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Ernüchternd

ernüchternd

1. FC Magdeburg – Arminia Bielefeld, 5. Spieltag, 0:0 (0:0)

Alles beim Alten beim 1. FC Magdeburg: Die Abwehr steht nach wie vor sicher, bei den Schiedsrichtern haben wir immer noch keine Lobby und vorn fehlt weiterhin ein klarer Plan, wie die Mannschaft eigentlich zu Toren kommen will. Naja, und wenn Du dann gegen ein Team wie Bielefeld spielst, das zwar 59% Ballbesitz hatte, aus dem Spiel heraus aber auch so gut wie keine Torchance kreieren konnte, steht am Ende des zweiten Montagsspiels in Folge eben ein 0:0 auf der Anzeigetafel. Während die einen eine „leidenschaftliche Zweitliga-Begegnung“ gesehen haben und wieder andere hinterher den großen Kampf hervorhoben, herrscht hier weitestgehend Ernüchterung: Da sind zwei Wochen Zeit, dieses Spiel vorzubereiten, da spielst Du im Heinz-Krügel-Stadion unter Flutlicht, da war vorher zu hören, wie man als Fußballer für solche Abende brennt – und dann musste man phasenweise schon zweimal hinschauen, wer hier eigentlich die Heimmannschaft war. Nimmt man dann noch die Aussagen von Jens Härtel aus der Pressekonferenz vor dem Spiel dazu, in der er in ungewohnt deutlichen Worten davon sprach, wie zäh streckenweise das Training lief, lässt einen das schon irgendwie ratlos zurück. Was ist da los? Jetzt schon keinen Bock mehr auf 2. Liga?

Okay, zugegeben, das ist vielleicht ein etwas drastischer Einstieg. Und natürlich war auch an diesem fünften Spieltag nicht alles schlecht, gab es durchaus den einen oder anderen vielversprechenden Spielzug und, so merkwürdig das angesichts der Spielstatistik auch klingen mag, tatsächlich die Möglichkeit, diese Partie zu gewinnen. Und trotzdem: Kampf, Einsatz und Leidenschaft sind ja schön und gut, aber eben auch Grundtugenden des Magdeburger Spiels. Standard quasi. Wenn der im fünften von fünf Zweitliga-Spielen als besonders lobenswert hervorgehoben werden muss, läuft irgendwas falsch. Und machen wir uns nichts vor: Nur mit Gras fressen und Meter machen hat noch keine Mannschaft den Klassenerhalt geschafft.

Wenige Highlights in Durchgang 1

Ein Lichtblick im Magdeburger Spiel war auf jeden Fall Alexander Brunst, der bekanntermaßen den Platz von Jasmin Fejzic im Tor einnahm, eine herausragende Partie machte und seine Mannschaft mit 2, 3 richtig starken Paraden vor einem Gegentor bewahrte. Mehr noch: Er kommunizierte viel mit seinen Vorderleuten, motivierte, wurde mitunter gut in die Aufbauspielversuche eingebunden und brachte nahezu jeden langen Ball auf den Fuß oder die Brust seiner Mitspieler. Auf dem Niveau darf es sehr, sehr gern weitergehen. Vor ihm in der Dreierkette verteidigten Steffen Schäfer, Dennis Erdmann (der mal wieder einen Dennis-Erdmann-Tag erwischt hatte und großartig eklig war) sowie Romain Brégerie. Startelf-Veränderungen gab es auch in Mittelfeld und Angriff: Für Aleksandar Ignjovski rutschte links Michel Niemeyer in die Mannschaft, in der Zentrale agierten Björn Rother und der erneut gute Rico Preißinger, auf der rechten Außenbahn war Kapitän Nils Butzen unterwegs. Das Dreigestirn im Sturm bildeten Felix Lohkemper (für Philip Türpitz), Christian Beck und Marcel Costly, wobei Lohkemper und Costly immer mal wieder die Seiten tauschten. Nominell brachte Jens Härtel auf diesem Weg ein 3-4-3 auf den Platz, in der realtaktischen Aufstellung bei Whoscored.com sieht es eher nach einem (etwas rechtslastigen) 3-5-2 aus, weil Lohkemper sich häufiger auf die Höhe der Mittellinie fallen ließ.

Noch vor Spielbeginn hatte sich der Gästeanhang aus Bielefeld lautstark bemerkbar gemacht; überhaupt war es großartig, auf einen Montagabend einen so prall gefüllten Gästeblock zu sehen – Hut ab! Block U wartete mit einer Luftballon-Choreo und einem großen „Kämpfen, Blau-Weiß, kämpfen!“-Buchstabenbanner auf, auch ein sehr ansprechender Einstieg in diese Partie. Sportlich hingegen lieferte die erste Hälfte wenige Highlights. Marcel Costly war es, der in der 6. Minute den ersten Torschuss abgab, Stefan Ortega im Bielefelder Tor aber vor keinerlei Probleme stellte. Auf der anderen Seite suchte Bielefeld in Minute 9 erstmals den Abschluss, nachdem der FCM größere Probleme hatte, die Ball aus dem eigenen Strafraum zu klären. Aus dem Bielefelder Schussversuch ergab sich ein Konter, der dann allerdings verpuffte, weil Lohkemper zwar schön in den freien Raum gelaufen war und auf Costly weiterleiten konnte, der dann aber den freien Nils Butzen auf der rechten Seite zu spät sah.

Nach etwa 10 Minuten hatte Bielefeld dann weitgehend die Kontrolle über das Spiel, während es der Club immer mal wieder mit Nadelstichen und Konterversuchen probierte, aber zu keinen wirklich gefährlichen Aktionen kam. Insgesamt fehlte einfach die Klarheit in der Offensive (was in der zweiten Hälfte schlimmer werden sollte), während das Bielefelder Spiel zwar hübsch anzusehen war, aber auch weitestgehend brotlos blieb. Um aber mal bei den Lichtblicken zu bleiben: Zumindest in den ersten 30, 35 Minuten gefiel Felix Lohkemper durch frühes und aggressives Anlaufen der Verteidiger und eine gute Dynamik, auch bei Brégerie konnte man gut sehen, wie er in seinem zweiten Spiel für Blau-Weiß bereits ordentlich organisierte und Kommandos gab.

Nach 27 Minuten dann die bis dato beste Szene des Spiels: Es geht über links, Lohkemper macht den Ball schnell, spielt auf Rother und der versucht sich mal an einem Schuss aus ca. 20 Metern, bei dem sich Stefan Ortega schon stärker strecken musste, um ihn noch um den Pfosten zu wickeln. Die anschließende Ecke brachte Niemeyer; der Abschlussversuch von Christian Beck im Fünfmeterraum wurde dann aber als Stürmerfoul abgepfiffen.

So ein bisschen hatte man den Eindruck, dass diese Szenen die Hausherren nun (endlich!) mutiger werden ließen; zumindest war für einen Moment ein bisschen mehr Zug in den Aktionen. Den nächsten Abschluss aber hatte Bielefeld: Mehrere Klärungsversuche des FCM auf der eigenen linken Defensivseite führten nach 36 Minuten nicht zum gewünschten Erfolg, stattdessen gibt es eine Bielefelder Flanke nebst Torschussversuch. Auch wenn die eine oder andere Schwenkfahne im Block die Sicht auf das Tor erschwerte, sah es aus der Nordtribünenperspektive so aus, als hätte da nicht viel gefehlt. Noch knapper wurde es nach 39 Minuten: Nach einem Foul an der rechten Außenlinie sieht Dennis Erdmann, sehr zum Unmut des überwiegenden Teils der 19.794 Zuschauer, die gelbe Karte. Der anschließende Freistoß wird im Nachsetzen gefährlich, Bielefelds Edmundsson konnte den Ball allerdings nicht im Tor unterbringen. Zwischendurch (38.) hatte Costly auf der Gegenseite noch eine Gelegenheit, als er einem Bielefelder Verteidiger die Kugel vom Fuß spitzelte, den Ball dann aber nicht mehr mit ausreichend Druck aufs Tor bringen konnte. Einen harmlosen FCM-Freistoß und einige merkwürdige Schiedsrichter-Entscheidungen später war schließlich Halbzeit. Das 0:0 zu diesem Zeitpunkt ging schon durchaus klar.

Bielefeld lässt Ball und Gegner laufen

In der zweiten Halbzeit demonstrierte Bielefeld dann recht eindrucksvoll, wie man dem Magdeburger (Aufbau-)Spiel verhältnismäßig einfach den Zahn ziehen kann: Man laufe schlichtweg die Abwehrreihe sehr früh an, zwinge diese zu langen Bällen und pflücke selbige einfach in der eigenen Abwehrkette wieder herunter. Zum Teil wurde es haarsträubend: Ballgewinn, langer Hafer, Ballverlust und alles wieder von vorn. Das war von Bielefeld schon sehr, sehr gut gemacht, gleichzeitig aber auch – hier haben wir es wieder – ernüchternd, dass dem Club darauf zunächst so überhaupt nichts einfallen wollte. Mehr noch: So um die 50. Minute herum (und später noch ein paar Mal) hatte man den Eindruck, Bielefeld würde sich den Club richtiggehend zurechtlegen, indem man das Spiel breit machte und Ball und Gegner laufen ließ. Glücklicherweise war aber auf die Abwehr und insbesondere Alexander Brunst Verlass, der in der 52. Minute mit einem starken Reflex aus kürzester Distanz einen Kopfball von Arminias Mittelstürmer Andreas Voglsammer parierte.

Bielefeld stand nun phasenweise ziemlich hoch, was im Umkehrschluss wiederum dem Club Optionen eröffnete und in Spielminute 60 zur mit Abstand besten Chance für die Größten der Welt führte: Rico Preißinger war es, der aus der Mittelfeldzentrale heraus einen super Pass auf den startenden Michel Niemeyer spielte – wenn diese Bälle kommen, ist das natürlich ein hervorragendes Mittel gegen weit aufgerückte Abwehrketten. Niemeyer wiederum hatte nun ein bisschen Platz, um von der linken Seite flankerderweis‘ für Christian Beck aufzulegen und tat das auch. Beckus‘ Kopfball rauschte dann nur Zentimeter am rechten Pfosten vorbei. Das war sie, die Gelegenheit zur Führung. Weitere sollten in den verbleibenden 30 Minuten nicht folgen, von einem Türpitz-Versuch (kam in der 78. Minute für Lohkemper) von außerhalb des Strafraums einmal abgesehen. Zumindest aber brachte die Aktion von Beck bzw. der gesamte Spielzug auch das Stadion wieder zurück ins Spiel, nachdem der Support vorher doch – für Magdeburger Verhältnisse – eher schleppend war. Und klar liegt es an jeder und jedem, unabhängig vom Spielverlauf auf den Rängen alles zu geben, nur ist das eben schwieriger, wenn der Funke von der Mannschaft kaum überzuspringen vermag.

Positiv (oder glücklich, je nach Weltbild und Lebenseinstellung) war, dass auch Arminia Bielefeld dem Tor von Alexander Brunst im weiteren Verlauf des Spiels nicht mehr wirklich gefährlich werden konnte – außer in der 75. Minute, als der junge FCM-Keeper nach einem Gäste-Einwurf in der Nähe der Eckfahne und anschließendem Abschluss im Strafraum erneut abtauchen musste. Vorher war es auf den Rängen noch einmal etwas hektisch geworden: In der 65. Minute drang Michel Niemeyer mit Dampf in den Sechzehnmeterraum ein und kam zu Fall – viele wollten da gern einen Elfmeterpfiff von Schiedsrichter Christof Günsch. Der blieb allerdings aus, was wohl auch korrekt war – Glück eher noch für Niemeyer, da nicht die gelbe Karte zu sehen.

Nachgereicht seien an dieser Stelle noch die weiteren Wechsel für den Club: Zusammen mit Philip Türpitz betrat in der 78. Minute auch Marius Bülter das Feld und ersetzte Christian Beck. Für die letzten sechs Minuten der regulären Spielzeit kam noch Richard Weil für Rico Preißinger. So einen richtigen Effekt hatte keiner der Wechsel, allerdings ist es sicher auch nicht so einfach, in 12 bzw. 6 Minuten Spielzeit noch mal so richtig was zu reißen. Tja nun.

Fazit

Auch im fünften Zweitliga-Spiel der Vereinsgeschichte bleibt der 1. FC Magdeburg ohne Sieg und so langsam wird doch recht deutlich, dass das stockende Offensivspiel offenbar mehr als nur ein kleiner Schluckauf ist. Und wie eingangs schon festgehalten, muss man schon auch irgendwann mal Tore schießen, wenn man Fußballspiele auch gewinnen möchte. Was aber vor allem und auch am Ende dieser Zeilen noch ernüchtert, ist der fehlende Mumm, mit dem unsere Mannschaft an diesem fünften Spieltag gegen eine zweifelsohne starke, aber auch nicht unschlagbare Bielefelder Mannschaft aufgetreten ist. In einem Heimspiel vor über 19.000 Fans kann das eigentlich nicht sein. Und so bleibt mir zum Abschluss auch nur, mich den Worten vom Vorsängerpodest nach dem Spiel anzuschließen: „Brust raus, Zähne fletschen!“

Wir sind die Größten der Welt, verdammt noch mal, und niemand sonst. Und wenn wir es (nur im Moment, hoffentlich) spielerisch nicht schaffen, dann müssen wir es eben mehr wollen als die anderen. So einfach ist das. In diesem Sinne: Nur der FC Magdeburg!

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