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Schneckenrennen

1.FC Magdeburg – Fortuna Köln, 25. Spieltag, 0-0 (0-0)

Fußball ist ja manchmal ein recht paradoxes Geschäft: Da spielst Du (offensiv) nicht wirklich überzeugend, erarbeitest Dir zuhause gegen eine unangenehme und stets gefährliche Kölner Mannschaft (trotzdem) einen Punkt – und rückst dadurch zu allem Überfluss sogar noch ein kleines Stückchen weiter an den Relegationsplatz ran, so Du denn tatsächlich den Blick nach oben wagen wollen würdest. Klar sein dürfte nach der Partie gegen die Kölner Fortuna allerdings, dass man sich irgendwelchen Zweitliga-Gedankenspielen trotz der für einen wundersamen Durchmarsch günstigen Tabellenkonstellation besser nicht hingeben sollte – kämpferisch ist zwar nach wie vor alles okay, spielerisch ist man von einem Aufstiegsaspiranten aber noch ein gute Stück entfernt. Und das ist vermutlich auch ganz gut so. Daher ist auch der Punkt gegen Fortuna Köln als das zu werten, was er ist: Ein weiterer hart erarbeiteter Zähler gegen den Abstieg. Oder um es mit den Worten unseres Cheftrainers zu sagen: “Wenn man vorne seine Chancen nicht nutzt, muss man hinten zu null spielen, sonst verliert man so ein Spiel.” 

Bevor es allerdings mit dem Fußball schauen losgehen konnte, galt es erst einmal, Tapeten zu halten. Thema im Fanblock, auf falschen Überweisungsträgern und dementsprechend zu Spielbeginn auch auf den vorbereiteten Spruchbändern war natürlich die drastische Strafe des DFB gegen den Verein.

“Summe: 40.000 € – Verwendungszweck: Sommermärchen 2006 | DFB – Wenn Korrupte über andere urteilen | DFB-Sportgericht, ein Fall für die Justiz” war auf den Spruchbändern zu lesen, die noch einige Minuten nach Anpfiff im Block zu sehen waren und mit einigen donnernden Kommentaren in Richtung Verbandsspitze versehen wurden. Dazu gab es noch eine deutliche Ansage vom Capo in die Richtung, dass Block U selbstverständlich auch in Zukunft große Pyroshows machen und Choreos mit Bengalos und Co. untermalen werde, das gehöre, genau wie Rauchtöpfe, für die aktive Fanszene einfach zum Support dazu. Ob nun gegen Dresden oder gegen Wiesbaden sei dabei völlig egal, diese Stilmittel werde man sich auch weiterhin nicht verbieten lassen. Dennoch spreche man sich aber nach wie vor deutlich gegen Böller und Leuchtspuren in andere Zuschauerblöcke aus und gab es auch noch einmal einen kritischen Kommentar hinsichtlich der Vorkommnisse in Großaspach. Möge sich hier jeder selbst seine Meinung bilden; spannend, bunt und laut bleibt es in jedem Fall…

Ein Blick auf das Spielfeld offenbarte dann irgendwann die inzwischen schon gewohnte Grundordnung, wenngleich Jens Härtel im Vergleich zu den letzten drei Partien gleich auf drei Positionen gewechselt hatte: Nico Hammann kam erwartungsgemäß zu seinem ersten Startelfeinsatz und ersetzte Michel Niemeyer auf links; David Kinsombi, der insgesamt ein äußerst solides Debüt ablieferte, rückte für Steffen Puttkammer in die Mannschaft und für Tarek Chahed spielte Lars Fuchs von Anfang an.

Die ersten gut zwanzig Minuten gehörten allerdings den im unangenehmen Dynamo-Schwarz-Gelb spielenden Gästen aus der rheinischen Domstadt; das blau-weiße Offensivspiel beschränkte sich im Wesentlichen auf lange Bälle aus der eigenen Abwehr oder dem defensiven Mittelfeld heraus. Gegen eine gut organisierte und groß gewachsene Innenverteidigung wie der der Fortuna natürlich eine eher undankbare Aufgabe für Christian Beck im Sturmzentrum, der sich außerdem ein ums andere Mal als Flankengeber auf dem Flügel wiederfand und die Bälle dann in die Mitte schlug, wo sie den Kopf von solchen Luftkampfmonstern wie Lars Fuchs allerdings kaum erreichen konnten. Verkehrte Welt an der Elbe, gewissermaßen, aber auch Beleg für eine Defensivtaktik der Gäste, die über weite Teile der Begegnung sehr, sehr gut funktionierte.

So dauerte es dann auch bis zur 21. Minute, ehe die Größten der Welt die erste richtig gute Torchance verzeichnen konnten: Kapitän Marius Sowislo köpft den Ball aus aussichtsreicher Position auf den leeren Kasten, zielt aber zu genau und setzt die Kugel schließlich knapp neben den rechten Pfosten – auf der falschen Seite des Tores allerdings. Drüben auf der anderen Seite kam auch Köln zu Gelegenheiten; die vielleicht beste vergab Königs in der 32. Minute, als er einen sehenswerten Volley aus der Drehung aufs, aber eben nichts ins Tor brachte.

Die Nordtribüne war zu diesem Zeitpunkt längst schon heißgelaufen, fast schon trotzig und mit einer Extraportion Energie peitschte der Capo die Kurve nach vorn und wurde laut, brachial und mit nur wenigen Pausen die Mannschaft unterstützt. Und die wachte zwar spät, dafür aber umso vielversprechender auf und hatte in den letzten fünf Minuten der ersten Halbzeit ihre bis dahin vielleicht beste Phase. So muss es dann nach 45 Minuten eigentlich auch 1-0 stehen, allerdings vergibt Christian Beck eine 1.000%ige Einschusschance und scheitert flach an André Poggenborg im Kölner Tor. In 9,65 von 10 anderen Fällen macht unser Torjäger vom Dienst den einbeinig, mit verbundenen Augen und fünf Bier.

So ging es mit einem 0-0 in die Pause und würde man es nicht besser wissen, könnte man fast meinen, dass uns die gegnerischen Teams inzwischen möglicherweise so ein kleines bisschen ausgeguckt haben. Allerdings sahen die knapp 15.000 Zuschauer, darunter auch ein engagierter, aber gegen die Nordtribüne akustisch chancenloser Haufen im Gästeblock, nach Wiederanpfiff erst einmal einen deutlich aktiveren FCM, der nach einer guten Chance von Niklas Brandt in der 48. Minute gut und gerne hätte in Führung gehen können. Köln stand nun defensiv ein wenig tiefer und lauerte auf Konter, was in der 80. Minute um ein Haar auch belohnt wurde: Bei einem Gegenangriff nach einem blau-weißen Eckball stimmte die Zuordnung kurz nicht, was Badia im Kölner Dress zu einem ziemlich freien Abschluss nutzt, allerdings zunächst in einem stark parierenden Jan Glinker und dann im linken Außenpfosten seinen Meister findet. Riesenglück für den Club in dieser Situation.

Riesenglück aber auch für Köln, zu diesem Zeitpunkt nicht schon gute zehn Minuten lang mit einem Tor im Rückstand zu sein. In Spielminute 71 nämlich kann sich Blau-Weiß am Strafraum der Gäste festsetzen, allerdings den Ball mehrmals hintereinander nicht gefährlich genug bzw. nicht so in den Sechzehnmeterraum bringen, dass er auch den Weg hinter die Torlinie finden kann. So war es zunächst die vielbeinige Kölner Abwehr und in letzter Konsquenz ein verpasster Kopfball von Christian Beck, der auch diese recht gute Situation zunichte machte. Und weil auch sonst nichts absolut weltbewegendes mehr passierte, endete die Partie unter dem Strich auch leistungsgerecht mit 0-0.

Was also bleibt vom 25. Spieltag und dem achten Spiel ohne Niederlage? Unter dem Strich vor allem die (nicht mehr ganz neue) Erkenntnis, wie sehr unser Spiel trotz guter und wichtiger Neuzugänge wie Nico Hammann, Sebastian Ernst und einem (zumindest gegen Köln) bärenstarken David Kinsombi eben nach wie vor von Christian Beck abhängig ist. Macht der seine Buden nicht oder wird er, wie in der Begegnung gegen die Domstädter, geschickt verteidigt bzw. auf die Flügel geschickt, statt im Sturmzentrum für Stress zu sorgen, wird es schwierig, mit entscheidenden, herausgespielten Aktionen vor das gegnerische Tor zu kommen. Die beiden Treffer von Sebastian Ernst gegen Halle fielen ja z.B. auch nach Umschaltaktionen bzw. Fehlern im gegnerischen Aufbauspiel, beim Treffer von Tarek Chahed gegen Bremen profitierte man von einem kapitalen Abwehrbock, der aus einer eigentlich geklärten Aktion quasi ein Eigentor macht. Naja, und dass diese Spielweise (“lang nach vorn auf Beck und dann schauen wir mal, wie es weitergeht”) irgendwann recht ausrechenbar ist, liegt ja irgendwie auf der Hand. Allerdings: solange es weiterhin zu Punktgewinnen reicht und vorne dann doch hin und wieder mal einer reinkullert, passt das für einen Aufsteiger. Verwundern mag den geneigten Beobachter in diesem Zusammenhang allerdings, dass Manuel Farrona-Pulido aktuell nur noch Kurzeinsätze bekommt und sein Kollege auf dem anderen Flügel, Ahmed Waseem Razeek, offenbar derzeit gar keine Chance auf einen Kaderplatz hat. Gleiches gilt offenbar auch für Aufstiegsheld Nicolas Hebisch, für den es ebenfalls und schon das zweite Spiel in Folge nicht einmal mehr für die Bank reichte.

Allerdings, auch das hat die bisherige Saison gezeigt: In der nächsten Begegnung kann das alles schon wieder ganz anders aussehen, zumal die Größten der Welt in der 26. Runde beim aktuellen Tabellenvierten ein echtes Spitzenspiel erwartet. Nicht auszudenken, was passieren mag, wenn wir da den dritten Auswärtssieg holen und Großaspach möglicherweise wieder patzt… Und wie krass eigentlich, als Aufsteiger in die 3. Liga nach dem 25. Spieltag überhaupt solche Gedanken denken zu können… Vor den Übermut hat die Debütsaison im Profifußball aber den Blick auf die Tabelle gesetzt, und die sagt, dass es zwar schon zwölf Punkte nach unten und nur drei nach oben sind, die 38 Zähler aber mit ziemlicher Sicherheit immer noch nicht zum Klassenerhalt reichen werden. Es ist und bleibt ein Schneckenrennen – in die eine oder die andere Richtung.

Nächster Halt: Osnabrück!

Beitragsbild mit freundlicher Unterstützung vom @rodensleber. Vielen Dank!

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