Es ist ja immer noch alles so ein bisschen unwirklich. Mit kindlich-naiver Begeisterung reiste ich am vergangenen Freitag zum ersten Profispiel der Vereinsgeschichte, mit der gleichen Begeisterung fiebere ich nun der nächsten Begegnung in Mainz entgegen. So ein bisschen wie ein kleiner Junge im großen Süßwarenladen, nur dass dieser eben 2015/2016 „3. Liga“ heißt.
Fußballfieber – das trifft definitiv auch auf meine Heimatstadt zu. Egal, in welchem Kontext und mit wem ich am Tag des Auftaktspiels sprach, schnell drehten sich die Unterhaltungen um die Größten der Welt und die Partie am Abend gegen den FC Rot-Weiß Erfurt. Die Stadt vibrierte förmlich, die Vorfreude war sozusagen mit den Händen greifbar. Die Atmosphäre mit Worte zu beschreiben, fällt wirklich schwer. Immer noch. Möglicherweise muss man einfach mit 2.500 im letzten Heimspiel 2011/2012 gegen Lübeck im HKS oder, besser noch, 1996/1997 bei Auswärtsspielen in Kahla oder Suhl gewesen sein, um zu verstehen, was dieses Auftaktspiel für den Club und seine Anhängerschaft bedeutet hat.
Vieles ist anders in Liga 3, klar, blitzt und glänzt und riecht noch ganz neu. Dass man eine völlig alberne, DFB-orchestrierte Choreo vor Spielbeginn im eigenen Stadion ertragen muss – geschenkt. Dass jede/r zweite JournalistIn irgendwas von „Ostkracher“ bis „Ostknaller“ im eigenen Text unterbringen muss – oh well. Dass das Medieninteresse nun, im Profifußball, generell deutlich höher ist, das war schnell zu spüren. Zum Beispiel daran, dass Christian Beck von der Mannschafts-Ehrenrunde im Stadion durch einen Fernsehmenschen zum Interview abgezogen werden sollte. Und Beck? Zeigt auf die Nordtribüne, die sich zum kollektiven Feiern bereit macht, zuckt mit den Schultern, macht kehrt und reiht sich ein ins Einklatschen mit den Fans. Wie, um zu zeigen: „Ey, Interview ist ja super und so, aber ich habe gerade mit meiner Mannschaft und unseren Fans das Auftaktspiel zur 3. Liga gewonnen und muss jetzt erst einmal feiern.“ Guter Mann. Sehr guter Mann.
Und dann diese Kulisse gegen Erfurt: 21.079 zum sehr großen Teil sehr euphorische Kehlen, die dem Auftakt in den blau-weißen Profifußball einen absolut würdigen Rahmen bereiteten. Irgendwann in der Nacht, ich war ja ohnehin viel zu aufgewühlt zum Schlafen, schoss mir dann der Gedanke durch den Kopf: „Alter! Das war heute nicht irgendein DFB-Pokal-Spiel oder so. Das war Liga. Das gibt es jetzt öfter. Das könnte Alltag werden.“ Rostock. Dresden. Okay, auch Chemnitz und Aue. Und Münster. Und Köln. Stuttgart. Mit der Nachtruhe war es spätestens jetzt vollkommen vorbei. „Wir schlugen Rom! Wir schlugen Wien! Wir schlugen Dynamo Ostberlin! Wir sind der Meister aller Klassen, wir sind vom super FCM! Der FCM, der FCM, der FCM ist wieder da! Der FCM ist wieder daaaa! Der FCM ist wieder da!“.
Wie gesagt: Um das alles in seiner ganzen Tragweite verstehen zu können, muss man wohl den größeren Teil der „Generation Amateurfußball“ aktiv miterlebt haben. Bei Niederlagen gegen Meuselwitz und Pößneck im Stadion gewesen sein. Live zugesehen haben, wie ein späterer Aufsteiger aus dem Süden die eigene Mannschaft mit 0-3 filetiert. Das hat Spuren hinterlassen, und trotzdem ist man ja immer wieder hingegangen. Umso wohltuender nun, dass der große 1. FC Magdeburg wieder zurück ist auf der bundesdeutschen Fußball-Landkarte. Da, wo er hingehört. Mindestens.
Nächster Halt: Mainz!
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