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Rasenschach

31. Spieltag

1. FC Magdeburg – VfL Osnabrück, 31. Spieltag, 2:0 (0:0)

Nein, schön anzuschauen war der 2:0-Erfolg des 1. FC Magdeburg gegen den VfL Osnabrück an diesem 31. Spieltag wahrlich nicht. Viele Unterbrechungen gab es, erneut schwieriges Geläuf außerdem, dazu zwei Mannschaften, die defensiv im Prinzip nichts zuließen und denen offensiv über weite Strecken die Ideen fehlten. Also war Geduld gefragt, gepaart mit dem Glauben an die eigene Qualität, die ja letzten Endes in einer wirklich zähen Begegnung auch den Ausschlag gegeben hat. Philip Türpitz und Tobias Schwede hießen schließlich die Torschützen, die den 1. FC Magdeburg nach der letzten Partie des Spieltags wieder auf den 2. Platz hievten. Ob man in Wiesbaden wohl schon sehr genervt ist, dass der Club in Situationen, in denen er gewinnen muss, genau das auch tut?

Im Vergleich zum furiosen 6:1-Heimerfolg gegen den VfR Aalen wechselte Jens Härtel lediglich auf einer Position: Für den verletzten Felix Schiller rückte Dennis Erdmann links hinten in die Dreierkette. Ansonsten spielten die zuletzt üblichen Verdächtigen: Im Tor stand Jan Glinker, neben Erdmann liefen Andre Hainault und Steffen Schäfer auf, davor sicherten Richard Weil und Björn Rother ab, während Tobias Schwede und der ewige Nils Butzen die Außenpositionen besetzten. Die offensive Dreierreihe bestand erneut aus Florian Pick (der diesmal nur einen 1b-Tag erwischt hatte), Christian Beck (der bei Osnabrücks Innenverteidiger Stephen Sama in wirklich guten Händen war) und Philip Türpitz.

Nach einer Schweigeminute für den unter der Woche verstorbenen Rolf Tyll begann der FCM zunächst mit ordentlich Zug, zeigte im Prinzip gleich mit der ersten Aktion eine schöne Kombination bis in den Strafraum und konnte sich direkt mal zwei Ecken in Folge erarbeiten, die allerdings ohne Ertrag blieben. Auch insgesamt war der Club das bessere, weil gefälligere Team, das, positiv gewendet, sein Heil im Ballbesitz nebst ruhigem Spielaufbau von hinten heraus suchte. Etwas spitzfindiger ausgedrückt, tat man sich gegen die engmaschige Osnabrücker Abwehr äußerst schwer, ließ kreative Momente weitestgehend vermissen, schob den Ball häufig hinten herum und war, wenn sich dann doch mal Räume auftaten, in den Abspielen (Pick!) hier und da zu ungenau.

So entwickelte sich ab etwa der 11. Minute eher eine Partie Rasenschach mit wirklich wenigen Höhepunkten, bei der sich schnell das Gefühl verfestigte, dass es heute eventuell nur über Standardsituationen gehen könnte und man vor allem aufpassen musste, nicht durch irgendeine Unachtsamkeit einen blöden Gegentreffer zu kassieren. Wäre das passiert, hätte der VfL Osnabrück vermutlich einfach seinen Mannschaftsbus im Strafraum geparkt und es wäre ein wirklich langer Nachmittag geworden. Den ersten Torabschluss gab es dann tatsächlich auch auf Osnabrücker Seite: In der 23. Minute kam Marc Heider nach einer Ecke zum Kopfball, setzte selbigen aber doch recht deutlich über den Kasten. Quasi im direkten Gegenzug versuchte sich Christian Beck an einer ganz ähnlichen Aktion. In arger Bedrängnis konnte allerdings auch er den Ball nach einer Flanke von der rechten Seite nicht aufs Tor bringen, sondern ihn nur rechts daneben köpfen.

Der letzte wirklich erwähnenswerte Angriff der ersten Hälfte ereignete sich bereits nach 27 Minuten: Ein hoher Ball hinter die Osnabrücker Abwehrkette fand Philip Türpitz, der im Strafraum sehenswert für Christian Beck prallen ließ. Dessen Schuss aus vollem Lauf landete allerdings direkt in den Armen von Gäste-Keeper Gersbeck. Der Rest des ersten Durchgangs bestand dann tatsächlich aus viel Mittelfeldgeplänkel, jeder Menge Einwürfen, einigen kuriosen Schiedsrichterentscheidungen, einem zunehmend mehr mosernden Christian Beck (was ja nie so ein sonderlich gutes Zeichen ist) und noch zwei Abschlüssen aus der anderthalbten (Osnabrück, 34.) und der zweiten Reihe (Türpitz, 35.), die aber beide recht deutlich über die jeweiligen Tore gingen. Eine ganz gute, bildliche Zusammenfassung der ersten 45 Minuten ist vielleicht ein Freistoß von Tobias Schwede kurz vor dem Pausentee, der wohl für Andre Hainault am langen Pfosten gedacht war, dann aber an Freund und Feind vorbei ins Toraus segelte.

Qualitativ besser wurde das Spiel in Durchgang 2 zunächst nicht, auch wenn Philip Türpitz mit einer Direktabnahme (die letztlich sicher bei Gersbeck landete) in Spielminute 51 ein erstes Achtungszeichen setzte. Osnabrück fand derweil offensiv gar nicht statt, die erste (und im Prinzip auch einzige) wirklich gefährliche Toraktion hatten die Gäste sieben Minuten vor dem Ende, als Steffen Tigges einen schönen Drehschuss aus dem Strafraum einen halben Meter zu hoch ansetzte und folglich über das Tor drosch. Da stand es allerdings längst 1:0 für die Größten der Welt, die den Führungstreffer vor allem der individuellen Qualität von Philip Türpitz zu verdanken hatten. In der 56. Minute kam er nach Doppelpass mit Tobias Schwede an der Strafraumkante an den Ball, hatte ein Stückchen Platz, holte im Strafraum den Hammer raus und nagelte das Spielgerät unhaltbar für Marius Gersbeck rechts unten in die Ecke. Was für eine Erleichterung, die im Stadionrund förmlich mit den Händen zu greifen war – und hoffentlich jetzt der viel zitierte Dosenöffner, der die Partie doch um einiges ansehnlicher machen müsste.

Wer nun allerdings dachte, dass Osnabrück offensiver werden und der Club folglich die entstehenden Lücken zum Kontern nutzen würde, sah sich ebenso getäuscht wie diejenigen im weiten Rund, die auf ein energisches Nachsetzen der Hausherren hofften. Das Spiel blieb zäh und krampfig, Ballbesitzphasen beider Teams im Mittelfeld wechselten sich ab und wenn überhaupt, machten die Größten der Welt die Partie durch Freistöße für den Gegner in Strafraumnähe nur unnötig spannend. So beispielsweise auch in Spielminute 73, als Philip Türpitz  zwischen Mittelkreis und Sechzehner eher unglücklich foulte, der Ball nach dem fälligen Freistoß hoch in den Strafraum segelte und der nicht immer souveräne Schiedsrichter Badstübner schließlich auf Stürmerfoul entschied.

In der 74. Minute machte der insgesamt überraschend deutlich abgemeldete Christian Beck dann für Julius Düker Platz, der positionsgetreu ins Sturmzentrum rückte – und in einer Phase ins Spiel kam, in der der VfL Osnabrück noch einmal so etwas wie Druck aufzubauen versuchte. In Spielminute 76 gab es zunächst einen weiteren Freistoß für die Gäste von der linken Seite, der von der blau-weißen Innenverteidigung zur Ecke geklärt werden konnte. Selbige brachte dann zwar nicht den Ausgleich, ließ allerdings den Ruhepuls noch mal merklich ansteigen – Erinnerungen an so Spiele wie zum Beispiel in Erfurt wurden wach, in denen es offensiv eher indisponierten Gegnern eben ausgerechnet mit solchen Standards gelang, gegen die Größten der Welt Tore zu erzielen und – im Fall von Erfurt – das Spiel sogar zu drehen.

Diesmal passierte allerdings nichts dergleichen und trotzdem ist es ja immer wieder das gleiche Spiel: Blick in Richtung Anzeigetafel, noch viel zu viel Zeit auf der Uhr, können wir nicht bitte noch ein zweites, gern auch ein drittes oder viertes Tor machen? Keine Ahnung, wie oft sich diese Gedanken in Schlussphasen von Partien in diesem Stadion schon in meinem Kopf breit gemacht haben – zehn Finger werden zum Zählen aber mit einiger Sicherheit nicht reichen. Und so ging es eben in die letzten 10 Minuten der Partie.

Zweimal wurde von Jens Härtel noch gewechselt; in der 84. Minute kam Marcel Costly für Philip Türpitz, eine Minute vor dem Ende sollte Kapitän Marius Sowislo wohl noch einmal für Kopfballstärke, Ordnung und vor allem Ruhe sorgen. Er ersetzte Florian Pick, der, wie eingangs erwähnt, hier und da etwas glücklos agierte, dafür aber kurz vor seiner Auswechslung nach einem ansehnlichen Dribbling noch einmal sehenswert für Julius Düker aufgelegt hatte. Osnabrücks Innenverteidigung hatte allerdings aufgepasst und konnte die Situation entschärfen.

Dann noch einmal Eckball für die Gäste vor der Nordtribüne. Viel Grund zum Nachspielen gab es eigentlich nicht, sodass man davon ausgehen konnte, dass das wohl eine der letzten Möglichkeiten der Partie werden würde. Der Ball kommt hoch rein, Sowislo klärt, Costly verlängert – und findet zentral Tobias Schwede, der den Turbo zündet, sich noch gegen zwei Gegenspieler behaupten muss, den ebenfalls weit aufgerückten Marius Gersbeck noch umkurvt und den Ball mit der nun aber wirklich allerletzten Gelegenheit des Spiels ins leere Tor schieben kann. Fielen der geneigten Anhängerschaft beim 1:0 bereits Steine vom Herzen, machten sich nun ganze Gerölllawinen auf den Weg ins imaginäre Tal. 2:0, Deckel drauf, Feierabend, dankeschön.

Wenn man im Lexikon den Begriff „Arbeitssieg“ nachschlagen würde, müsste dort eigentlich ein Verweis auf genau diese Partie zu finden sein. Kein Vorwurf an Osnabrück – als Tabellen-Sechzehnter kann man bei einem Aufstiegsaspiranten natürlich genau so auftreten, wie die von Daniel Thioune trainierte Mannschaft eben aufgetreten ist: defensiv stabil, sehr tief stehend und vorne vielleicht auf den einen oder anderen Lucky Punch hoffend. Hervorheben muss man an der Stelle vielmehr einen 1. FC Magdeburg, der sich durch eine solche taktische Ausrichtung des Gegners offenbar nicht (mehr) aus der Ruhe bringen lässt, konzentriert und konsequent den eigenen Stiefel runterspielt und die sich bietenden Chancen – sicher auch durch individuelle Klasse – einfach nutzt. Spielt so ein Aufsteiger?

Weiter geht es jedenfalls schon am Mittwochabend im Nachholspiel gegen den FSV Zwickau, wenn der 1. FC Magdeburg die Chance hat, den Vorsprung auf den SV Wehen Wiesbaden wieder auf vier Zähler auszubauen. Mit Blick auf die nächsten Aufgaben, die im Saisonendspurt naturgemäß alle nicht einfacher werden, wäre das schon ein recht wichtiger Schritt, gleichzeitig aber auch einer, der der Mannschaft in der derzeitigen Verfassung absolut zuzutrauen ist. Der Bericht zu Osnabrück endet dementsprechend auch mit einer Aufforderung, die vom Vorsängerpodest zu vernehmen war und hier noch einmal in aller Deutlichkeit wiedergegeben werden soll:

ALLE INS STADION! Wenn nicht jetzt, wann dann?

Denn eines ist klar: Der 1. FCM im Aufstiegsjahr!

Die Pressekonferenz zum Spiel (via YouTube)

Die Zusammenfassung von „Sport im Osten“ gibt es ebenfalls auf YouTube.

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