1. FC Magdeburg – Würzburger Kickers, 4. Spieltag, 2:1 (2:0)
Und da ist der nächste Streich, auch wenn der diesmal wohl eher in die Kategorie “Arbeitssieg” einzuordnen ist. Nach dem vollkommen souveränen Auftritt gegen Erfurt und dem am Ende mit reichlich Routine heruntergespielten Auswärtssieg in Meppen war beim dritten Erfolg in Serie gegen eine individuell starke Würzburger Mannschaft diesmal allerdings wieder ein wenig Zittern angesagt. 2:1 ging es am Ende aus, weil es der FCM schaffte, dem Gegner in der ersten Hälfte mit zwei schnellen Toren weitgehend den Zahn zu ziehen und im zweiten Durchgang zwar clever verteidigte, gegen ballsichere und immer irgendwie gefährliche Würzburger aber den verdienten Anschlusstreffer nicht verhindern konnte. Vor 15.922 hervorragend aufgelegten Stadiongängern brachte man den Vorsprung am Ende trotzdem gut über die Zeit und beendet die erste englische Woche der Spielzeit 2017/2018 mit der perfekten Ausbeute von neun Punkten aus drei Spielen.
Trainer Jens Härtel schickte seine Mannschaft im zweiten Heimspiel der Saison im 3-4-3 aufs Feld und tauschte gegenüber der Partie unter der Woche dreimal: Defensiv rückte Richard Weil für Christopher Handke in die Dreierkette und übernahm erwartungsgemäß die Position in der Mitte. Dafür rutschte Nico Hammann auf die linke Seite, Felix Schiller spielte rechts. Im zentralen Mittelfeld gab Dennis Erdmann sein Startelf-Debüt, Kapitän Marius Sowislo nahm zunächst auf der Bank Platz. Die zweite Position in der Zentrale nahm wieder Björn Rother ein. Auf der linken (Michel Niemeyer) und der rechten (Nils Butzen) Mittelfeldseite gab es keine Veränderungen, dafür spielte Tobias Schwede für Andreas Ludwig von Beginn an, allerdings in der Dreier-Offensivreihe links. In der Mitte startete Christian Beck und rechts, wie zuletzt, Philip Türpitz.
Mit den Würzburger Kickers hatte man ja bekanntermaßen einen der beiden Zweitliga-Absteiger zu Gast und traf außerdem auf ein runderneuertes Team mit viel Qualität und Zweitliga-Erfahrung, aber eben noch ohne Sieg in der aktuellen Saison. Das merkte man insofern gleich, als dass die von Stephan Schmidt trainierte Mannschaft vom Start weg um Spielkontrolle bemüht war und es außerdem im Prinzip schon mit dem Anpfiff richtig kernig zur Sache ging. Der FCM reagierte allerdings großartig auf die gewählte Würzburger Gangart: mit frühem Pressing nämlich und vor allem (zumindest zu Beginn) ordentlich Druck auf Keeper Hesl, den man sich so ein wenig ausgeguckt zu haben schien. Tja, und bereits nach sieben Minuten zappelte der Ball das erste Mal im Netz: einen etwas ungenauen Schuppan-Einwurf auf Anthony Syhre erläuft Tobias Schwede ganz stark, stibitzt dem Würzburger Verteidiger den Ball vom Fuß und schiebt mit vollem Tempo am machtlosen Wolfgang Hesl vorbei zur 1:0-Führung ein.
Wie schon gegen Erfurt und Meppen der FCM also mit einem recht frühen Treffer (und Torschütze Nummer 5 im laufenden Wettbewerb), was die Mannschaft jetzt natürlich in die komfortable Situation brachte, erst einmal schauen zu können, welche Räume der Gegner einem wohl so anbieten würde. Einen eben solchen nutzte nur zwei Minuten nach der Führung durch Schwede direkt mal Philip Türpitz nach einem langen Pass von Richard Weil aus der eigenen Hälfte. Im Strafraum trifft dann das Knie von Sebastian Neumann das Gesicht von Türpitz; die logische Folge: Elfmeter für den 1. FC Magdeburg, auch wenn man auf Würzburger Seite (natürlich) protestierte. Die Verantwortung übernimmt Richard Weil, tritt an und versenkt satt in die rechte untere Ecke. Zack! 2:0 und eine Würzburger Mannschaft, bei denen der Doppelschlag nach knapp 10 Minuten ordentlich Wirkung zeigte.
In der Folge passierte nämlich erst einmal: so gut wie gar nichts. Bis zur 20. Minute wurde es allenfalls durch Standards gefährlich, mit denen die aufmerksame Magdeburger Defensive allerdings keinerlei Probleme hatte. Es sollte 22 Minuten dauern, ehe die Kickers sich mal spielerisch in den Magdeburger Strafraum kombinieren konnten. Beide Male gelang das über die eigene linke und damit unsere rechte Seite, beide Male war ein echter Torschuss, für den sich Jan Glinker mal hätte strecken müssen, allerdings nicht zu verzeichnen. Dafür gab es ebenfalls (erst) in Minute 22 die obligatorische gelbe Karte für Dennis Erdmann – die vom Publikum doch tatsächlich mit Applaus bedacht wurde. Sachen gibt’s…
Mit dem 2:0 im Rücken und der einen oder anderen blau-weißen Aktion nach vorn wurde es jetzt ein wirklich merkwürdiges Spiel. Zwingendes gab es hüben wie drüben nicht zu verzeichnen; trotzdem wirkte die Führung irgendwie trügerisch und blieb Würzburg (eigentlich das gesamte Spiel über) stets gefährlich, ohne eben wirklich gefährlich zu werden. Oder anders: auch wenn es keine wirklich klaren Torchancen gab, lag dauerhaft so ein “möglicherweise fällt gleich ein Gegentor”-Gefühl in der Luft. Ganz eigenartig. Konkreter wurde das eigentlich nur in der 37. und der 39. Minute, als Würzburg zunächst (wieder über links) in den Strafraum kommt, die FCM-Defensive aber klären kann. Danach steht Nico Hammann schlecht und zwingt damit Jan Glinker zu einem kleinen Ausflug, den sowohl der Keeper als auch der Spielstand auf der Anzeigetafel aber unbeschadet überstehen.
Auf der anderen Seite konnte Philip Türpitz in der 29. Minute nach einer guten Offensivaktion von Felix Schiller noch mal für Gefahr sorgen; “Maschine” hatte bei einem guten Lauf den Ball im Strafraum zunächst stark behauptet, dann aber doch verloren. Türpitz setzt nach und bringt die Flanke von der Grundlinie, kann aus der Situation dann allerdings nicht mehr als einen Eckball machen. Ganz ähnlich in Minute 42, nur dass diesmal Dennis Erdmann der Vorlagengeber ist. Sein Pass aus dem Mittelfeld auf die schnelle Nummer 8 bringt allerdings auch lediglich einen Eckstoß, der wiederum von Würzburg geklärt werden kann. Fast im direkten Gegenzug dann so der erste “Atem anhalten”-Moment der Partie: bei einem Rückpass wartet Jan Glinker sehr, sehr, sehr lange, realisiert dann aber doch, dass er den Ball wohl besser klärt. Sein beherzter Schuss gelangt dann aber nicht irgendwo in der anderen Spielhälfte zu einem Mitspieler, sondern trifft den bereits anlaufenden Würzburger Stürmer aus nächster Nähe mitten im Gesicht. So kann man Angriffe natürlich auch zunichte machen…
Kurz darauf war Pause und auch wenn die Führung komfortabel daherkam, machte der Verlauf der ersten Hälfte ziemlich deutlich, dass der Käse hier noch lange nicht gegessen war – wobei die Sache sicherlich schnell anders ausgesehen hätte, wäre dem Club in Spielminute 49 ein zweiter Elfmeter zugesprochen worden. Richard Weil wird im Strafraum bei einem Laufduell in feinster Eishockey-Manier und ohne irgendeine Absicht des Gegenspielers, an den Ball zu gelangen, weggecheckt, die Pfeife von Schiedsrichter Dingert bleibt aber stumm – kann man mal so machen und läuft dann wohl unter “englische Härte”. Aber gut, so blieb es halt spannend und versuchte Würzburg im weiteren Verlauf, den Rückstand zu verkürzen.
Ein strammer Abschluss von Schuppan in Minute 50 nach einer Flanke von der Grundlinie auf die linke Seite, bei dem am Ende lediglich Felix Schiller abgeschossen wird, sollte bis zum Anbruch der letzten Viertelstunde und der Würzburger Schlussoffensive allerdings erst einmal die letzte gefährliche Aktion der Gäste bleiben. Zwar hatte man in den zweiten 45 Minuten mehr vom Spiel, fand aber entweder keine Lücke, spielte zu ungenau oder blieb schlicht und einfach in der gut sortierten Magdeburger Defensive hängen.
Vom FCM kam, von einem Schiller-Kopfball in der 55. Minute mal abgesehen, offensiv auch nicht mehr so furchtbar viel – dafür sprang nun aber das Publikum ein und sorgte mit einem aberwitzigen “Vorwärts, Magdeburger Jungs!”-Wechselgesang minutenlang für eine wahnsinnige Stimmung und satte Gänsehaut. Maximal noch getoppt vom “Erstlingswerk” gegen Münster vor 2 Jahren, entwickelte sich auf allen (!) Tribünen eine Lautstärke, die es so wohl im deutschen Fußball kein zweites Mal gibt. Absolut irre, was die knapp 16.000 da mal wieder abgeliefert haben – da kann man es der Gegengerade durchaus auch verzeihen, sich bei der Blockpolonaise zwischendurch kurz nicht einig gewesen und zeitweise in unterschiedliche Richtungen marschiert zu sein.
Nach 62 Minuten durfte Philip Türpitz Feierabend machen, für ihn wurde positionsgetreu Tarek Chahed eingewechselt. Hatte man unter der Woche noch gelesen, dass es Chahed derzeit nicht ganz so leicht hätte, in den Kader zu kommen, und deswegen Sonderschichten schiebt, war das ein gutes Signal an den Spieler und die ganze Mannschaft: Gebraucht werden alle in so einer langen Saison und klar kann man einen Platz auf der Tribüne (in Chaheds Fall in Meppen) durch harte Arbeit unter der Woche gegen Spielzeit eintauschen. Ebenfalls neu in die Partie kam Marius Sowislo; er ersetzte Björn Rother, der bis dato jede Saisonminute gespielt hatte.
Bevor Würzburg schließlich zum Schlussspurt ansetzte, trat nun erst einmal Christian Beck mit der einen oder anderen guten Offensivaktion in Erscheinung. Eine Stunde lang war von ihm in Sachen “Torabschluss” eigentlich nichts zu sehen, dafür band er immer wieder Gegenspieler, riss Löcher, die dann zum Beispiel die Kollegen Türpitz und Schwede klug zu nutzen wussten und ackerte (wie immer) für die Mannschaft. Beispiel gefällig? Wir schreiben die 69. Spielminute, als Beck mit viel Einsatz einen eigentlich schon verlorenen Ball auf dem Weg ins Toraus noch erläuft und in die Mitte zu grätschen versucht. Das geht letztlich schief, zeigt aber, mit welcher Mentalität unsere Nummer 11 in dieser Partie unterwegs war. Vorher hatte er bereits mal den Abschluss gesucht (63.), seinen Schuss aus gut und gerne 40 Metern aber deutlich rechts am Tor vorbei gesetzt. In der 77. Minute hatte er dann sogar die Entscheidung auf dem Kopf: Eine Flanke von Marius Sowislo und halbrechts köpft er butterweich gegen die Laufrichtung von Wolfgang Hesl im Kickers-Tor; der macht sich allerdings groß und kann den Kopfball noch über die Latte lenken.
Mittlerweile lag die Spielkontrolle allerdings längst wieder bei den Gästen; Stück für Stück arbeitete man sich nun in Richtung Magdeburger Strafraum vor. So landet ein verdeckter Schuss in Spielminute 74 nach einigen missglückten Magdeburger Klärungsversuchen im Toraus und hat Jan Glinker zwei Minuten später einen Würzburger Freistoß aus zentraler, rechter Position erst im Nachfassen (dafür dann aber sicher), bis es 10 Minuten vor dem Abpfiff doch noch einschlägt. Der Ex-Magdeburger Enis Bytyqi kann sich nach einem Taffertshofer-Chip in Richtung Fünfmeterraum schön von Marius Sowislo in der Mitte lösen und hämmert den Ball im Fallen in die linke obere Ecke. Ein wenig hatte sich das angedeutet und klar war auch, dass man um die drei Punkte nun noch einmal kräftig zittern durfte.
Härtel reagierte, brachte Florian Pick für Nils Butzen und damit auch noch einmal ordentlich frischen Wind für die Offensive. Wohl dem, der so einen schlitzohrigen Dribbler in der 81. Minute noch von der Bank bringen kann – und es vor allem auch tatsächlich macht! Pick schaltete sich munter ins Offensivspiel ein, nahm z.B. nach 86 Minuten Michel Niemeyer auf links schön mit und verhalf seiner Mannschaft so letztlich zu einer Ecke und einem (harmlosen) Kopfball-Abschluss von Felix Schiller. Im direkten Gegenzug passt die FCM-Defensive beim Abschlag von Hesl einen Moment nicht auf, die Direktabnahme nach hohem Ball und schöner Mitnahme durch Dennis Mast landet dann aber zentral und sicher bei Jan Glinker.
In der 90. Minute dann noch einmal Freistoß aus guter Position für Würzburg. Man mochte ja irgendwie gar nicht mehr hingucken. Der Ball bleibt in der Mauer hängen. Der ungläubige Blick zum Schiedsrichter und gleich die Bestätigung vom Stadionsprecher: Vier (!!) Minuten Nachspielzeit. Uff. 90+2: Enis Bytyqi mit einem verdeckten Schuss von rechts – der Ball segelt Zentimeter rechts am Pfosten vorbei. Dann endlich die letzte Aktion auf der anderen Seite: Beck auf Pick auf Schwede aufs Tor, der Ball ist drin! Aber: Abseits. Kurz darauf der erlösende Pfiff und ein hinten raus hart erarbeiteter, aber beileibe nicht unverdienter zweiter Heimsieg der Saison.
Fazit? Vier Spiele, drei Siege, sechs verschiedene Torschützen – doch, man kann auch deutlich schlechter in so eine Drittligasaison kommen. Jetzt wartet erst einmal der FC Augsburg im DFB-Pokal und nach dem Einzug in die zweite Runde geht es dann auch direkt weiter nach Münster. Langweiliger – und einfacher – wird es also nicht. Aber hey: Mit einer Magdeburger Mannschaft in dieser Verfassung muss uns vor den nächsten Wochen ganz und gar nicht bange werden.
Pingback: Alle Neune | re: Fußball