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Hüpfen für Heinz

Magdeburger Stadion

Da behaupte mal noch einer, die Sommerpause wäre langweilig: Anstelle von nüchternen Wasserstandsmeldungen über Laktatwerte und Testspielergebnisse erreichen den geneigten Fan dauernd Meldungen von irgendwelchen Saisonvorbereitungs-Opfern, nebenbei wird im Heinz-Krügel-Stadion als weiterer Schritt zur vollumfänglichen Durchkommerzialisierung des Fußballspielbesuchs das bargeldlose Bezahlen eingeführt (wofür der Verein freilich nichts kann), die Marketingabteilung des 1. FC Magdeburg hält einen Vortrag in Odessa und dann droht aufgrund des übermäßigen Engagements der blau-weißen Fanszene auch noch das Stadion einzustürzen. Also, jetzt nicht sofort, aber perspektivisch. So in 7 Jahren. Helle Aufregung in der Lokalpresse (Problem! Schwingungen! Gefahr! Unglücke! Und: Gibt es überhaupt noch Garantie auf den Kram?), großes Lob aus dem Süden („Hüpft weiter, FCM-Fans!“) und mittendrin eine irgendwie tiefenentspannte Stadt als Stadion-Eigentümerin, die erst einmal gar keine Veranlassung sieht, irgendwas zu unternehmen. Magdeburg halt.

Und während sich die Mitteldeutsche Zeitung mit innovativen Formaten und interessanten Beitragsideen so langsam anschickt, die Berichterstattungshoheit über den 1. FC Magdeburg zu erlangen, stopft man in der Volksstimme-Redaktion verzweifelt das Sommerloch.

Natürlich ist mit Statik-Fragen bei öffentlichen Bauwerken, die regelmäßig von mehreren Tausend Menschen aufgesucht und beansprucht werden, nicht zu spaßen. Nur kann man sich schon fragen, was hinter dem Zeitpunkt der Veröffentlichung und vor allem der Art und Weise der Berichterstattung eigentlich für eine journalistische Idee steckt. Während der schiere Umstand der offensichtlichen baulichen Probleme im Zuge der exzessiven Nutzung der Tribünen ja eigentlich einem Ritterschlag für die aktive Fanszene gleichkommt, bleiben bei mir nur Zwischentöne hängen, die so in die Richtung gehen: „Jetzt machen die Clubfans auch noch das Stadion kaputt“ und: „Achtung, Einsturzgefahr!“ Als Familienvater oder -mutter würde ich mir bei der Lektüre jedenfalls vor dem nächsten Stadionbesuch schon noch einmal überlegen, ob ich mich und meine Lieben diesem Risiko wirklich aussetzen möchte. Eventuell hat man in den lokalen Medien ja aber auch einfach diejenigen als Ziel- und Käufergruppe auserkoren, die von Stadionbesuchen in Magdeburg ohnehin schon seit längerem absehen, weil man da ja gar nicht in Ruhe Fußball gucken kann, sondern ständig zum Mitunterstützen genötigt wird. Die werden dann nämlich jetzt nicken und „Genau! Genau!“ rufend ihr Abo verlängern. Dann hätte man mit dem Defizitansatz im Prinzip alles richtig gemacht. Und ja, diese Leute gibt es tatsächlich.

Vielleicht, vielleicht folgt die ganze Sache mit der Hüpferei ja aber auch nur einem ziemlich genialen, weil eigentlich recht simplen Plan unserer aktiven Fanszene: Wenn schon keine realistische Chance darauf besteht, der eigenen Spielstätte den Namen zukommen zu lassen, den sie verdient hat, befleißigt man sich eben anderer Mittel und Wege, sein Ziel zu erreichen. Und wenn es gar nicht anders geht, reißt man eben nach und nach das Stadion ab und hat auch noch Spaß dabei.

Ich sehe es schon vor meinem inneren Auge: Am letzten Spieltag der Saison 2022/2023 kämpft der 1. FC Magdeburg im letzten und entscheidenden Heimspiel gegen den FC St. Pauli um den Aufstieg in die 1. Bundesliga, die jetzt „Scheich-XYZ-Bundesliga“ heißt. Die Fans auf der Block-U-Hintertor-, Haupt- und Gegentribüne hüpfen das inzwischen äußerst marode Stadion buchstäblich in Grund und Boden und den Verein in Deutschlands höchste Spielklasse. Ehemalige Redakteure der inzwischen abgewickelten „Volksstimme“ heben müde mahnend den Zeigefinger und murmeln „Ich hab’s damals schon gesagt!“ Aus den Trümmern der ehemaligen MDCC-Arena errichten die Clubfans an gleicher Stelle in Rekordzeit durch unermüdlichen Einsatz eine neue, ihre Spielstätte, die mit einem Punktspiel-Heimsieg über den FC Bayern München standesgemäß eingeweiht wird:

Haupttribüne_Ernst-Grube-Stadion_Magdeburg_2

Bildquelle: Mm aa ii kk (Eigenes Werk), Lizenz: CC-BY-SA-3.0, via Wikimedia Commons

Die Arena erhält daraufhin ganz offiziell den Namen „Heinz-Krügel-Stadion“. Und es wird gut sein.

 

Möglicherweise wird es aber auch wirklich einfach nur Zeit, dass es endlich wieder losgeht.

2 Kommentare

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