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Geschichte vom Hadern

VfB Germania Halberstadt – 1. FC Magdeburg, 2. Spieltag, 4-2 (0-1)

Sommer – Urlaub – Auswärtsspiel. Allein diese drei Worte lassen an sich ja das Herz des geneigten Fußballfans höher schlagen, und so hatte auch ich eigentlich fest im Visier, meine Mannschaft am zweiten Spieltag der Regionalliga Nordost beim VfB Germania Halberstadt zu unterstützen. Kommt ja schließlich nur äußerst selten vor, dass sich der Besuch einer Auswärtspartie derart günstig anbietet. In eine Woche voller Vorfreude mischten sich dann aber irgendwann relativ manifeste Zweifel am Sinn dieses Vorhabens, und die hatten zunächst irgendwas mit Wetter, Gewitter und Unwetterwarnungen zu tun. 

Also checkte ich zum Ende der Woche hin in schöner Regelmäßigkeit die einschlägigen Wettervorhersageseiten, nur um dort zu erfahren, dass die Regenprognosen für Halberstadt je nach Anbieter zwischen 0 und 75% Regenwahrscheinlichkeit schwankten. Als Anhänger von Murphys Gesetz war mir damit schon mal klar, dass es, wenn ich denn in Richtung Halberstadt aufbrechen würde, den ganzen Tag furchtbar regnen, hageln und stürmen müsste. Blieb ich allerdings zuhause, würde die Partie beim kleinen Nachbarn aus dem Vorharz bei schönstem Fußballwetter und strahlendstem Sonnenschein vonstatten gehen. Eine klare Pattsituation. Nun, da der Samen der Zwietracht schon mal gesät war, kamen logistische Überlegungen hinzu: da ich noch keine Karte hatte und der Club in diesem Fall eine frühe Anreise empfahl, war die einzig sinnvolle Zugverbindung eine, die mich gegen kurz nach 11 am Stadion hätte aufschlagen lassen. Spielbeginn: 13:30 Uhr. Gästeblock: unüberdacht. Was bei zweifelsfrei eintretendem Unwetter (–> Murphys Gesetz) eine eher ungemütlich Angelegenheit werden würde.

Das entgegengesetzte Ende dieser Überlegungen bildete derweil die eigentlich die ganze Zeit latent vorhandene Vorfreude auf einen schönen Auswärtstripp, der mir eventuell auch die Gelegenheit geben würde, mal einen Eindruck von der Stadt Halberstadt zu erhalten. Außerdem, das muss ich an dieser Stelle zu meiner Schande gestehen, kannte ich das Halberstädter Friedensstadion bisher noch nicht – also auch aus Hopper-Perspektive eigentlich ein guter Grund für einen Sonntagsausflug. Und so kam es, wie es kommen musste – es wurde gehadert, abgewogen, überlegt und gegrübelt.

Den letztendlichen Ausschlag, nicht zu fahren, gab meine Erinnerung daran, dass ich als FCM-Auswärtsspiel-Besucher eine durch und durch katastrophale Bilanz aufzuweisen habe: aus den drei Spielen, die ich in der vergangenen Saison in fremden Stadien besuchte, holte die Mannschaft einen (!) geschlagenen Punkt; in den letzten vier (!) Jahren sah ich insgesamt genau einen (!) Auswärtssieg. So gesehen konnte ich es der Mannschaft eigentlich nicht antun, in der so wichtigen Phase des Saisonstarts gleich wieder für einen Dämpfer zu sorgen, indem ich in Halberstadt auftauchte und die Truppe dann dort maximal einen Punkt mitnimmt. Also entschied ich mich letzten Endes eben, das Spiel auf dem heimischen Balkon vor dem Ticker zu verfolgen. Außerdem (man ist ja ein netter Mensch) war den Auswärtsfahrer_innen auf diese Weise auch gutes Wetter ohne Regen garantiert ;-).

Zum Spiel selber gibt es dementsprechend nur recht wenig zu berichten, weil ich mich hier nur auf die Angaben im Ticker verlassen kann. In der Startelf gab es gegenüber dem Punktspielauftakt gegen Union II zwei Änderungen, Siefkes spielte von Beginn an für Kruschke, der verletztungsbedingt ausfiel und Felix Schiller musste seinen Platz in der Innenverteidigung an Christopher Handke abtreten – wohl noch eine Nachwehe aus dem Auftaktspiel und sicher auch ein Indiz dafür, dass man sich bei Jens Härtel tatsächlich keinen schwachen Auftritt erlauben kann. Oder anders gelesen: wohl dem, der jede Position (mindestens) doppelt besetzt hat…

Wahnsinnig beeindruckend las es sich indes nicht, was die Größten der Welt im Vorharz zeigten. In der ersten Halbzeit die eine oder andere Möglichkeit und schließlich das 1-0, das aber in Form eines Eigentores fiel. Ironie des Schicksals: der Unglücksrabe war Kevin Nennhuber, der in der vergangenen Saison noch für die Blau-Weißen die Töppen schnürte. Dann, nach einem offenbar recht guten Auftakt in die zweite Hälfte, war es vor allem die Germania, die sich Chancen erarbeitete. Zitat aus dem offiziellen Liveticker:

Sollte der FCM weiter so spielen, dürfte es schwer werden, über 90 Minuten mit einem 1:0 zu bestehen.

Tja. Und dann kam es, wie es beim Ersten Fußballclub Magdeburg in der Vergangenheit schon recht häufig kam: Doppelschlag Germania, Tore in der 66. und 67. Minute und zack! wurde aus einer 1-0-Führung ein 1-2-Rückstand. Zu allem Überfluss fehlte uns zu diesem Zeitpunkt bereits Lars Fuchs, der in der 64. Minute für Nicolas Hebisch Platz machte. Nichts gegen Hebisch, aber eine Auswechslung von Fuchs hat bei uns in aller Regel zur Folge, dass unser Offensivspiel sofort rapide an Überraschungsmomenten, Struktur und Qualität verliert und so die Aussicht, weitere Tore zu erzielen, deutlich geringer wird. Ob das letztlich auch in diesem Spiel so war, kann ich nicht beurteilen. Fakt ist aber, dass der Mannschaft nach dem Rückstand zunächst nicht allzu viel einfiel. Exemplarisch dafür wieder der Liveticker, diesmal aus der 77. (!) Minute:

Langsam scheinen sie aufzuwachen und zu merken, dass sie etwas tun müssen.

Und als man vor dem Bildschirm langsam wieder ein wenig Hoffnung schöpfte, machten die Halberstädter das, was wohl jede Mannschaft bei dem Spielstand getan hätte: sie konterten. Und zwar mit Erfolg: nach einem Tor von Pascal Eggert in der 83. Minute war der Drops an diesem Spieltag gelutscht. Der zwischenzeitliche Anschlusstreffer von Kapitän Sowislo war nur noch Ergebniskosmetik, die Halberstädter erzielten dann in der 90. Minute – nach einem erneuten Konter – noch den 4-2-Endstand.

4 Gegentore. Gegen Halberstadt.

Oder um  an dieser Stelle noch einmal den Liveticker zu zitieren:

Klar, es gab Chancen und bei einem 0:2 wären die Punkte wohl nach Magdeburg gegangen. Aber so darf das Spiel nicht enden. Nicht bei unseren Ansprüchen.

Wer sich so hingibt, hat eine Niederlage nicht anders verdient. Das waren eklatante Abwehrfehler des FCM. Das Mittelfeld ist noch ein Loch. 

Fazit: und täglich grüßt das Murmeltier… was in der vergangenen Saison schon auffiel, setzt sich scheinbar zunächst auch in dieser Spielzeit fort: es fällt dem Ersten Fußballclub Magdeburg nach wie vor schwer, auch auswärts ein Spiel zu beherrschen und eine Führung nach Hause zu bringen. Dazu lässt man sich offenbar schulbuchmäßig auskontern und hat nach wie vor (und im Endeffekt jetzt seit mehreren Jahren (!)) keine Idee, wie ein vernünftiges Mittelfeldspiel aussehen kann.

Mit dem Spiel in Halberstadt dürfte man nun wohl die Euphorie im Umfeld erstmal ein ganzes Stück gedämpft haben – und das ausgerechnet vor der Erstrundenpartie im DFB-Pokal gegen den FC Augsburg am kommenden Wochenende. Natürlich muss und darf man jetzt nicht gleich wieder alles in Frage stellen (was der geneigte Magdeburger Fußballfan aber ungeachtet dessen mit Sicherheit dennoch tun wird), trotzdem erscheint mit der Halberstadt-Partie aber auch die schwache erste Hälfte zum Auftakt gegen Union noch mal in einem ganz anderen Licht. Und: wer die Staffel gewinnen möchte, kann schlicht und ergreifend einfach nicht vier Tore beim VfB Germania Halberstadt kassieren. Auch nicht am 2. Spieltag.

Aber, wie so oft – man kann der Partie ja durchaus auch etwas positives abgewinnen: da mein Fernbleiben offenbar nicht wirklich etwas genutzt hat, kann ich demnächst dann wohl doch mal wieder bedenkenlos eine Auswärtspartie besuchen. Die Mannschaft ihrerseits hat nun außerdem die Gelegenheit, am Sonntag gegen Augsburg eine Reaktion zu zeigen in einem Spiel, in dem sie nur gewinnen kann und wirklich gar nichts zu verlieren hat. Und: es hat offenbar wirklich nicht geregnet.

Ein schwacher Trost.

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