcm.de.

Also, haut in die Tasten, ich freue mich sehr drauf, von Euch zu lesen!

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