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Fanwerdungsgeschichten

Vor kurzem erschien bei 120minuten ein längerer Text von mir, in dem es im Kern um die Frage ging, wo eigentlich der Unterschied zwischen so genannten ‚Deutschland-Fans‘, also Fans der deutschen Nationalmannschaft, und ’normalen‘ Vereinsanhängern liegt bzw. liegen könnte. Gestern nun, also am 11.09.2014, wurde auf Twitter unter dem Hashtag #120dtlfans über besagten Text und besagte Frage diskutiert. Irgendwann wurde dann auch der Aspekt der ‚Identifikationsarbeit‘ aufgeworfen, also mehr oder weniger (und ziemlich stark verkürzt) die Frage danach, was oder wer eigentlich dafür sorgt, dass man irgendwann vom möglicherweise interessierten Zuschauer zum Fan wird.

Im Nationalmannschaftskontext gibt es da ja dieses (Verzeihung) eher groteske Konstrukt des „Fan Clubs Nationalmannschaft powered by Coca Cola“ (!!), also die totale und ziemlich offensichtliche Vermarktung des Fanbegriffs und vielleicht auch den Versuch der Schaffung einer ‚Fankultur powered by Marketing und Bling-Bling‘. Endreas Müller führt das zu der Frage, ob nicht diese Entwicklung bei der Nationalmannschaft ein Vorbote auf das sein könnte, was uns in Zukunft auch auf Vereinsebene erwartet.

Die gut informierte Leserschaft wird jetzt natürlich sofort aufmerken, aufspringen und ausrufen: „Ist doch schon passiert! Da muss man doch bloß nach Leipzig gucken, wo mit allerlei Brimborium Profifußball und Fußballkultur erkauft wird und irgendwelche Konsumenten sich jetzt als „Fußballfans“ bezeichnen! Pfui!“. Wer mich ein bisschen kennt, wird wissen, dass ich diese Argumentation insbesondere hinsichtlich der Menschen, die in Leipzig regelmäßig zum Fußball gehen, doch arg schräg und auch recht unfair finde. Das verkennt nämlich den Umstand, dass das ‚Fan Werden‘ ja gemeinhin nichts ist, was man sich aktiv aussucht und dann ist das irgendwann so. So nach dem Motto: „Ich bin heute morgen aufgewacht und habe beschlossen: Du bist jetzt Fan von <hier beliebigen Vereinsnamen einfügen>.“ Oder: „Ich habe schon immer gern Red Bull getrunken, also renne ich jetzt da auch zum Fußball, ist doch klar!“ oder „Coca Cola finde ich geil und natürlich war es da für mich sonnenklar, dass ich jetzt immer „SCHLAAAND“ grölend durch die Straßen ziehen muss.“ (Wenngleich ich überhaupt nicht ausschließen möchte, dass es vielleicht auch solche Leute gibt.)

Fan wird man irgendwann und wenn man es einmal ist, lässt einen die eigene Mannschaft einfach nicht mehr los. Und dieses Phänomen bzw. diese Entwicklung kann ich tatsächlich, auch wenn mich das jetzt massiv LeserInnen kosten mag, auch Menschen zugestehen, die eben ihr Geld zu RB Leipzig tragen. Ich meine, hey, es gibt auch Menschen, die rennen freiwillig in Halle zum Fußball. Das muss man nicht gut finden, man muss es nicht mal verstehen, aber man kann es vielleicht auch einfach akzeptieren. Schließlich wusste schon Eric Cantona:

You can change your wifeyour politicsyour religionbut nevernever can you change your favourite football team.” 

FCM-Fans wissen, was ich meine.

Wie wird man denn nun aber zum Fan? Bei mir verlief die Infizierung mit dem blau-weißen Virus zum Beispiel eher schleichend, den einen, prägnanten Moment, in dem ich hätte sagen können: „BÄM! JETZT bin ich FCM-Fan“ hat es rückblickend nicht wirklich gegeben. Vielmehr war es so, dass ich als gebürtiger Magdeburger das Geschehen rund um die Größten der Welt schon immer irgendwie verfolgt habe und dann zu Schulzeiten eben regelmäßiger mal mit Freunden ins Stadion gegangen bin. Dann kam nach dem DFB-Pokalspiel 2000 gegen Köln der erste Schal (den ich damals von einer Bude im Stadionumfeld erstand, die zufällig (!) auf meinem Heimweg lag), der mich seitdem zu jedem Spiel begleitet. Tja und nun, 2014, bin ich Vereinsmitglied, habe seit Jahren eine Dauerkarte, betreibe diesen Blog hier und würde schon sagen, dass mein Fan-Dasein den Alltag doch deutlich merklich beeinflusst.

Folgte das nun alles einem von langer Hand ausgeklügelten, perfiden (Marketing-)Plan? Wohl eher nicht. Kann ich den ganzen Kram irgendwann einfach so fallen lassen, den Schalter umlegen und mich von jetzt auf gleich statt für die Größten der Welt für, sagen wir mal, den SV Leipzig Ost 1858 begeistern? Auf gar keinen Fall. Einmal – immer eben. Da ist schon was dran.

Wie war das bei Euch? Schreibt mir doch mal einen Kommentar, wie Ihr zum Fan geworden seid – ich freue mich auf Eure Geschichten!

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