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„Mal biste der Hund…“

8. Spieltag

FSV Zwickau – 1. FC Magdeburg, 8. Spieltag, 3:1 (2:1)

Glaubt man der Statistik, war eigentlich klar, dass die Siegesserie des 1. FC Magdeburg an einem Freitagabend reißen würde. An keinem anderen Wochentag holte der Club bisher im Schnitt in der 3. Liga weniger Punkte, an keinem Wochentag ist die durchschnittliche Tordifferenz schlechter. 3 Siege, 6 Unentschieden und 6 Niederlagen stehen bei Freitagsspielen nun zu Buche, 12 geschossenen 18 kassierte Tore gegenüber. Insofern wäre es vielleicht ganz gut, beim DFB mal darauf hinzuwirken, Freitagsspiele für den 1. FC Magdeburg in Zukunft einfach zu vermeiden. Wahr ist allerdings auch: Am 8. Spieltag 2017/2018 hat nicht die Statistik die Partie verloren, sondern schlicht und ergreifend eine hervorragend eingestellte und an jenem Abend abgezocktere Zwickauer Mannschaft das Spiel verdient gewonnen. Beim FCM ging wenig zusammen und auch wenn es genug Chancen gab, mindestens noch einen Punkt mitzunehmen, hat es jetzt nach 6 Siegen in Folge einfach mal nicht gereicht. Es gibt halt so Tage. 

Bei bester Flutlicht-Atmosphäre, einem pickepackevollen und hervorragend aufgelegten Gästeblock, dem auch der Spielverlauf stimmungsmäßig wenig anhaben konnte und einer Heimseite, die sich ebenfalls nicht lumpen ließ, hatte Jens Härtel mit seiner Anfangsformation die erste kleine Überraschung parat: Tobias Schwede war ganz zuhause geblieben, Christian Beck nahm zunächst auf der Bank Platz. So begannen vor Jan Glinker im Tor Nico Hammann, Richard Weil und Christopher Handke in der Dreierkette, davor Björn Rother und Marius Sowislo, Michel Niemeyer und Nils Butzen auf den Außenbahnen sowie Philip Türpitz (diesmal links), Julius Düker zentral und Felix Lohkemper rechts in der Offensivreihe.

Vom Gästeblock aus sah man mit dem Anpfiff zunächst eine irgendwie merkwürdige Blockfahne und eine kleine Pyroshow bei Red Kaos und Co. auf der gegenüberliegenden Seite sowie eine Heimmannschaft, die sofort in den Vorwärtsgang schaltete. Nach 2 Minuten bereits die erste (allerdings harmlose) Ecke für die Hausherren, fünf Minuten später der erste Abschluss nach einer feinen Einzelleistung von Mike Könnecke im Zwickauer Dress. Der FCM hatte in der 9. Minute seine erste von einigen guten Torgelegenheiten. Eine Ecke von rechts wird verlängert und findet Richard Weil relativ frei am langen Pfosten – seinen Kopfball kann Davy Frick allerdings auf der Linie klären.

Auffällig war nicht nur, aber auch in der Anfangsphase, dass der Club mit dem aggressiven Spiel des FSV Zwickau so seine Probleme zu haben schien, sich etliche Fehler im Aufbauspiel leistete, dann foulen musste und die Hausherren so häufiger mal in ganz gute Freistoßpositionen brachte. Die blieben zunächst glücklicherweise zwar ohne Ertrag, durften allerdings recht früh recht sorgenvoll stimmen – gerade gegen eine Mannschaft wie den FSV Zwickau ist es halt keine so gute Idee, ruhende Bälle in Strafraumnähe herzuschenken. Dass die eigenen Offensivbemühungen größtenteils Stückwerk blieben, belegt der Umstand, dass eine schöne Kombination mit Philip Türpitz auf der linken Seite nach 18 Minuten tatsächlich zur einzigen herausgespielten Magdeburger Torchance in Durchgang 1 führte: Türpitz‘ klugen Querpass auf die rechte Seite kann Nils Butzen zwar erlaufen, den Ball dann aber nur auf Johannes Brinkies im Zwickauer Tor schieben. Sehr schade – da war eigentlich mehr drin.

Unser rechter Mittelfeldspieler war es dann quasi auch, der – allerdings unter tatkräftiger Mithilfe des nicht immer souveränen Schiedsrichters Tobias Fritsch – ungewollt die zu dem Zeitpunkt sicher nicht unverdiente Zwickauer Führung einleitete. Bei einem Magdeburger Konter wird Butzen zentral kurz hinter der Mittellinie bei der Ballannahme sauber weggecheckt, Fritsch will allerdings kein Foul gesehen haben und lässt das Spiel weiterlaufen. Zwickau schaltet um und bekommt seinerseits für einen eher harmlosen Zweikampf einen Freistoß zugesprochen, den René Lange vor das Magdeburger Tor bringt. Dort hat die Verteidigung große Probleme, den Ball sauber zu klären – Davy Frick sagt „dankeschön“, kommt von hinten angerauscht und versenkt die Kugel zur viel umjubelten Zwickauer Führung.

Sehr ärgerlich, aber eben auch ein Treffer, der sich so ein bisschen angedeutet hatte. Und während die Heimmannschaft nun sportlich in Führung lag, kassierte man dafür auf den Rängen den verbalen Ausgleich. Mindestens. „FCM!“ hallte es laut und kompakt aus dem Gästeblock, was die Heimseite nach kurzer Zeit mit einem „Scheissverein!“ konterte. Mitten in dem so entstandenen Wechselgesang kurz aus dem „FCM!“ mal ein „FSV“ gemacht und zack! wurde dem Zwickauer Anhang vor Augen geführt, wie es nämlich eigentlich wirklich ist: „Scheissverein!“ kam es natürlich auch hier von der gegenüberliegenden Kurve zurück, die Lacher waren damit auf unserer Seite und weiter ging es mit dem durchgängig wirklich guten Support und der Konzentration auf das eigene Team. Herrlich.

Weniger herrlich dagegen der weitere sportliche Verlauf: Nach 34 Minuten hatte es zum zweiten Mal hinter Jan Glinker eingeschlagen; infolge einer Ecke von der rechten Seite war Zwickau aus dem Rückraum zum Schuss gekommen, das Tor wurde glücklicherweise aber nicht gegeben. Stattdessen kann – muss – es vier Minuten später eigentlich 1:1 stehen: Abermals ist es Richard Weil, der nach einem Eckstoß frei zum Schuss kommt, den Ball aber an den Innenpfosten setzt. Den Abpraller kann René Lange dann für seine Farben klären.

Tja, und dann steht es plötzlich 2:0. 42 Minuten sind gespielt, als Nils Miatke sich auf der linken Seite im Zweikampf mit Nils Butzen stark durchsetzen und in die Mitte flanken kann. Dort steht Ronny König, der den Ball völlig problemlos bogenlampenmäßig ins Tor köpft. Das war im Prinzip Beck-esque und von Nico Hammann, der König artig begleitet, den Ball lange sieht und dann beim Abschluss des Mittelstürmers nicht mal hochspringt, tatkräftig unterstützt. „FCM erwache!“ schallte es nun von den Rängen und immerhin kam man quasi mit dem Pausenpfiff noch zum Anschluss. Einen ruhenden Ball bringt ebenjener Hammann vor das Zwickauer Tor, wo Kapitän Sowislo den Keeper der Gastgeber artistisch überwinden kann.

Zu Beginn der zweiten Hälfte glich der Gästeblock dann erst mal auch nach Pyroshows aus. Zwischen handgemalten „1. FC Magdeburg“-Schals erleuchteten etliche Bengalos den Zwickauer Nachthimmel und wurde zusätzlich noch ordentlich Rauch gezündet. Dazu das alt bekannte „FCM, blau-weiß!“ und fertig war die Choreo:


Kann man mal so machen.

Auf dem Rasen derweil – leider – das bereits aus der ersten Halbzeit bekannte Bild. Zwickau weiter mit viel Einsatz und durch Mike Könneckes Fallrückzieher (53.) an den Pfosten fast mit dem Tor des Monats, der FCM mit größeren Schwierigkeiten im Spielaufbau, was aber eben auch an clever agierenden Zwickauer Defensivakteuren lag. Die Dreierkette hatte Jens Härtel inzwischen umgestellt; Christopher Handke agierte nun zentral vor allem gegen Ronny König, Richard Weil war dafür auf die rechte Seite gerutscht.

Ab der 57. Minute dann so eine kleine blau-weiße Drangphase, die allerdings durch das Zwickauer 3:1 nach 63 Minuten jäh beendet wurde. Nach einer Ecke trifft Antonitsch vor der Zwickauer Kurve aus dem Gewühl heraus und irgendwie wurde langsam deutlich, dass das heute hier wohl nichts werden würde mit einem Magdeburger Punktgewinn. Trotzdem versuchte der FCM jetzt noch einmal einiges, kamen z.B. Gerrit Müller und Christian Beck für Felix Lohkemper und Nico Hammann. Symptomatisch für diesen eher gebrauchten Spieltag aber eine Szene mit Philip Türpitz aus der 68. Minute. Unser derzeitiger Goalgetter vom Dienst bekommt den Ball links im Strafraum schön serviert, kann eigentlich aufziehen und abschließen, schießt sich stattdessen dann aber selbst ans rechte Bein und den Ball damit ins Toraus. Wie oben schon geschrieben: Es gibt halt so Tage…

Spielerisch glich der Versuch des gepflegten Passspiels inzwischen eher der Marke „Flipper-Automat“, woran auch die Hereinnahme von Andreas Ludwig wenig änderte. Wenigstens wäre es dank des offensiven Mittelfeldspielers sieben Minuten vor dem Ende fast noch einmal spannend geworden: seinen (verdeckten) Schuss kann Brinkies nicht festhalten, den Nachschuss setzt Christian Beck aus fünf Metern mit Schmackes an die Latte. „Solche Tage“ und so, Ihr wisst schon. Nach 77 Minuten hatte sich der Zwickauer Keeper übrigens das erste Mal (!) in Halbzeit 2 auszeichnen können, als er einen Abschlussversuch von Julius Düker aus 16 Metern stark zur Ecke abwehrte. In der 90. Minute kam auch sein Gegenüber noch einmal zu einem kleinen Poster-Moment: Mit einer Faustabwehr schickt Jan Glinker einen hohen Ball direkt vor die Füße von Bentley Baxter Bahn, dessen Abschluss Glinker noch einmal fliegen lässt. Kurz darauf war Feierabend und eskalierten die knapp 6.400 Zwickauer unter den 7.951 Stadionbesuchern freudig-hämisch ob des zweiten Sieges in Folge, und dann noch gegen den großen 1. FC Magdeburg. Es sei ihnen gegönnt – das Gefühl des Erfolges ist in Westsachsen ja ein eher seltenes.

Abschließend noch ein Wort an die ganzen Expert*innen im Stadion („Solche Pfeifen!“) und den sozialen Netzwerken („Wer aufsteigen will, muss so eine Serie auch mal länger halten können“), die jetzt womöglich gleich wieder den Abstiegskampf ausrufen und/oder alles in Frage stellen wollen: Wir haben ein Spiel verloren. Gegen einen sehr gut eingestellten Gegner. Das kann schon mal passieren und wird in dieser Saison mit einiger Sicherheit auch nicht das letzte Mal gewesen sein. Es ist nichts, ich wiederhole: nichts passiert. Mal biste halt der Hund, mal biste der Baum. Und die Größten der Welt, die sind und bleiben wir sowieso. In diesem Sinne: Am Dienstag alle ins Stadion! Auf dass der Club gegen den SC Paderborn die nächste Siegesserie startet.

Die Pressekonferenz zum Spiel (via YouTube)
Die kurze Zusammenfassung von 'Sport im Osten' (via YouTube)

3 Kommentare

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