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Plauener Possenspiel

Oder: wie der Nordostdeutsche Fußballverband mal eben gegen seine eigene Satzung verstößt

Während sich unsere Mannschaft im fernen Spanien für die anstehenden Aufgaben im neuen Jahr fit macht, sorgte hierzulande in den vergangenen Tagen der Nordostdeutsche Fußballverband in der Causa ‚VFC Plauen‘ für einigen Gesprächsstoff. Um es kurz zusammenzufassen: Auf einer außerordentlichen Sitzung am 26.01.2015 beschloss der Verband, dass der insolvente VFC zwar definitiv am Ende der Saison aus der Regionalliga Nordost absteigen wird, gleichzeitig aber die restlichen Saisonspiele als Punktspiele bestreiten darf. Was im Klartext heißt: Für Plauen ist es vollkommen egal, wie die Spiele ausgehen, für (oder gegen) die jeweiligen Gegner werden sie aber voll gewertet. Das Groteske dabei: NOFV-Präsident Rainer Milkoreit versucht diesen schlimmstmöglichen aller Beschlüsse allen Ernstes sinngemäß noch als Entscheidung im Interesse des Fußballs zu verkaufen.

Es ist wenig verwunderlich, dass direkt nach Bekanntwerden dieses Beschlusses allerlei impulsive, emotionale Reaktionen folgten, die von „Häh?!“ über „Fußballmafia NOFV!“ bis hin zu „NOFV abschaffen!“ (in so ziemlich allen Varianten) reichten. Inzwischen haben sich auch einige Vereine, unter ihnen auch der FCM, offiziell und ziemlich einheitlich zu der Verbandsentscheidung positioniert (wie man z.B. hier (Auerbach) oder hier (BAK) nachlesen kann) und drohen sogar offen mit rechtlichen Konsequenzen.

Nun ist es so, dass es zu jedem Sachverhalt ja immer mindestens zwei Wahrheiten gibt; in diesem Fall sind es meiner Ansicht nach sogar drei. Da ist zum einen der völlig verständliche Kampf des VFC Plauen ums Überleben, in dem natürlich und total nachvollziehbar nach jedem sich bietenden Strohhalm gegriffen wird. In diesem Fall hieß der eben „Androhung einer einstweiligen Verfügung“, die sich im Kern gegen die bisher gängige (!) Praxis bzw. Auslegung des §6 der Spielordnung (hier als Download) des NOFV gerichtet hätte. Dieser besagt in Punkt 3:

„Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß Nr. 2 dieses Paragrafen ist die spielklassenhöchste Herren- oder Frauenmannschaft des Vereins sofortiger Absteiger und beendet den Spielbetrieb mit dieser Mannschaft nach Präsidiumsbeschluss.“

In Punkt 6 heißt es weiter:

„Stehen die letzten drei oder weniger Spieltage der 2. Halbserie bevor, dürfen die bis dahin erzielten Spielwertungen nicht annulliert werden.“

Bis dato wurde die Spielordnung in diesen Punkten so interpretiert, dass man eben alle Saisonergebnisse einer Mannschaft, die vor dem drittletzten Spieltag Insolvenz anmeldet, streicht und die Tabelle dann entsprechend um die gestrichenen Ergebnisse bereinigt. Fakt ist aber auch (und das ist die zweite Wahrheit), dass die oben zitierte Sprachregelung feinster Juristensprech und von daher nun mal Interpretationssache ist – und genau hier sah der Plauener Insolvenzverwalter eben einen Ansatzpunkt, den er dann ja am Ende auch erfolgreich durchbrachte.

Bzw. dessen Androhung des Durchbringens schon reichte, um das Präsidium eines Fußballverbandes in vorauseilendem Gehorsam dazu zu veranlassen, von der bisher gängigen Praxis abzuweichen und Punkt 3 des §6 offenbar wörtlich zu nehmen: Beendigung des Spielbetriebs nach Präsidiumsbeschluss, wobei der Beschluss im konkreten Fall wohl das Ende des Spielbetriebs nach dem 30. Spieltag vorsieht. Insofern ist es auch etwas eigentümlich, dass der Verband seine Entscheidung dadurch zu rechtfertigen versucht, dass man einen Vergleich geschlossen hätte, der ja immer irgendwo eine Einigung der Streitparteien bzw. ein ‚Treffen in der Mitte’ impliziert. Meiner laienhaften Interpretation nach wäre die getroffene Entscheidung nämlich möglicherweise sogar durch die Spielordnung gedeckt, sodass man sich mit überhaupt niemandem auf irgendwas hätte einigen müssen (was es im Kern aber nicht besser macht).

So aber, und das ist die dritte Wahrheit, macht man sich als Verband vollkommen lächerlich, weil man vor der Androhung (!) rechtlicher Schritte durch einen insolventen Verein bzw. dessen bestellten Insolvenzverwalter kuscht. Das ist ein bisschen so, als hätte sich Herr Siemon (Plauens Insolvenzverwalter) vor der außerordentlichen NOFV-Präsidiumssitzung hinter der Tür versteckt und beim Eintreten der hohen Herren laut „BU!“ gerufen. Und vielleicht hat er das ja sogar, wer weiß das schon. Beim NOFV ist offenbar alles möglich.

Die eingangs geschilderte Situation, dass nämlich nun alle Mannschaften gegen den VFC Plauen um Punkte spielen, aber umgekehrt nicht, hat neben allerlei berechtigter Beschwerde außerdem den Effekt, dass der Verband mal eben ganz deutlich gegen seine ureigene Satzung (hier zum Download) verstößt. Die bestimmt in Paragraf 3 („Zweck und Aufgaben des Verbandes“), Punkt 2 unter anderem nämlich folgendes:

„Die Aufgaben des Verbandes sind […] die Unterstützung der Mitglieder und Förderung ihrer Zusammenarbeit […]“

und weiter

„[…] die Integrität des sportlichen Wettbewerbs zu gewährleisten und hierzu alle notwendigen wettbewerbssichernden Maßnahmen zu treffen [..].“

Wie, lieber Herr Milkoreit, gewährleistet man eigentlich die Integrität des sportlichen Wettbewerbs, wenn man eine Mannschaft am Punkt(!)spielbetrieb teilnehmen lässt, für die es nur noch um die goldene Ananas geht, während alle anderen Teams in Spielen gegen eben diese Mannschaft um Auf- oder Abstieg kämpfen? Und vielleicht habe ich es ja verpasst und/oder sehe die Logik nicht, aber wie genau werden damit noch mal alle Mitglieder (im Sinne der Satzung sind hier die Mitgliedsverbände gemeint) unterstützt und wird die Zusammenarbeit untereinander gefördert? Noch dazu, wenn Plauen bereits Vereinbarungen mit etlichen Teams der Liga hatte, die restlichen Partien als Pflichtfreundschaftsspiele zu bestreiten?

Um es abschließend noch einmal ganz klar zu sagen: Es geht hier nicht darum, dem VFC Plauen etwas nicht zu gönnen – ganz im Gegenteil: Einem Gegner, der uns nun schon so lange begleitet, wünsche ich als letztes eine Insolvenz und als allerletztes, Spielball juristischer Winkelzüge und Opfer führungsschwacher und rückratloser Fußballverbandsfunktionäre zu werden.

Und was den auch schon gelesenen Vorwurf angeht, man reagiere ja nur so allergisch, weil der FCM als einzige Mannschaft der Spitzengruppe von der bisher gängigen Auslegung der Spielordnung profitieren würde: Glaubt wirklich irgendjemand, wir hätten es nötig, auf ein paar läppische Punkte am grünen Tisch zu hoffen? Also bitte… Wenn wir alle unsere verbleibenden Spiele gewinnen, kann uns mit hoher Wahrscheinlichkeit ohnehin herzlich egal sein, wie es mit dem VFC Plauen weitergeht. Und dann stelle man sich mal vor, wir schlagen die Vogtländer und aus irgendeinem Grund lassen Nordhausen und Zwickau gegen den gleichen Gegner Punkte liegen. Ich mag gar nicht dran denken.

Fakt ist: Der Nordostdeutsche Fußballverband hätte sich in dieser Sache schwächer nicht präsentieren können und steht – egal, wie die Geschichte letzten Endes wirklich ausgeht – einmal mehr als der große Verlierer da. Dann auch noch rhetorisch mit solchen Floskeln wie „Wir haben uns für den Fußball im Nordosten entschieden“ (Milkoreit gegenüber dem MDR, hier nachzulesen) zu hantieren, ist nicht nur grotesk weltfremd, sondern eigentlich auch eine ziemliche Frechheit. Und das hat nichts mit „Fußballmafia“ oder ähnlichem zu tun – das ist einfach nur peinlich.

3 Kommentare

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