1. FC Magdeburg – FC Carl Zeiss Jena, 11. Spieltag, 2:0 (1:0)
Denkwürdig war es jetzt nicht unbedingt, das 83. Duell zwischen dem 1. FC Magdeburg und dem FC Carl Zeiss Jena, eher so “alles wie immer”, nimmt man die jüngeren Ergebnisse gegen die Thüringer und die aktuelle Form der Größten der Welt als Grundlage. Trotzdem war es ein interessantes, phasenweise rassiges und mitunter auch recht kerniges Duell, das sich der Tabellenzweite und -fünfzehnte am 11. Spieltag im Heinz-Krügel-Stadion lieferten. Ein Duell zudem, das nach reihenweise ausgelassenen Großchancen im ersten Durchgang und einer kämpferischen zweiten Hälfte mit dem Favoriten von der Elbe gegen einen offensiv recht limitierten Aufsteiger einen vollkommen verdienten Sieger fand.
Jens Härtel ließ in der Anfangsformation wenig überraschend Dennis Erdmann und Björn Rother wieder in der Mittelfeldzentrale auflaufen, nachdem beide zuletzt gelbgesperrt aussetzen mussten. Für Michel Niemeyer kam Nico Hammann erneut zu einem Einsatz im linken Mittelfeld, rechts spielte standardmäßig Nils Butzen von Beginn an. Die Dreier-Abwehrkette bildeten Steffen Schäfer, Richard Weil und Christopher Handke, an vorderster Front sollten Tobias Schwede links, Christian Beck zentral und Philip Türpitz rechts für die Tore sorgen.
Und was soll man sagen? Das klappte, zumindest bis zum Torabschluss, in der Anfangsphase der Partie ausgesprochen gut. Im Mittelpunkt gleich mehrfach: Ersatz-Kapitän Christian Beck. In der 2. Minute setzt er einen freien Kopfball nach langem Hammann-Freistoß von der linken Seite noch artistisch am Tor vorbei, nach 9 Minuten muss er eigentlich zwingend das 1:0 für seine Farben erzielen: Richard Weil, der den Ball bei einem Jenaer Angriffsversuch sehr aufmerksam erkämpft hatte, bedient Beck aus dem zentralen Mittelfeld. Ein Jenaer Abwehrspieler ist zwar zur Stelle, legt den Ball aber mehr vor, als dass er ihn klärt und eröffnet Beck damit die freie Bahn in Richtung Jenaer Tor. In neuneinhalb von zehn Situationen kannst Du unserer Nummer 11 an der Stelle die Augen ver- und ein Bein auf den Rücken binden und das Ding ist trotzdem drin. Nicht so in dieser Szene. Statt für den satten Abschluss irgendwo halbhoch ins Tor entscheidet sich Beck für den Flachschuss und lässt Jenas Keeper Raphael Koczor, der einen starken Reflex zeigt, besser aussehen, als es nötig gewesen wäre.
Sei es drum. Angetrieben von einem knackigen “Vorwärts, Magdeburger Jungs”-Wechselgesang kam der Club in Minute 11 direkt zur nächsten Chance. Dennis Erdmann lässt bei einem Kopfballduell mit zwei Gegenspielern im Strafraum nicht locker und bringt den Ball irgendwie zu Tobias Schwede, der einfach mal volles Risiko draufhaut, den Schuss dann aber doch um einiges zu hoch ansetzt. Der FCM hatte inzwischen die volle Kontrolle über die Partie; Jena fand quasi überhaupt nicht statt. Das änderte sich erst nach guten 20 Minuten, als Abstimmungsprobleme im Dreieck Schäfer – Weil – Erdmann Jenas Julian Günther-Schmidt frei in den Strafraum durchstarten ließen. Jan Glinker ist früh draußen, kriegt den Ball aber nicht vollständig gepackt, sodass erst die aufmerksame Innenverteidigung die Situation klären kann.
Vorher hatte es allerdings noch zwei vielversprechende Szenen für Blau-Weiß gegeben: In Spielminute 15 kommt der Ball über Dennis Erdmann rechts zu Nils Butzen, der super gestartet war, noch einen Verteidiger aussteigen lässt und nun vollkommen unbedrängt flach in die Mitte spielen kann. Dort steht erneut Christian Beck, der den Ball abermals nicht an Koczor vorbeibekommt. In der 22. Minute hatte es dann Philip Türpitz mal versucht – sein Schuss von der rechten Seite in die linke, untere Tor-Ecke geriet allerdings ein Stück zu weit, auch die aufgerückten Mitspieler verpassten. Dass es hier noch 0:0 stand, war eigentlich vollkommen unverständlich.
Nach etwa einer halben Stunde hatten nun auch die Gäste etwas mehr vom Spiel, boten offensiv allerdings insgesamt erstaunlich wenig an. Wenn es doch mal gefährlich wurde, dann entweder mit hohen Bällen in den Magdeburger Strafraum oder aufgrund der oben schon angesprochenen Abstimmungsschwierigkeiten im blau-weißen Abwehrverbund. Wirklich zwingend wurde es aber nur selten. Derweil auf der anderen Seite: In der 34. Minute erspitzelt sich Christian Beck einen Koczor-Abschlag und will den Ball dann aus einer irgendwie merkwürdig anmutenden Bewegung heraus aus gut 30 Metern direkt auf das vermeintlich leere Tor bringen. Das dauert aber alles zu lange, sodass Jenas Keeper wenig Probleme hat, den Ball im Strafraum wieder aufzunehmen. Schade eigentlich.
Nach 36 Minuten und mitten rein in eine Phase, in der Jena auf einem ganz guten Weg war, sich ein Stück Kontrolle über das Geschehen zu erarbeiten, dann endlich der längst überfällige Führungstreffer für die Größten der Welt, begleitet von einem “Warum, zum Teufel, schießt der denn nicht?!” meinerseits. Ballverlust von Jan Löhmannsröben am Mittelkreis, Dennis Erdmann sieht Philip Türpitz starten und bedient ihn mit einem schönen Heber direkt in den Lauf. Tatkräftig unterstützt von Jenas Dennis Slamar, dessen Über-Kopf-Klärungsversuch zur Kopfballvorlage wird, steuert Türpitz allein aufs Tor zu, nur, um vor dem Abschluss vor dem herauseilenden Raphael Koczor beizudrehen – und denn Ball dann aus unmöglichem Winkel noch ins Tor zu schießen. Was für ein großartiger Treffer!
Die Freude über die Führung hätte allerdings um ein Haar nur zwei Minuten gehalten: Über rechts bringt der FCC den Ball in den Strafaum, wo Kapitän René Eckardt abzieht und Jan Glinker fast auf dem falschen Fuß erwischt hätte. Glinker dann aber mit einer kleinen Flugeinlage und starker Parade. Puh, einmal ordentlich durchschnaufen, bitte! Kurz vor dem Halbzeitpfiff dann noch einmal große Aufregung vor der Nordtribüne: Eine Ecke kriegt der FCM nicht aus der Gefahrenzone, nach reichlich Gestochere im Fünfmeterraum pingpongt der Ball zunächst irgendwo zwischen Glinker, Handke und der Torlinie hin und her und wird schließlich geklärt. Jena reklamierte Hand und zugegebenermaßen war die Szene in der Geschwindigkeit trotz bester Hintertor-Sicht nicht aufzulösen; Schieds- und Linienrichter hatten noch dazu jede Menge Körper im Sichtfeld. Die Pfeife blieb jedenfalls stumm (was korrekt war, wie die Fernsehbilder später zeigten), kurz danach war Halbzeit. Und während die Jenaer Spieler schimpften wie die Rohrspatzen, verabschiedeten sich FCM und Anhang in die Pause.
Im Gegensatz zu Durchgang 1, in dem der FCM mindestens zwei, eher drei Tore hätte erzielen müssen, wurden die zweiten 45 Minuten phasenweise zu einer eher zähen Angelegenheit. Das hatte damit zu tun, dass der FCM nun ziemlich tief stand, Jena kommen ließ, zunächst mal auf Konter lauerte und nur punktuell selbst etwas für die Offensive tat. Trotzdem ergaben sich Halbchancen, wie nach 48 Minuten durch Christian Beck, als er für eine Hereingabe von rechts ein, zwei Schritte zu spät ist und den Ball nur noch ins Toraus, nicht allerdings auf den Kasten drücken kann. Oder nach 56 Minuten, als sich Weil und Beck bei einer Kopfballgelegenheit nicht einig sind und der Abschluss (Beck war es letztlich) eher zur Rückgabe gerät.
Das Spiel wurde nun intensiver, die Zweikämpfe kerniger; unter dem Strich war es entweder eine überragende Schiedsrichterleistung oder äußerst bemerkenswert, dass der Unparteiische in den gesamten 90 Minuten nicht eine gelbe Karte zeigte. Eine solche wäre beispielsweise nach einer guten Stunde durchaus angemessen gewesen, als Nils Butzen zwischen Mittelkreis und Sechzehnmeterraum von seinem Jenaer Gegenspieler in einem Luftduell veritabel abgeräumt wurde. Der anschließende Freistoß landet über Richard Weil bei Christian Beck, der dann im Strafraum im Abseits stand. Kurz darauf wechselte Jens Härtel zum ersten Mal; für den fleißigen Tobias Schwede kam Tarek Chahed in die Partie und nahm direkt Schwedes Platz auf der linken Seite ein.
Über den neuen Mann ging es weiter in Richtung Jenaer Tor: Ablage auf Christian Beck nach schönem, öffnenden Pass von Nico Hammann (64.) und Beck an der Grundlinie gegen Erlbeck im Stile eines Edeltechnikers mit ordentlich Zug in Richtung Strafraum. Chahed bekommt dort den Ball zurück, kann eigentlich selbst abschließen, nimmt dann aber den einlaufenden Philip Türpitz mit. Ein bisschen zu viel Mannschaftsdienlichkeit vielleicht in dieser Szene; Jena hat jedenfalls wenig Mühe, den Ball letztlich zu klären. In der 66. Minute dann die vorläufig letzte, vielversprechende Magdeburger Offensivaktion: Nils Butzen hatte den Ball aus der Zentrale nach einem Handke-Einwurf schön auf (den übrigens sehr starken) Dennis Erdmann gechippt, dessen Kopfball aus sieben, acht Metern dann allerdings nicht druckvoll genug gerät.
Und Jena? Die Gästen agierten gegen immer noch tief stehende Magdeburger weiterhin eher ideenlos. Spielerisch konnte man sich gegen die aufmerksame Defensive der Hausherren keine Torchancen erarbeiten, wohl aber, wie auch schon in Halbzeit 1, zahlreiche hohe Bälle in den Strafraum bringen. Und so lange es nur 1:0 stand, musste man durchaus befürchten, dass da vielleicht irgendwann doch mal einer durchrutscht… nach 78 Minuten (!) dann mal ein Fernschussversuch, der aber weit über das Tor geht, zwei Minuten später ein ordentlicher Flatterball von Maximilian Wolfram aus 30 Metern, den Jan Glinker eigentlich gut pariert, dann aber nicht festhalten kann. Zwar brachte auch die anschließende Ecke nicht den Ausgleich für die Gäste, aber es blieb durch solche Aktionen zumindest latent spannend.
In der 85. Minute dann die Entscheidung: Christopher Handke wird am Jenaer Strafraum im Luftduell gefoult, nachdem sich weder Philip Türpitz noch Tarek Chahed vorher vom Ball trennen ließen. Schiedsrichter Willenborg lässt wohl zunächst den Vorteil laufen, weil Chahed die Kugel in der Folge im Strafraum noch mal aufnehmen kann, dann aber Elfmeter-würdig von Niclas Erlbeck abgeräumt wird. Die Schiedsrichter-Entscheidung lautete trotzdem „Freistoß“. 16 Meter, eine gute Entfernung für Nico Hammann. Der tritt an – und schweißt den Ball von der linken Seite in den rechten Winkel. Unhaltbar für Koczor und endlich, endlich! mal wieder ein Freistoßtor von Nico Hammann. 2:0, der Käse war gegessen.
Bevor dann Feierabend war, verdiente sich der Jenaer Torhüter noch einmal die ganz besonderen Sympathien der Nordtribüne: Erst spielt er den Ball in Minute 86 außerhalb des Strafraums mit der Hand (was ungeahndet blieb), dann verstieg er sich in eine Diskussion mit Christian Beck, die er nonverbal mit einem Stoß im Strafraum beendete. Großes Glück für Koczor, dass Frank Willenborg wohl sein Kartenset vergessen hatte und die Tätlichkeit dementsprechend nicht sanktionierte. Glücklicherweise sieht man sich in so einer Saison ja immer zweimal, sodass Beck die Sache dann im Rückspiel, wie nach der Partie vom Vorsängerpodest vorgeschlagen wurde, eben einfach mit vier Buden regeln kann…
Ziemlich pünktlich war dann jedenfalls Schluss und der dritte Sieg in Folge im Kasten – gerahmt von einer kurzen Mitteilung der Nordkurve, wie man die Jenaer Mannschaft so findet und dem einen oder anderen Gassenhauser, der das eigene Team auf seiner Ehrenrunde bis vor die Nordkurve begleitete. Das obligatorische Einklatschen nebst witzigem Minimal-Ausraster von Nils Butzen und Tarek Chahed noch, dann hieß es: Länderspielpause. Die kommt der Mannschaft nach den anforderungsreichen letzten Wochen und einer unter dem Strich guten, aber auch intensiven Begegnung gegen Jena sicherlich nicht ganz ungelegen. Zwar steht am 07.10. noch ein Landespokalspiel gegen Liesten an, allerdings dürfte das, trotz des gebotenen Respekts vor dem Gegner, keine allzu knifflige Aufgabe werden.
Wem die Zeit bis zum nächsten Ligaspiel in Osnabrück zu lang werden sollte, dem sei immer mal wieder ein Blick auf die aktuelle Drittliga-Tabelle empfohlen. 9 Siege in 11 Partien sind schließlich mehr als nur eine sehr, sehr ordentliche Zwischenbilanz. Und wer weiß – wenn es in dem Tempo weitergeht… ach, wir wollen es mal nicht jinxen. Genießen wir einfach den Moment. Und immer dran denken: „Die Nummer Eins, die Nummer Eins, die Nummer Eins der Welt sind wir!“
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