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Das kann doch einen Clubfan nicht erschüttern

1.FC Magdeburg – SV Werder Bremen II, 23. Spieltag, 1-1 (0-0)

Schwer verdauliche Kost, die einem vom 1. FC Magdeburg an diesem 23. Spieltag serviert wurde. Und damit ist nicht das Spiel als solches gemeint, sondern einzig und allein das Ergebnis, bei dem man sich schon die Frage stellen kann, wie zum Teufel man aus dieser Begegnung nur einen Punkt mitnehmen konnte. Oder andersrum: Die Bremer U23 entführt nach einer insgesamt sehenswerten Partie einen Zähler aus dem mit 15.873 Fans gut gefüllten Heinz-Krügel-Stadion und hat am Ende keine Ahnung, warum eigentlich. An Schiedsrichter Michael Weiner, der zugegebenermaßen schon deutlich souveränere Spielleitungen gezeigt haben dürfte, hat es jedenfalls nicht gelegen, und – bei allem Respekt – an übermäßig dominanten Gästen auch nicht. Vielmehr versäumte es der 1. FC Magdeburg, einen sehr, sehr ordentlichen Heimauftritt mit einem zweiten Tor frühzeitig rund zu machen und kassierte stattdessen erneut einen späten Gegentreffer zum mehr als ärgerlichen 1-1-Endstand. 

Die mangelhafte Chancenverwertung ist dann eigentlich auch fast das einzige, was die Mannschaft sich vorwerfen lassen muss – insbesondere in Hälfte 1 sah ein großer Teil der knapp 16.000 Zuschauer den Ball mehr als einmal schon hinter der Linie. Entweder zielte man aber zu ungenau (Handke) oder parierte der Bremer Schlussmann Oelschlägel überragend (Beck, Ernst). Ansonsten konnte sich das blau-weiße Spiel aber sehen lassen und ging es in der ersten Halbzeit häufig über Tarek Chaheds rechte Seite ziemlich gefällig gen Bremer Tor. Das änderte sich in Halbzeit 2 dahingehend, dass nun die von Sebastian Ernst verantwortete linke Angriffsseite mehr zum Zuge kam, was wiederum auf rechts den einen oder anderen Raum eröffnete, den dann der starke Nils Butzen erlaufen und so immer mal wieder für Gefahr im Bremer Strafraum sorgen konnte. Und wenn Christian Beck und Co. bei nur einem einzigen der Bälle, die da mitunter so durch die Abwehrreihen liefen, einfach mal die Fußspitze dranhält…

Besser als der diesmal ein wenig glücklos wirkende Beck machte es in der 47. Spielminute Tarek Chahed: Sowislo läuft mit Ball in Richtung Strafraum, wird von Sebastian Ernst hinterlaufen, der dann auch prompt das Spielgerät serviert bekommt und in die Mitte passt. Dort kann sich die Bremer Defensive nicht so recht entscheiden, was sie mit der Hereingabe eigentlich anfangen soll, sodass Chahed der Ball vor die Füße fällt und dieser nur noch einschieben muss. Riesenjubel natürlich auf der Nordtribüne und umzu, Riesenjubel aber auch bei Chahed und seinen Kollegen, hatte der 19jährige doch soeben seinen ersten Drittliga-Treffer erzielt. Und der fiel zu diesem Zeitpunkt auch absolut verdient, weil Blau-Weiß die Begegnung vollkommen im Griff hatte und sich nun endlich für einen guten Heimauftritt belohnen konnte – was für den Torschützen in gleichem Maße gilt.

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Die Bremer, immerhin begleitet von den “GW Griffins Sektion Zürich” und dem “Werder Fanclub Mitteldeutschland”, brauchten insgesamt 34 (!) Spielminuten, um erstmals gefährlich vor das Tor von Jan Glinker zu kommen und verzeichneten auch sonst so gut wie keinen ernst zu nehmenden Abschluss. Bis er ihnen in der 87. Minute auf dem Silbertablett serviert wurde: Der Ball kommt aus einiger Entfernung scharf in den Strafraum und findet den Arm von Steffen Puttkammer, der selbigen – so jedenfalls zuerst die Wahrnehmung von der Tribüne hinter dem anderen Tor – zum Schutz vor einem Einschlag im Gesichtsbereich hochreißt. Schiedsrichter Weiner pfeift sofort und zeigt auf den Punkt: Elfmeter. Nun kann man lange und trefflich darüber streiten, ob der Arm von Puttkammer in der Situation da oben irgendwas zu suchen hatte, ob die Handspiel-Regel nicht ohnehin ganz schnell wieder refomiert gehört und ob der Schiedsrichter von seinem Standpunkt auf dem Feld überhaupt korrekt erkennen konnte, ob es sich nun um eine natürliche oder unnatürliche Handbewegung handelte. Letzten Endes ist es egal und auch die Gäste von der Weser interessierten die Begleitumstände in diesem Moment sicher herzlich wenig. Kazior tritt an, Glinker hält den Ball, den Nachschuss versenkt Bremens Kapitän dann aber sicher zum 1-1, was schließlich auch der Endstand sein sollte.

Führungstorschütze Tarek Chahed, dem sein Tor im weiteren Spielverlauf sichtbar Auftrieb gegeben hatte, war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auf dem Feld, ebenso wenig wie Neuzugang Sebastian Ernst. Für letzteren spielte ab der 82. Minute Manuel Farrona-Pulido, Chahed wurde von Nicolas Hebisch ersetzt. Beide hatten kurz vor dem erwähnten Elfmeterpfiff dann auch die Chance, die Begegnung zugunsten der eigenen Farben zu entscheiden: In Spielminute 86 nämlich setzt sich Farrona-Pulido auf seiner linken Seite dribbelnderweis’ super durch und kann sich die Grundlinie entlang bis in den Strafraum spielen. Dort steht Nicolas Hebisch auf Höhe des Elfmeterpunktes und muss die Kugel nur noch aufgelegt bekommen, um sie dann hoffentlich erfolgreich im Tor der Gäste unterzubringen. Farrona-Pulido verpasst aber den Moment des Abspiels, läuft sich letzten Endes so ein bisschen fest und lässt die ziemlich gute Chance somit ungenutzt verstreichen.

Und Hebisch? Wird sicherlich auch nicht entgangen sein, dass sich einige Menschen im Publikum bei eigener Führung und einer bisher ziemlich überragenden Saison nicht zu schade sind, einen Spieler der eigenen Mannschaft bei dessen Einwechslung bereits auszupfeifen. Okay, Nicolas Hebisch hat das Toreschießen jetzt nicht unbedingt erfunden und ja, in der einen oder anderen Szene wirkte er im Spiel, wie auch in dieser Saison insgesamt, ausgesprochen unglücklich. Ob da aber Pfiffe des eigenen Publikums wirklich helfen, das sicherlich derzeit nicht gerade überbordend große Selbstvertrauen aufzubauen und bessere Leistungen zu zeigen, darf doch einigermaßen bezweifelt werden.

Was viele dieser Helden im Publikum außerdem offenbar vergessen haben: Ohne Nicolas Hebisch und seine Tore in der Relegation wären wir nicht in der 3. Liga. Und auch wenn man mit den bisher gezeigten Leistungen nicht einverstanden sein muss (ich bin es auch nicht), sind derartige Unmutsbekundungen eine Frechheit und helfen nun wirklich niemandem weiter. (An dieser Stelle empfehle ich übrigens ganz generell diesen sehr großartigen, wenn auch etwas älteren Text der Wortpiratin zum Thema ‘Pfiffe gegen die eigene Mannschaft’).

Was kann man also mitnehmen aus so einer Partie, in der man eigentlich keinen gravierenden Fehler macht und am Ende aber trotzdem mit nur einem Pünktchen dasteht? Zunächst erst einmal die Erkenntnis, dass die Jungs einen richtig ordentlichen Fußball spielen können und es – nimmt man die letzten Partien hinzu – sicher kein Zufall ist, die letzten sechs Begegnungen alle nicht verloren zu haben. Die Abwehr lässt insgesamt derzeit nur sehr wenig zu und wirkt auch in engen Spielen wie diesem eigentlich recht souverän – was aber eben nicht ausschließt, dass man dann auch mal einen eher unglücklichen Pfiff gegen sich bekommt. Interessant in diesem Zusammenhang auch die (vollkommen nachvollziehbare) Aussage des Trainers in der Pressekonferenz nach dem Spiel, dass er Nico Hammann gern ein paar Minuten hätte spielen lassen, es aber eigentlich gar keinen Grund gab, eine mit Michel Niemeyer auf links gut funktionierende Abwehrkette ohne Not auseinanderzureißen. Dem ist mal so gar nichts hinzuzufügen. (Wenngleich es natürlich interessant ist, dass Nils Butzen auf rechts offensichtlich nicht zur Disposition steht und dass der Trainer auf links im Moment wohl Niemeyer tatsächlich (noch) vor Hammann sieht. Aber das ist noch einmal Stoff für einen eigenen Text.)

Mitnehmen kann man außerdem die Vermutung, dass im nächsten Training wohl Standardsituationen und insbesondere Eckbälle ganz weit oben auf der Trainingsagenda stehen müssten. Was bei ruhenden Bälle in dieser Begegnung rumkam, war sehr, sehr überschaubar und darf für das kommende Spiel – zumal auswärts –  sehr gern verbessert werden. Schließlich aber auch die an dieser Stelle erstmals explizit geäußerte Überzeugung, dass wir mit dieser Mannschaft im Normalfall mit dem Abstieg nichts zu tun haben dürften. Und ein unglückliches Unentschieden gegen Bremens U23? Das kann doch einen Clubfan nicht erschüttern.

Nächster Halt: Chemnitz!

2 Kommentare

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