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Derbysieger! – Reloaded

Hallescher FC – 1. FC Magdeburg, 22. Spieltag, 1-2 (1-1)

Es gibt Leute, die wechseln in der Winterpause, stellen sich vielleicht (insbesondere, wenn sie erst 20 Jahre alt sind) erst einmal hinten an und kommen dann irgendwann zu ihrem Debüt für das neue Team. Und dann gibt es noch Sebastian Ernst. Nicht nur, dass der junge Mann sofort gezeigt hat, dass er richtig gut kicken kann, er entschied gleich in seinem ersten Punktspiel für Blau-Weiß mal eben auch noch das Derby mit seinen beiden Toren zum 1-0 und 2-1. Wesentlich großartiger kann ein Einstand nicht verlaufen. Und was für Sebastian Ernst gilt, gilt für die gesamte Mannschaft gleichermaßen: Erstes Spiel, erster Sieg in 2016, dazu der zweite Auswärtserfolg hintereinander und dann noch beim Sparringspartner aus dem Süden, dem man sportlich wie fanszenentechnisch einmal mehr gezeigt hat, wo sein Platz ist. 

“Ist das noch Fußball oder kann das weg?” war allerdings zunächst der erste Gedanke, als der ICE aus Frankfurt in Halle (Saale) hielt, sich die Türen öffneten und man sich erst einmal deutlich mehr Polizeikräften als regulär am Gleis wartenden Fahrgästen gegenüber sah. Nach einem kleinen Robocop-Slalom die Treppe hinunter hätte man auch als normaler Reisender keine Chance auf den Hauptausgang gehabt, sondern wurde mitsamt der Heerschar an Einsatzkräften zum Seitenausgang hinausgespült, wo bereits eine gute Anzahl an Clubfans darauf wartete, per Fußmarsch zum Stadion geleitet zu werden. Irre. Und das alles für ein Fußballspiel.

Um das und vor dem Stadion dann eine ganz ähnlich Szenerie: Gesperrte Straßen, Unmengen an Polizeiwagen nahezu aller Größen und Formen, zwei Security-Checks, ein gründliches Abtasten und Menschen mit Hunden, die wohl nach Pyrotechnik suchten und an denen man schön eng vorbeilaufen musste, um endlich in Richtung Versorgungsstände und Block zu gelangen. Nochmal: Und das alles für ein Fußballspiel. Dann an den fein säuberlich aufgereihten Dixi-Klos (!) hinter dem Gästebereich im 2011 (!!) eröffneten “Erdgas-Sportpark” das erste Mal – gezwungenermaßen, weil in einer ordentlichen Schlange befindlich – die Möglichkeit zum Nachdenken: Was würde wohl passieren, wenn einfach gar keine Polizeikräfte bei so einem Spiel anwesend wären? Und ist es nicht möglicherweise so, dass dieses gefühlte Wettrüsten und diese ganze Hochsicherheitsspiel-Hysterie die vermeintlichen Gefahren, vor denen man als Fußballfan geschützt werden soll, ein gutes Stück weit mit erzeugt? Sicher(er) gefühlt habe ich mich jedenfalls nicht, sondern eher so gedacht: “Krasse Scheiße, die bereiten sich ja hier auf einen Krieg vor! Muss ja mächtig was drohen irgendwie…”. Man nenne mich naiv, aber so macht Fußball nur noch sehr eingeschränkt Spaß.

Glücklicherweise war ja aber Derby, und so blieb gar nicht allzu viel Zeit für trübe Gedanken, weil man sich schon beim Betreten des Blockes einer gut gefüllten Kurve erfreuen konnte, die sich über den Stehplatzblock in der Ecke und die gesamte Hintertortribüne am Läuferweg erstreckte. Und die ein paar Minuten vor Anpfiff erst einmal ein ordentliches “Kleiner HFC, mach’ Platz!” zum Besten gab. Hallo Halle!

Mit Spielbeginn dann eine ganz nette Choreographie in der “HFC-Fankurve” (ich finde es ja immer noch unheimlich lustig, dass die Jungs und Mädels in Block 19 das da echt dranschreiben müssen) und ab ging die Post im 70. Punktspiel zwischen den Größten der Welt und dem Gastgeber von der Saale. Coach Härtel brachte im 22. Ligaspiel die 22. Startformation und hatte eine Idee: Er ließ Jan Löhmannsröben, Niklas Brandt und Marius Sowislo zusammen auflaufen, wobei der Kapitän die Fuchs-Position hinter Christian Beck als einziger Spitze einnahm, während Löhmannsröben und Brandt dahinter das Zentrum dicht machen sollten. Rechts sahen wir Tarek Chahed von Beginn an, links gab der eingangs bereits erwähnte Sebastian Ernst sein Debüt für Blau-Weiß.

Und der zeigte gleich mal, dass es eine richtig gute Entscheidung war, ihn von der Leine an die Elbe zu lotsen. Es ist ja nicht nur die Tatsache, dass er bereits nach 5 Minuten das erste Tor erzielte – es ist vor allem die Art und Weise, wie er insgesamt auf dem Feld agierte, die mich mächtig beeindruckt hat. Da war viel Unaufgeregtheit, technische Finesse und Kaltschnäuzigkeit dabei, gepaart mit einer Selbstverständlichkeit in den Aktionen, die man von einem 20jährigen meiner Meinung nach so nicht unbedingt erwarten kann. Klar, es war erst das erste Spiel, aber wenn er so weitermacht, wird der junge Mann uns noch sehr, sehr viel Freude bereiten.

Nach 15 Minuten dann das erste Mal richtig Dampf im Spiel: Ein Foul vor der Auswechselbank der Gastgeber führt zu einer ordentliche Rudelbildung, in die sich auch die Ersatzspieler beider Mannschaften einbringen und in deren Folge es sowohl für Kleinheisemann im rot-weißen als auch Niklas Brandt im richtigen Dress die gelbe Karte gibt. In der Folge Blau-Weiß viel zu passiv, der HFC tatsächlich die bessere Mannschaft und in der 32. Minute dann als fast logische Konsequenz auch mit dem Ausgleich. Dass es nicht sogar noch mit einem Rückstand in die Kabine geht, hatten die Größten der Welt einmal mehr Jan Glinker zu verdanken, der einen weiteren Schuss vom insgesamt gefälligen Toni Lindenhahn kurz vor der Halbzeit hervorragend entschärfen konnte und auch sonst hielt, was es zu halten gab. Was ärgerlicherweise mehr war, als nötig – der Halbzeitpfiff fast schon so etwas wie eine kleine Erlösung, hatte der Club doch nach 15 Minuten weitestgehend wieder das Auswärtsgesicht aufgesetzt, das in so einigen Spielen der Hinrunde bessere Resultate kostete.

Der zweite Durchgang sah dann einen 1. FC Magdeburg, der mit ordentlich Dampf aus der Kabine kam, hinten gut stand und versuchte, auch nach vorne Akzente zu setzen. Dass diese vornehmlich so aussahen, dass ein langer Ball aus dem Halbfeld entweder rechts in Richtung Tarek Chahed oder mittig auf Christian Beck gespielt wurde, geschenkt; letzten Endes heiligt nun mal der Zweck (und das vorhandene Spielermaterial) die Mittel und spätestens nach Sebastian Ernsts zweitem Treffer war es der völlig eskalierenden Gästekurve absolut egal, wie der eigentlich zustande kam (ein großes “Dankeschön” an der Stelle übrigens an Fabian Bredlow im Tor der Gastgeber).

Der Rest der Partie wurde dann im Prinzip recht souverän heruntergespielt, was zum einen an solider Abwehrarbeit und zum anderen an zunehmend nervöser werdenden Gastgebern lag, die (glücklicherweise) die zündende Idee im Angriff vermissen ließen und so eben das Spiel zum zweiten Mal in dieser Saison als Derbyverlierer beendeten.

Und auf den Rängen? Nun, müsste man der Heimkurve ein Arbeitszeugnis schreiben, würde da vermutlich so etwas drinstehen wie “sie waren stets bemüht”. Der Wille war da, allein, es ist halt einfach der HFC… Tribüne am Läuferweg und Stehplatzkurve dagegen bestens aufgelegt und mit guter, wenn auch ausbaufähiger Mitmachquote sowie einem schönen, einheitlichen Bild bei Schalparaden, Hüpfeinlagen etc.. Spätestens, als man sich irgendwann im Spiel drüben im Heimbereich auch mal an so etwas probierte, ungefähr 100 Leute mitmachten, der Gästeblock daraufhin mit allen Anwesenden konterte und anschließend ein minutenlanges “Seht Ihr, Halle, so wird das gemacht!” ins Stadionrund donnerte, war klar: hier würde heute nur der 1. FC Magdeburg die Oberhand behalten. Oder um es aus der Perspektive der Gastgeber prägnant zusammenzufassen:

Alles in allem also ein erneut großartiger Derbysieg auf allen Ebenen, der vor allem aufgrund der zweiten Halbzeit wohl auch sportlich so in Ordnung geht. Bis zur magischen 43-Punkte-Grenze fehlen jetzt nur noch 8 Zähler, das Polster nach unten ist auf beruhigende 13 Punkte angewachsen. Lässt sich doch gut an, dieses 2016! Und gegen Bremen, da lassen wir es dann auch zuhause wieder ordentlich krachen. Warum? Weil wir es können.

Die Nummer Eins der Welt sind wir!

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