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Alles auf Anfang

Fortuna Köln

SC Fortuna Köln – 1. FC Magdeburg, 20. Spieltag, 2:1 (1:1)

Erstes Punktspiel 2017, erste Niederlage in der Liga nach zuvor fünf Siegen in Folge. Was macht man aus so einem Rückrunden-Start? Ein „Der 1. FC Magdeburg hat den Auftakt ins Drittliga-Jahr 2017 gründlich verpatzt“, wie ihn die Mitteldeutsche Zeitung für ihren Einstieg in den Bericht zur Partie bei Fortuna Köln wählte, auf jeden Fall schon mal nicht. Klar, die Begegnung bei starken Gastgebern ging mit 1:2 verloren. Und ja, die Niederlage geht in Ordnung, weil die Fortuna über die gesamten 90 Minuten die bessere Mannschaft mit den besseren Möglichkeiten war. Aber ein „gründlich verpatzter Auftakt“? Nach einem (!) Spiel, in dem man a) nach dem ersten Tor postwendend zurückkommt, überhaupt eine sehr gute Moral beweist und b) in den Schlussminuten noch Möglichkeiten hat, aus Köln sogar einen Punkt zu entführen? Ich weiß nicht. 

Fakt ist natürlich, dass das nicht unbedingt der Rückrundenauftakt war, den wir uns alle vorgestellt hatten und Fakt ist auch, dass es einiges zu sehen gab, an das man sich aus der Hinrunde nicht mehr gern erinnert und das man eigentlich überwunden glaubte. Trotzdem war ja nicht alles schlecht und vergisst man leicht, dass die Mannschaft auch als Hinrunden-Zweiter und bestes Auswärtsteam der Liga nicht allein auf dem Platz stand, sondern ja auch noch einen Gegner zu bespielen hatte. Insofern ist ein Satz wie der eingangs zitierte eigentlich doppelt problematisch, weil er nicht nur Spielverlauf und Ergebnis ein Stückchen zu hoch hängt, sondern auch noch einiges an Respekt für die Gastgeber vermissen lässt. Aber gut, lassen wir den Kamm an der Stelle erst einmal wieder abschwellen und schauen wir auf das Sportliche:

Die Formation, die Jens Härtel für den ersten Punktspielauftritt 2017 auf das Feld schickte, hielt eigentlich keine Überraschungen bereit. Leopold Zingerle hatte bekanntermaßen Jan Glinker im Tor abgelöst, davor spielten in der bereits aus der Hinrunde bekannten und bewährten Dreier-Abwehrkette Felix Schiller, Nico Hammann und Christopher Handke. Das defensive Mittelfeld besetzten Kapitän Marius Sowislo und Jan Löhmannsröben, links durfte Tobias Schwede, zentral Sebastian Ernst und rechts Nils Butzen ran. Neben Christian Beck wirbelte Florian Kath im Sturm. So weit also wenig Neues und nichts, was es in den vorangegangenen 19 Spielen nicht auch schon mal gegeben hätte.

Den deutlich besseren Auftakt im Kölner Südstadion erwischten allerdings die Gastgeber und bereits in der Anfangsphase fiel auf, dass es vor allem die einfachen Bälle waren, die die blau-weiße Defensive vor erstaunliche Probleme stellten. Köln spielte schnell, direkt und immer wieder in die Schnittstellen, sodass zum Beispiel Hamdi Dahmani nach knapp 6 Minuten zum ersten Abschluss kommen konnte, den im Strafraum nicht geklärten Ball allerdings glücklicherweise nicht richtig kontrolliert bekommt und die Direktabnahme deutlich über den Kasten setzt. Vorausgegangen war ein gut getimter, langer Ball aus dem rechten Kölner Mittelfeld über die Magdeburger Abwehrreihe und eine ungehinderte Hereingabe, also eine Situation, die vor dem Abschluss eigentlich schon zweimal schlecht verteidigt war.

Es dauerte eine gute Viertelstunde, bis der Club seinerseits erstmals offensiv in Erscheinung treten konnte. Nach einer gefälligen Kombination vor dem Kölner Strafraum ist es Sebastian Ernst, der sich ein Herz fasst, einfach mal abzieht und den Ball knapp rechts am Kölner Tor vorbei platziert. Ansonsten passierte offensiv recht wenig, was aber auch daran lag, dass sich für Blau-Weiß die vom Ende der Hinrunde fast schon gewohnten zweiten und dritten Chancen nicht so recht ergeben wollte. So ein bisschen hatte man den Eindruck, dass sich die Selbstverständlichkeit, mit der in der Offensive verloren gegangene Bälle von Spielern wie eben Ernst oder auch Tobias Schwede zuletzt postwendend wieder zurückerobert wurden, irgendwie noch im Winterschlaf befand.

In Minute 23 dann die nicht ganz unverdiente, wenn auch glückliche Führung für die Fortuna: Nach einer Ecke bekommt der FCM den Ball nicht aus der Gefahrenzone, Cédric Mimbala ihn dafür aber scharf auf den Fuß serviert. Marius Sowislo weiß sich nur mit einem klaren Foul zu helfen, holt Mimbala von den Beinen und sorgt so für den vollkommen berechtigten Elfmeterpfiff von Schiedsrichter Aarnink. Oliveira Souza tritt an und setzt den Ball an den linken Pfosten, von wo aus er Leopold Zingerle an den Rücken und von da aus ins Tor springt. Extrem unglückliche Situation für die neue Nummer 1, aber auch eine, in der er absolut machtlos ist. Im Gegenteil ist er ja sogar noch in der richtigen Ecke und mit etwas Glück… aber gut, es hilft ja nichts.

1:0 für Köln nun also und plötzlich zog auch der Club an, wurde stärker und kam nur drei Minuten später nach einem Eckball zum viel umjubelten Ausgleich: Hereingabe von Nico Hammann, am rechten Pfosten steht Felix Schiller blitzeblank, zieht in Offenbach-Manier ab und versenkt die Kugel zum 1:1. Wenn es von den 22 Spielern auf dem Rasen einen gab, dem man dieses Tor gönnen musste, dann war es „Maschine“ Schiller, für den der Treffer nach seinem Achillessehnenabriss an gleicher Stelle anderthalb Jahre zuvor so etwas wie ein innerer Vorbeimarsch gewesen sein muss. Und auch wenn der Ausgleich, wie es Fortuna-Trainer Uwe Koschinat auf der Pressekonferenz nach dem Spiel formulierte, im Prinzip aus dem Nichts fiel, tat er Spiel und Mannschaft definitiv gut und zeigte an, dass hier durchaus etwas drin war, wenn man nur aggressiv, mutig und entschlossen genug zu Werke gehen würde.

Die letzte richtig gefährliche Szene in Durchgang 1 gehörte trotzdem Fortuna Köln, das sich in Person von Christopher Theisen auf der linken Mittelfeldseite mit einer guten Kombination freispielen kann und mit viel Geschwindigkeit in Richtung Tor bewegt. Nils Butzen versucht noch, die Lücke zu stopfen, kann den hohen Ball auf die rechte Seite aber nicht mehr verhindern, wo Hamdi Damahni Sebastian Ernst entwischt und den Ball an die Latte setzt. Puh. Einige Nicklichkeiten und Mittelfeldaktionen später war dann erst einmal Pause; Zeit, nach einer eher anstrengenden, dafür dank über 1.100 Clubfans aber stimmungsvollen ersten Hälfte durchzuschnaufen und gespannt zu sein, mit welcher Einstellung der Club wohl wieder aus der Kabine kommen würde.

Und siehe da, die ersten Szenen nach Wiederanpfiff gehörten dem 1. FC Magdeburg. Zunächst wird der dribbelstarke Florian Kath, der sich immer wieder trickreich in den Strafraum arbeiten konnte, an der Grundlinie gefoult; der anschließende Freistoß wurde für André Poggenborg im Kölner Tor allerdings nicht gefährlich. Spannender war da schon ein Schuss von besagtem Kath nur fünf Minuten später, den der Kölner Keeper wohl nicht mehr gesehen hätte, der aber denkbar knapp am rechten Pfosten vorbeirauschte. Etwas genauer zielte in Spielminute 60 Kölns Selcuk Alibaz, der einen Klärungsversuch von Felix Schiller auf den Fuß bekommt, Nico Hammann aussteigen lässt und von der Strafraumkante aus den linken Pfosten trifft.

Just, als man zumindest die Hoffnung haben konnte, dass sich der Club vielleicht so langsam in die Partie hineinarbeiten würde, auch wenn Köln spielerisch weiterhin den Takt vorgab, legte sich die Hintermannschaft die erneute Führung der Gastgeber gewissermaßen selbst ins Netz: Ein Freistoß von rechts findet den Kopf von, genau, Innenverteidiger Cédric Mimbala, der mit seiner Präsenz im gegnerischen Strafraum ja auch das Elfmetertor gewissermaßen vorbereitete, und der muss zum 2:1 nur noch ganz entspannt einnicken. Wo genau war in der Szene eigentlich unsere Innenverteidigung? So frei kommt Mimbala vermutlich unter der Woche nicht mal im Training zum Kopfball. Sofort schossen Spielszenen aus der Hinrunde ins Gedächtnis, fühlte man sich unter anderem an Rostock, Erfurt und Osnabrück erinnert. Oder wie es Jens Härtel nach dem Spiel sinngemäß formulierte: Erst verursachen wir Standardsituationen, dann verteidigen wir sie auch noch schlecht.

Tarek Chahed war inzwischen für Sebastian Ernst in der Partie und klar war nun auch, dass sich der FCM schon einiges einfallen lassen musste, wollte man hier wenigstens noch einen Punkt mitnehmen. Allein, die zündenden Ideen wollten sich an diesem Nachmittag nicht einstellen, was aber auch daran lag, dass Fortuna Köln zwischenzeitlich fast schon mit einer Achterkette die Führung verteidigte. Ein probates Mittel in so einer Phase sind ja gemeinhin Standardsituationen und so sorgten in der 72. Minute zwei Freistöße von Nico Hammann noch einmal für Gefahr. Der erste zentral direkt am Strafraum hätte nach Foul an Florian Kath im Strafraum eigentlich ein Elfmeter sein müssen, wurde aber auch so gefährlich – Poggenborg konnte nur zur Seite prallen lassen und hat Glück, dass der Ball keinem Blau-Weißen aussichtsreich vor die Füße fällt. Der kurz darauf anschließende zweite Versuch, diesmal von links, landet nur am Außennetz.

Immerhin drückte der Club nun, während die Fortuna erwartungsgemäß auf Konter lauerte. Jens Härtel brachte mit Manuel Farrona Pulido für Felix Schiller (75.) und Julius Düker für Marius Sowislo (85.) in der Endphase der Begegnung noch mal alles, was die Bank offensiv so zu bieten hatte, die wirklich richtig zwingenden Chancen blieben aber aus, auch wenn es kurz vor Abpfiff im Kölner Strafraum noch ein paar Mal ordentlich brannte. Letztlich fehlte aber einfach auch das Abschlussglück und wäre der Ausgleich, über das ganze Spiel betrachtet, wohl auch eher glücklich als verdient gewesen.

Unter dem Strich steht also weniger ein „gründlich verpatzter Auftakt“, als vielmehr und ganz einfach eine verdiente Rückrundenauftaktniederlage, bei der es dem Club über weite Strecken der Begegnung schlichtweg am viel zitierten Zugriff auf die Begegnung fehlte. Das hat einerseits, wie oben schon erwähnt, natürlich viel mit dem Gegner zu tun (dem es übrigens u.a. gelang, Christian Beck als Zielspieler im Sturmzentrum fast vollständig abzumelden), aber eben auch mit so Attributen wie Mut, Aggressivität und Griffigkeit. Daran kann man arbeiten und sollte das auch, weil uns jetzt ja nun nicht eine übermäßig spielerische Brillanz, sondern eben vor allem diese Tugenden auf den zweiten Platz der Hinrundentabelle geholfen haben. Leopold Zingerles Debüt als Nummer 1 verlief sicherlich unglücklich, aber wenn Du im Prinzip zweimal von Deinen Vorderleuten im Stich gelassen wirst, hilft auch das größte Talent nicht mehr beim Verhindern von Gegentoren.

Sollte uns das nun alles übermäßig nervös machen? Nein, sicher nicht. Ähnlich wie nach dem Hinspiel heißt es nun auch nach dem Rückspiel erst einmal: „Alles auf Anfang“. Und mit einem deutlichen Heimsieg am kommenden Wochenende gegen den FSV Zwickau redet über Köln danach kein Mensch mehr.

Die Pressekonferenz zum Spiel (via YouTube)
Der Sportschau-Bericht zum Spiel (via YouTube)

 

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