VfL Osnabrück – 1. FC Magdeburg, 26. Spieltag, 2-0 (1-0)
Vermutlich ist es nicht vermessen, am 26. Spieltag davon zu sprechen, dass sich in so einer 38-Spiele-Saison so langsam die Spreu vom Weizen trennt. Und auch wenn der 1. FC Magdeburg nach diesem 26. Spieltag trotz der 0-2-Niederlage in Osnabrück noch auf dem fünften Tabellenplatz steht, ordnet man sich inzwischen punktemäßig dort ein, wo man realistischerweise auch am Saisonende stehen wird: Im Mittelfeld des Tableaus, das man mit derzeit 38 Punkten anführt. Der vage Traum vom Durchmarsch ist erst einmal ausgeträumt, und das ist mit Blick auf die inzwischen schon wieder entstehende Erwartungshaltung im Umfeld und angesichts der letzten Ergebnisse eigentlich auch ganz gut so. Dabei begannen die Größten der Welt in Osnabrück sehr ordentlich, brachten sich in der Folge aber selbst auf die Verliererstraße und halfen, genau wie Schiedsrichter Christian Dietz, kräftig dabei, dass sich der gastgebende VfL an der SG Sonnenhof Großaspach vorbei auf den Relegationsplatz schieben konnte.
Jens Härtel hatte seine Mannschaft im Vergleich zur Vorwoche dahingehend verändert, dass Jan Löhmannsröben auf der Bank Platz nehmen musste und für ihn Steffen Puttkammer ins Team rotierte. Anstelle des defensiven Mittelfeldes ordnete sich Puttkammer zentral in der altbewährten, aber länger nicht mehr gesehenen Fünfer-Abwehrreihe ein, davor spielte Niklas Brandt (zumindest eine Weile), links und rechts liefen Sebastian Ernst und Lars Fuchs auf. Kapitän Marius Sowislo agierte erneut zentral hinter Christian Beck als einziger Spitze. Bevor es losgehen konnte, gab es gegenüber in der Kurve der Heimseite erst einmal eine Choreo anlässlich des 10jährigen Bestehens der Inferno Ultras, die nach dem etwas missglückten Hochziehen einer großen Blockfahne in einer größeren Pyroshow mündete – übrigens just in dem Moment, in dem über die Stadionlautsprecher zu vernehmen war: “Die Sparkasse Osnabrück wünscht viel Spaß und begrüßt unsere Spieler”. Ein sehr, sehr großartiger Moment passgenauer Situationskomik.
Auch im Gästeblock ging es nicht gleich los, sondern gab es zunächst erst einmal noch eine Ansprache vom Vorsängerpodest in Sachen #hansagate – für mich allerdings von meinem Standort aus kaum zu verstehen. Wer Genaueres gehört hat, poste das gern in den Kommentaren unter den Beitrag!
Blau-Weiß legte dann, wie eingangs bereits erwähnt, gut los und kam in der 10. Minute zum ersten halbwegs gefährlichen Abschluss: Niklas Brandt schlägt einen langen Ball aus dem defensiven Mittelfeld auf Nico Hammann, der direkt abzieht, den Schuss aber nicht platziert genug aufs Tor bringen kann. Stichwort ‘lange Bälle’: Was in der Anfangsphase positiv auffiel, war, dass selbige eben nicht, wie zuletzt, die fast ausschließliche Option im Spielaufbau waren, sondern man durchaus versuchte, sich spielerisch vor den Osnabrücker Strafraum zu bewegen. Eine ähnliche Idee hatte auch der Gastgeber, und so entwickelte sich zunächst ein munteres Fußballspiel, bei dem der Ball durchaus auch für die Guten den Weg ins Tor hätte finden können.
Nach ungefähr einer halben Stunde ereigneten sich dann in kurzer Folge zwei Szenen, die letzten Endes die Weichen für die Auswärtsniederlage stellen sollten: Zunächst sieht Niklas Brandt nach einem Foul in der Osnabrücker Hälfte, dem ein ärgerlicher Ballverlust in der Vorwärtsbewegung vorausgegangen war, die gelbe Karte, über die er sich furchtbar aufregt. Dann muss es 2 Minuten später eigentlich Elfmeter für Blau-Weiß geben, nachdem Sebastian Ernst im Strafraum unsanft zu Boden befördert wurde – Schiedsrichter Christian Dietz entscheidet sich stattdessen aber für einen Freistoß an der Strafraumgrenze. Und der bringt schließlich tatsächlich ein Tor – allerdings für die falsche Mannschaft. Kurz nach dem vergeblichen Freistoßversuch durch Lars Fuchs gibt es einen Einwurf für Osnabrück, den der VfL schnell ausführt und dadurch nicht nur unsere linke Abwehrseite auf dem falschen Fuß, sondern auch die Innenverteidiger vollkommen unsortiert erwischt. So kommt Halil Savran an den Ball, umkurvt Jan Glinker und kann zur großen Freude des Osnabrücker Anhangs zur Führung einschieben. Bitter für Blau-Weiß, dass Savran beim Abspiel auf ihn wohl im Abseits stand – das schnelle Ausführen des Einwurfs war von Osnabrück trotzdem clever gemacht und von unserer Abwehr einfach schlecht verteidigt.
In der Folge ist dann der VfL die bessere Mannschaft, die aber kurz vor dem Pausentee beinahe noch kalt erwischt wird, als Christian Beck einen Kopfball frei vor dem Tor nicht auf selbiges drücken kann, sondern relativ weit drüber köpft. Oder wie Andreas Brehme sagen würde: “Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß!” Bzw. hier eben eher am Kopf, wobei das Bild dann… Lassen wir das.
Die zweite Halbzeit brachte für die Größten der Welt dann noch einmal eine ordentliche Portion Schwung: Sebastian Ernst mit einem Schuss aus der zweiten Reihe, Christian Beck mit einem Kopfball und Niklas Brandt mit einem weiteren Versuch von außerhalb des Strafraums schaffen es aber nicht, das Spielgerät zum Ausgleich im Kasten der Osnabrücker unterzubringen. Dafür verdient man sich kämpferisch Bestnoten – ganz stark eine Szene von Sebastian Ernst in der 50. Minute, in der er einem langen Ball nachjagt, der bei 9,5 von 10 Spielern vermutlich ins Toraus gegangen wäre. Ernst erreicht die Kugel im Laufduell mit dem Abwehrspieler dann eigentlich auch zu spät, setzt aber im richtigen Moment eine Grätsche an, sichert den Ball, ist schnell wieder auf den Beinen und kann so noch in den Strafraum flanken, wo die Hereingabe dann allerdings beim Gegner landet. Riesenszene.
Just, als man dachte, “Sieht doch ganz gut aus, hier geht heute noch was!”, nimmt sich der Club mit der gelb-roten Karten gegen Niklas Brandt wegen angeblichen Handspiels beim Unterbinden eines Konters selbst aus der Partie. Die Entscheidung ist sicherlich überhart, wird aber nur deshalb zum Problem, weil Brandt das ganze Spiel über schon an der Grenze des Erlaubten agiert hatte und es sicher nicht die schlechteste Idee gewesen wäre, ihn in der Halbzeit gegen Jan Löhmannsröben auszutauschen. Oder anders: Hätte er die zweite gelbe Karte nicht in der 56. erhalten, hätte er sie sich vermutlich irgendwann später abgeholt – zumal bei einem Schiedsrichter, der einige Male wackelte, zwischenzeitlich von Marius Sowislo sogar amtlich umgetackelt wurde (wir wollen an der Stelle mal nicht von einem Frustfoul sprechen) und desöfteren eine ziemlich eigene Auslegung des Regelwerks an den Tag legte. Aber sei es drum, ob es wirklich so gekommen wäre, werden wir nie erfahren. Der Club nun also nur noch zu zehnt und bei fiesem Regen und tiefem Boden im Prinzip vor einer kaum zu lösenden Aufgabe.
Im Block beschäftigte man sich derweil allerdings gar nicht mehr so sehr mit dem Spiel, sondern vielmehr mit sich selbst. Irgendjemand war am Rand der Gästekurve zwischenzeitlich der Meinung, mal einen Bengalo zünden zu müssen, wofür er von den umstehenden Clubfans aber eher wenig Zuspruch erntete. Verständlich angesichts der jüngsten Sanktionen und dem drohenden Zuschauerausschluss bei weiteren Vergehen. Die Fackel landete dann kurzerhand im Innenraum, wo sie aber glücklicherweise sofort erlosch – was man von den Gemütern der um- und unten stehenden Clubfans allerdings nicht behaupten konnte. Es rumorte gewaltig in den unteren Reihen und dauerte eine ganze Weile, bis die Situation wieder einigermaßen unter Kontrolle war.
Als man sich dann wieder in Ruhe auf das Spiel konzentrieren konnte, sah man einen 1. FC Magdeburg, der rackerte, kämpfte und phasenweise trotz der Unterzahl auf tiefem Geläuf versuchte, Fußball zu spielen. Belohnen konnte sich in der 69. Minute aber erneut der Gastgeber. Ohne viel Gegenwehr kann man sich in der Magdeburger Hälfte bis an die Grundlinie kombinieren, die Hereingabe findet den Kopf von Halil Savran, der knochenfrei steht und das macht, was ein Stürmer eben so macht: Er erzielt die Vorentscheidung für seine Farben. Unterzahl hin oder her – auch dieser Treffer wurde im Prinzip nicht verteidigt und wenn sich in der Mitte niemand um den Mittelstürmer der Gastgeber kümmert, fällt dann eben so ein Tor.
Der Rest des Spiels ist dann schnell erzählt: Blau-Weiß kämpft tapfer weiter, Osnabrück hat aber wenig Mühe, den Vorsprung zu verteidigen bzw. über die Zeit zu bringen und siegt so am Ende völlig verdient mit 2-0.
Unter dem Strich bleibt festzuhalten, dass wir das erste Mal in dieser Saison ein Spiel mit mehr als nur einem Tor Unterschied verlieren, das dritte Mal in Folge keinen eigenen Treffern erzielen konnten und uns damit, wie eingangs erwähnt, wohl aus dem vor allem medial inszenierten Aufstiegsrennen verabschiedet haben. Dabei ist es fast schon niedlich, wie z.B. der MDR verzweifelt versucht, eine “Ostdeutsche Mannschaften kämpfen um den Aufstieg”-Geschichte herbeizuschreiben, die zumindest unsererseits als Aufsteiger nie so gedacht war. Aber das ist noch einmal Stoff für die Medien-Retrospektive.
Festzuhalten bleibt auch, dass sich bei einigen Spielern inzwischen vielleicht doch ein gewisser Substanzverlust bemerkbar macht und die eine oder andere (Denk-)Pause vielleicht ganz gut tun würde. Zu nennen ist hier neben Kapitän Sowislo, den ich auf der Position hinter der Spitze irgendwie immer mehr verschenkt finde, vor allem Christian Beck. Gegen Osnabrück wirkte er doch insbesondere gegen Ende des Spiels äußerst frustriert, haderte viel mit sich (zu Recht) und dem Unparteiischen (ebenfalls zu Recht) und nahm sich damit so ein bisschen selbst aus der Partie. Fast, aber nur fast, wäre man geneigt, zu sagen, dass ein zweiter klassischer Mittelstürmer auf der Bank in solchen Situationen gut tun würde, um Beck auch mal runternehmen und vielleicht ähnlich frischen Wind ins Sturmzentrum bringen zu können, wie auf den Außenpositionen durch die Einwechslungen von Waseem Razeek und Michel Niemeyer. Unser einziger anderer etatmäßiger Mittelstürmer konnte den Trainer aber inzwischen schon das dritte Spiel in Folge nicht für einen Kaderplatz überzeugen und dürfte mittlerweile wohl vor allem damit beschäftigt sein, Perspektiven außerhalb von Magdeburg zu prüfen. Tja nun.
Mit der Niederlage in Osnabrück wird nun sicherlich auch das eigentliche Saison-Thema ‘Punkte sammeln gegen den Abstieg’ wieder ein wenig stärker in den Fokus rücken, zumal die Tendenz nach 3 Punkten aus den letzten vier Partien nicht unbedingt nach oben zeigt. Gelegen kommt uns da der Spielplan, der uns erst ein Heimspiel gegen die Stuttgarter Kickers auf dem vorletzten und einen Auswärtsauftritt beim VfR Aalen auf dem 11. Platz beschert. Holt man da vier oder mehr Punkte, kann man wohl mit einiger Sicherheit ganz entspannt für ein weiteres Jahr im Profifußball planen. Und um nichts anderes ging es ja immer. In diesem Sinne:
Kopf hoch, Bauch rein, Brust raus und auf drei Punkte gegen Stuttgart!
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