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Nie mehr 4. Liga!

Kickers Offenbach – 1. FC Magdeburg, Rückspiel zum Aufstieg in die 3. Liga, 1-3 (1-2)

Es ist tatsächlich passiert. Der 1. FC Magdeburg gewinnt völlig verdient auch das 2. Relegationsspiel gegen die Kickers aus Offenbach und wird in der kommenden Saison das erste Mal seit der Wiedervereinigung im bundesdeutschen Profifußball aufdribbeln. Eine Riesenleistung der Jungs um Jens Härtel, ein Wahnsinnsritt, einfach ein überragender Abschluss einer in vielerlei Hinsicht großartigen Saison! Was für unseren Kontrahenten leider nicht in gleichem Maße gilt, und auch wenn in beiden Partien viel Feuer war und auch wenn die Fans heute mit ihrem Platzsturm sicherlich auch im eigenen Lager viele Sympathien verspielt haben – die vierte Liga hat der Bieberer Berg, hat Kickers Offenbach und haben die Anhänger des Vereins nicht verdient. Die Relegation zur Dritten Liga ist und bleibt einfach eine ganz, ganz widerliche Ausgeburt irgendwelcher Funktionärsphantasien und gehört abgeschafft – ohne Wenn und Aber!

Statt im Gästeblock zu stehen, durfte ich heute erstmals auf einer Pressetribüne Platz nehmen. Merkwürdiges Gefühl irgendwie, aber immerhin gab es personalisierte Arbeitsplätze.

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An dieser Stelle noch einmal ein großer Dank an Kickers Offenbach für die unkomplizierte Akkreditierung, die als Blogger ohne Presseausweis ja alles andere als selbstverständlich ist! Von meinem Platz aus hatte ich also beste Sicht auf die Waldemar-Klein-Tribüne und natürlich unseren Gästeblock, der bereits 30 Minuten vor Anpfiff für ordentlich Stimmung sorgte und auch die Tribüne mir gegenüber dazu brachte, zu einer überaus ansprechenden Atmosphäre beizutragen.

Die dann prompt mächtig getrübt wurde, als nämlich über die Stadionlautsprecher das eine oder andere Kickers-Lied in einer Lautstärke auf die Ohren ging, die man mit Sicherheit auch im Frankfurter Waldstadion noch gut hören konnte. Die Krönung war dann eine Coverversion von Robbie Williams‘ „Angels“, die von den Rängen (glaube ich jedenfalls, war ja kaum zu hören) mitgesungen wurde. Ganz schlimm. Wenige Minuten später ging es dann glücklicherweise los und sowohl Heim- als vor allem auch Gästefans verlegten sich wieder auf den handgemachten Support.

Beide Mannschaften gingen mit der gleichen Elf in die Begegnung wie schon im Hinspiel und den besseren Start erwischte Blau-Weiß: Einem schönen Fernschuss von Fuchs, der gesehen hatte, dass Endres zu weit vor seinem Kasten stand, folgte ein Freistoßknaller von Nico Hammann, in dessen Folge Marius Sowislo und Daniel Endres aneinander geraten. Kein Tor, aber erstmals Gift und Galle auf dem Rasen – Relegation eben. Die ersten 10 Minuten gehörten dem FCM, dann drehte jedoch der OFC auf, und wie: Innerhalb von nur 5 Minuten kreierten die Männer von Rico Schmitt gleich 4 Großchancen und eigentlich war es pures Glück, dass die Größten der Welt hier nicht schon in Rückstand geraten. Es folgte die mit Abstand stärkste Phase der Gastgeber, in der folgerichtig in der 24. Minute auch der Führungstreffer fällt. Mangafic wird auf der rechten Seite mit einem tollen Pass mustergültig freigespielt, schlägt noch einen Haken und kommt im Strafraum frei zum Schuss – keine Chance für Matthias Tischer im Tor.

Jetzt hatten wir ein Spiel, allerspätestens jetzt war auch das Stadion da und mir wurde das einzige Mal an diesem Tag gehörig mulmig. Puh. Jetzt nur nicht gleich noch das zweite kassieren, sondern ordentlich dagegen halten und vorne auf eine gute Gelegenheit hoffen. Die ergab sich nach einer Ecke in der 30. Minute: Silvio Bankert, inzwischen für den verletzten Christopher Handke gekommen, rutscht am Ball vorbei, der aber Marius Sowislo vor die Füße fällt. Dieser mit einer fantastischen Hereingabe auf den einlaufenden Felix Schiller, der technisch anspruchsvoll, aber auch mutterseelenallein zum Ausgleich einnetzen kann. Was für ein wichtiges Tor in was für einer wichtigen Phase! Und es kam noch besser: 34. Minute, langer Ball von Reimann auf den linken Flügel, dort steht Nico Hammann, der wiederum mit einer wohl temperierten Flanke in den Strafraum auf den mutmaßlich kleinsten Spieler auf dem Feld – und Lars Fuchs lässt es sich nicht nehmen, per Kopf (!) links ins Tor zu vollenden. Es war unglaublich: Zwei gute Möglichkeiten, zwei Tore – so spielt ein Aufsteiger!

Kurz darauf war Halbzeit, die Größten der Welt führten 2-1 in Offenbach und mussten nur noch 45 Minuten überstehen, um den großen Traum von Liga 3 wahr werden zu lassen. Normalerweise ist so ein Spielstand in so einer Paarung ja äußerst komfortabel, allerdings hat man ja in all den Jahren mit dem Club auch schon so einiges erlebt. Restzweifel blieben also, ob wir es dieses Mal auch wirklich schaffen würden. Restzweifel, die ein gewisser Nicolas Hebisch in der 53. Minute aber mal sowas von eiskalt über den Jordan schickt. Die Offenbacher Abwehr klärt einen Ball ohne Not direkt vor die Füße von Lars Fuchs, der sofort schaltet und den langen Pass auf den startenden Hebisch spielt. Und während die Kickers noch in der Vorwärtsbewegung sind, macht ausgerechnet der Mann mit der Nummer 18 ganz stark eine Schleife um den Aufstieg. Nimmt den Ball klasse mit – kommt noch ins Stolpern! – bleibt aber auf den Beinen und vollendet eiskalt in die rechte Ecke. Hier war der Deckel drauf – der 1. FC Magdeburg würde, wenn nicht noch ein ganz großes Unglück passieren würde, als Drittligaufsteiger aus dem letzten Pflichtspiel der Saison gehen.

Noch waren aber knapp 30 Minuten zu spielen, in denen ich erst einmal damit zu tun hatte, irgendwie mit der abfallenden Anspannung klar zu kommen und zu begreifen, was hier gerade passiert war. Irgendwann, es muss etwa die 65. Minute gewesen sein, stimmte der Gästeblock das erste Mal ein „Nie mehr 4. Liga!“ an und ich hatte Gänsehaut – konnte das wirklich wahr sein? Einige Minuten später dann ein „Der FCM ist wieder da!“ und ich hatte möglicherweise die eine oder andere Träne im Auge. In Minute 73 schließlich der obligatorische Magdeburger Größenwahn: „Die Nummer Eins der Welt sind wir!“

Was dann folgte, waren Szenen, die im Fußball nun wirklich gar kein Mensch braucht. Erst dachte ich noch „Krass, die Kickers-Fans nehmen jetzt schon ihre Fahnen ab!“, dann waren bei den paar Menschen im Innenraum auch schon die ersten Sturmhauben am Start und zack! war ein Tor offen und strömten Kickers-Anhänger von der Waldemar-Klein-Tribüne auf das Spielfeld. Ich will das hier gar nicht weiter kommentieren, die Bilder sprechen ja sicherlich für sich. Schade nur, dass mal wieder einige Idioten so ein Spiel als Bühne missbrauchen und ihrem Verein nachhaltig noch mehr weh tun, als es das Ergebnis ohnehin schon tat. Beeindruckt hat mich indes unser Gästeblock: Während sich auf dem Rasen ein paar Vollbrote zum Affen machten, schaute man erst ganz entspannt zu, was da wohl so vor sich geht, nur, um dann erstmal „Wir sind nur zum Feiern hier!“ anzustimmen. Großes, großes Tennis, Block U!

Irgendwann wurde wieder angepfiffen und noch ein wenig gekickt, die Luft war aber natürlich raus und auch während der Zwangspause schon gab es die eine oder andere Gratulation eines Kickers-Akteurs in Richtung unserer Spieler. Als dann der Pfiff ertönte, der den zweiten Sieg im zweiten Spiel der Relegation auch wirklich amtlich machte, hatte auch Jens Härtel längst sein Aufstiegs-Shirt übergestreift und gab es natürlich kein Halten mehr: Der FCM ist wieder da!

Und ich? Ich muss ganz ehrlich zugeben, dass ich es auch nach dem Schreiben dieser Zeilen noch kaum glauben kann. Statt Meuselwitz, Neustrelitz und Auerbach heißen die Gegner nächste Saison unter anderem Dresden, Rostock, Münster und Osnabrück. Wahnsinn. In welcher Form möglicherweise auch der Blog den Schritt in die 3. Liga macht, vermag ich im Moment noch gar nicht zu sagen; das wird eine der Fragen sein, auf die mit Sicherheit die nächsten Wochen eine Antwort geben. Alles, was ich weiß, ist, dass die nächste Spielzeit eine ganz, ganz großartige werden wird. Egal, was passiert. Ich freue mich drauf!

Und noch eine Sache weiß ich ganz sicher: NIE MEHR VIERTE LIGA!

Nun entschuldigt mich bitte. Ich muss ein Kaltgetränk entkorken.

2 Kommentare

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