1. FC Magdeburg – Sportfreunde Lotte, 19. Spieltag, 2:0 (2:0)
Der 1. FC Magdeburg kann es also auch unaufgeregt. Nach den letzten Partien, in denen man die geneigte Anhängerschaft bis zum Abpfiff kräftig zittern ließ, erledigte das Team von Jens Härtel die Aufgabe „Sportfreunde Lotte“ diesmal durch ein frühes und ein spätes Tor im Prinzip bereits in der ersten Hälfte, ließ den zweiten Durchgang dann recht routiniert herunterlaufen und grüßt nach dem erfolgreichen Auftakt in den 19. Spieltag zumindest für eine Nacht von der Drittliga-Tabellenspitze. Die Glanzpunkte der Partie setzten neben den beiden Torschützen Christian Beck und Christopher Handke einmal mehr die Stadionbesucher, was explizit auch die „Freibier Ultras“ aus Lotte einschließt, die an dieser Stelle schon allein wegen ihrer Zaunfahne mit entsprechender Aufschrift Erwähnung finden müssen. Es war einfach mal wieder einer dieser Abende, die einen trotz unangenehmer Temperaturen mit einem mächtig guten Gefühl ins Wochenende starten ließen.
Zum dritten Mal in Folge ging die Mannschaft die Begegnung in nahezu unveränderter Formation an. Marius Sowislo und Dennis Erdmann hatten gegenüber der Partie in Chemnitz Bank- und Startelfplatz getauscht, ansonsten wies der Spielberichtsbogen die üblichen Verdächtigen auf: Neben dem Kapitän begann Björn Rother im zentralen Mittelfeld, flankiert von Nico Hammann links und Nils Butzen rechts. Die defensive Kette bestand aus Steffen Schäfer, Richard Weil und Christopher Handke (der ein Riesenspiel machte), in der Offensive sollten Michel Niemeyer, Christian Beck und Julius Düker für Torgefahr sorgen.
Dass das ausgesprochen gut gelingen kann, bewies das Team bereits in der 3. Minute. Eine Flanke von Christian Beck von der linken Seite wird vom gut aufgelegten Benedikt Fernandez im Lotter Kasten vor die Füße von Nils Butzen geklärt, der aus kurzer Distanz am Fünfmeterraum zum Abschluss kommt und ebenjenen Fernandez zu einer starken Parade zwingt. Drei Minuten später ist es Julius Düker, der einen tollen Spielzug im Mittelfeld einleitet und nach Passstafetten, bei denen die Gäste nur hinterherschauen konnten, schließlich im Strafraum beendet. Sein Schuss geht dann allerdings recht deutlich links am Kasten vorbei. Wiederum nur zwei Minuten später macht es Christian Beck in feinster Christian-Beck-Manier deutlich besser und besorgt die inzwischen hoch verdiente Führung für seine Farben. Nach einer Flanke von Sturmkollege Düker schraubt er sich hoch, köpft mustergültig und versenkt den Ball rechts im Tor. 1:0 für die Größten der Welt, ein überforderter Gegner und das Heimteam mit mächtig Zug – das konnte ein durchaus unterhaltsamer Abend werden.
Allein, nach dieser Führung überließ der Club aus eher unerklärlichen Gründen nun erst einmal Lotte das Feld. In der elften Minute macht Beck im eigenen Strafraum einen Freistoß der Gäste gefährlich, indem er passgenau per Kopf ungefähr einen Meter neben den linken Pfosten zur Ecke klärt. Die Hereingabe findet einen Gästespieler im Rückraum, dem dann beim Abschluss Christopher Handke im Weg steht. Vier Minuten später und erneut nach einer Standardsituation der zweite Lotter Torversuch aus ungefähr 11 Metern, der aber erneut in der Abwehr hängen bleibt.
Gute 15 Minuten ließ man die Gäste gewähren, dann war Blau-Weiß wieder am Drücker. In der 24. Minute schlug Christopher Handke, inzwischen vorne wie hinten hervorragend ins Spiel eingebunden, eine großartige Halbfeldflanke auf Julius Düker hinter der Lotter Abwehrkette. Letzterem fehlte dann allerdings das Spielglück, der nicht einfach zu nehmende Ball landete von der linken Seite rechts im Toraus. Nach einer guten halben Stunde ist es Michel Niemeyer, der die Chance zum 2:0 vergibt. Abermals kam der Ball von Handke, abermals von rechts, der wenig druckvolle Kopfball von Niemeyer war dann allerdings kein Problem für Fernandez. Vielleicht auch ganz gut so – wer weiß, auf was für Scouting-Zetteln Michel Niemeyer wohl landen würde, wenn er jetzt auch noch das gepflegte Kopfballspiel zu seinen Torgefahr-Eigenschaften hinzufügen würde.
Interessant war in dieser Phase der Partie, dass der 1. FC Magdeburg im Prinzip komplett ohne Mittelfeld auskam. Björn Rother wurde häufiger mal überspielt und der Ball von wahlweise Richard Weil oder eben Christopher Handke direkt in die Spitze gegeben, Marius Sowislo in seiner etwas offensiveren Mittelfeldrolle fiel eher durch starke Grätschen als durchs Ballverteilen auf. Einen wirklichen Abbruch tat das den Magdeburger Offensivbemühungen allerdings nicht, wenngleich es bis kurz vor der Halbzeitpause dauern sollte, ehe es vor dem Tor von Benedikt Fernandez noch einmal heiß wurde.
Die Sportfreunde aus Lotte nahmen derweil offensiv kaum noch teil und fanden sich phasenweise komplett in der eigenen Hälfte wieder. Lediglich in Spielminute 35 ergab sich mal eine Umschaltsituation, der ein eigentlich guter Magdeburger Angriff, eine tolle Parade von Fernandez und eine aus Lotter Sicht gut verteidigte Ecke vorausgegangen waren. Steffen Schäfer ist es schließlich, der den Spuk beendet, den Ball abläuft und ins Seitenaus klären kann. Was spielerisch bei Lotte nicht so gut funktionierte, wurde durch eine doch recht robuste Gangart zu kompensieren versucht. Nicht immer waren die Entscheidungen von Schiedsrichter Cortus in dem Zusammenhang nachvollziehbar, immer häufiger wurde nun diskutiert und sich aufgeregt. Dem Club konnte das nur recht sein. Ein spielerisch limitierter Gegner, der sich noch dazu in emotionales Feedback in Richtung des Unparteiischen verstrickt, ist in jedem Fall besser als ein spielerisch limitierter Gegner, dem vielleicht vorne mal einer durchrutscht und der dann hinten dicht machen kann.
Zwei Minuten vor dem Pausentee sorgte der Club dann schließlich für klare Verhältnisse und schon so eine kleine Vorentscheidung. Lotte gelang es nicht so richtig, den Ball vom eigenen Strafraum fernzuhalten, dafür nahm Julius Düker auf der linken Seite den Ball gut mit, konnte sauber in die Mitte flanken und Christopher Handke bedienen, der analog zum ersten Tor von Christian Beck nur noch einnicken musste und so zum sehr beruhigenden 2:0-Halbzeitstand traf. Beim MDR hatte Handke ja kürzlich angekündigt, Tore am Fließband schießen zu wollen, wenn der Knoten endlich mal platzt und wer weiß – vielleicht ist es dann ja jetzt so weit. Bis zum nächsten Tor wird sich die Nummer 3 allerdings noch ein wenig gedulden müssen: Aufgrund einer völlig unnötigen gelben Karte (seiner 5. in der laufenden Spielzeit) in der zweiten Hälfte, die er sich dafür aber auch wirklich redlich verdient hatte, beginnt die Winterpause für ihn nun bereits eine Woche vor allen anderen. Eventuell kann er ja den Kollegen Türpitz im Stadionführer-Business unterstützen.
Mit Beginn der zweiten Hälfte richtete sich der Blick zunehmend mehr auf und in die Kurve. Auf dem Rasen passierte wenig Spektakuläres (abgesehen vielleicht von einem Fallrückzieher-Versuch von Niemeyer am Fünfmeterraum), dafür gab man jetzt auf dem Vorsängerpodest so richtig Gas und animierte die Hintertortribüne mit allerlei lustigen Frotzeleien zu absoluten Höchstleistungen. Zunächst hatten sich aber die „Freibier Ultras“ auf der anderen Seite zu einer richtig krassen Pyroaktion entschlossen. Keine Ahnung, was da brannte, auf jeden Fall wird sich Lotte wohl auf mehrere 10.000 Euro Strafe einstellen dürfen. Die heftige Show mit offensichtlich 3, 4 Knicklichtern aus dem lokalen Technoparty-Discounter (möglicherweise waren es auch Wunderkerzen-Restbestände, gut zu erkennen war es nicht) dauerte jedenfalls so ungefähr 30 Sekunden; die kurz aufkommenden Pfiffe wurden vom Vorsängerpodest mit den Worten: „Ey, nicht pfeifen, die haben das im Griff“ auch sofort unterbunden. Sehr, sehr, sehr großartig.
Ungefähr auf diesem Humorlevel ging es dann im Heimbereich weiter. War die erste Halbzeit durch die recht aggressiven Ansagen von gleich 3 Vorsängern eher anstrengend, besann man sich nun auf andere Motivationstechniken für die Kurve. Der Block wurde geteilt, es folgte ein epischer „Das ist meine Stadt“-Wechselgesang-Battle (den die Blöcke 2, 3 und die halbe 4 übrigens deutlich gewannen :-P), anschließend belöffelte man sich noch gegenseitig mit „Für ein Heimspiel seid Ihr ganz schön laut!“, „Warum seid Ihr Huren so leise?“, „Komm’ doch mal rüber!“ und „Wenn wir wollen, schlagen wir Euch tot!“ Ich kann mich nicht erinnern, wann ich jemals bei einem Heimspiel so herzhaft gelacht habe. Und bevor jetzt irgendwelche Lokalredaktionen gleich wieder schweißgebadet eskalieren: Nein, die gegenseitigen Gesänge waren natürlich *nicht* ernst gemeint. Sensationell war es trotzdem. Großes, großes Kino, Block U!
Der sportliche Teil der zweiten Hälfte ist schnell erzählt, wenngleich ich schon auch ehrlich zugeben muss, dass ich vom Spiel im zweiten Durchgang nur noch wenig mitbekam. Schuld waren Gesänge bis zur Heiserkeit und mehrere Polonaisen, denen sich irgendwann nicht nur die Gegengerade, sondern auch der Gästeblock anschloss. Weltklasse. Der FCM spielte derweil ganz in Ruhe seinen Stiefel runter und musste nur in ein, zwei Situation noch einmal wachsam bleiben. Richtig gefährlich wurde Lotte allerdings nicht mehr; die vielleicht beste Chance setzte man Sekunden vor dem Abpfiff ans Außennetz.
Der Club beendet die Hinrunde der Saison 2017/2018 also mit unglaublich starken 43 Punkten und wird auch in diesem Jahr definitiv wieder auf einem Aufstiegsplatz überwintern. Das fühlt sich sehr, sehr gut an, auch, weil man im Vergleich zum letzten Jahr noch einmal ein gutes Stück souveräner agiert, die Selbstverständlichkeiten inzwischen ganz andere sind und auch die sportliche Leitung wohl nicht mehr umhin kommen wird, das böse Wort mit „A“ demnächst vielleicht doch ein wenig offensiver zu verwenden. Einmal werden wir noch wach in diesem Kalenderjahr, dann ist die SG Sonnenhof Großaspach zu Gast im Heinz-Krügel-Stadion. Es könnte vorerst das letzte Mal sein, dass man in einem Punktspiel aufeinander trifft. Die Gelegenheit, Timo Röttger und Co. zu zeigen, wo der Frosch die Locken hat, sollte man sich also keinesfalls entgehen lassen. In diesem Sinne: Alle ins Stadion!
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